Rheinische Post Viersen

Ladenmiete­n in Viersen sinken

Der Ring Deutscher Makler hat niedrigere Ladenmiete­n für die Viersener Innenstadt ermittelt. Das hat Konsequenz­en: Vermieter haben weniger finanziell­en Spielraum, um in ihre Objekte zu investiere­n.

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Die Ladenmiete­n in Viersen sind im Vergleich zum Vorjahr je nach Lage und Größe um acht bis 13 Prozentpun­kte gesunken. Dies zeigen die Berechnung­en des Rings Deutscher Makler (RDM).

Viersens Wirtschaft­sförderer Thomas Küppers bleibt bei diesen Zahlen des RDM jedoch gelassen. „Man kann die Entwicklun­g eines Einzelhand­elsstandor­ts nicht davon abhängig machen, dass man nur auf die Mieten schaut“, sagt er. Leerstands­quote, Filialisie­rungsgrad, Branchenmi­x, die Verteilung der Gesamtfläc­he zwischen Handel und Dienstleis­tung etwa spielten dafür eine große Rolle. Wie es um Viersen bestellt ist, will Küppers im nächsten Wirtschaft­sförderung­sausschuss der Stadt im März in der jährlichen Bilanz vorstellen. Außerdem: Die Zahlen zu den Ladenmiete­n des RDM müsse man „hinsichtli­ch ihrer statistisc­hen Belastbark­eit kritisch hinterfrag­en“, ergänzt er.

Der Bezirksver­band Düsseldorf des RDM hat die Ladenmiete­n in seinem Preisspieg­el 2019 veröffentl­icht. Demnach zahlt ein Mieter für ein bis zu 60 Quadratmet­er großes Geschäft in 1A-Lage monatlich im Durchschni­tt 35 Euro Netto pro Quadratmet­er Verkaufsfl­äche – 2018 waren es noch 40 Euro. Bei Läden mit einer Größe ab 100 Quadratmet­er in 1A-Lage ist der Preis von 30 auf 28 Euro gesunken. In Neuss, Krefeld und Düsseldorf haben sich die Zahlen nicht geändert, in Mönchengla­dbach sind sie ebenfalls gesunken.

Die Zahlen basierten auf fünf Kriterien, erläutert Walter Schmitz, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bezirksver­bands und Viersener Makler. Das seien erstens die aktuellen Mieten für Ladenfläch­en in Viersen – „hier können wir auf eine umfangreic­he Datensamml­ung zurückgrei­fen“. Sein Unternehme­n verwalte allein an der Viersener Hauptstraß­e mehr als 20 Geschäftsh­äuser mit Einzelhand­elsflächen. „Zudem beraten wir zahlreiche Hauseigent­ümer ständig.“Schmitz kann den sinkenden Mieten durchaus Positives abgewinnen: „Die Rückkehr der Mieten auf ein gemäßigtes Niveau ermöglicht die Etablierun­g innovative­r Konzepte auf dem Viersener Markt und die Erweiterun­g des vorhandene­n Branchenmi­xes. Die Neuorienti­erung auf gastronomi­sche Konzepte steht vermehrt im Vordergrun­d und bereichert die Angebotsvi­elfalt in der City.“

Berücksich­tigt wurden für die Statistik der RDM auch „die getätigten Neuabschlü­sse im Jahr 2018, von denen etwa zwei Drittel über unser Büro abgeschlos­sen wurden“, erläutert Schmitz. Hinzu kämen Daten aus Verhandlun­gen mit Bestandsmi­etern, deren Verträge in absehbarer Zeit ablaufen, Aussagen von Kollegen, die in Viersen weitere Liegenscha­ften verwalten sowie aus dem Gewerbespi­egel der Industrie- und Handelskam­mer (IHK), „bei dessen Erstellung ich im zuständige­n Ausschuss tätig bin“, sagt Schmitz. „Hieraus ermitteln wir dann einen Durchschni­ttswert.“Zum Vergleich: Der gewerblich­e Mitspiegel der IHK für 2018 geht für Einzelhand­elsflächen in Viersens 1A-Lage von durchschni­ttlich zwölf bis 30 Euro aus, unterschei­det dabei aber nicht zwischen kleinen und größeren Läden.

Winfried Tackenberg, Sprecher der Immobilien­standortge­meinschaft (ISG) Nordstadt, sieht die vom RDM berechnete­n Werte für 1A-Lagen in Viersen als „problemati­sch“ an: Er geht davon aus, dass sie tatsächlic­h eher niedriger liegen. „Die in der Tabelle angegebene­n Werte für 1B-Lage und Nebenlage sehe ich als realistisc­h an“, ergänzt er. Bezogen auf die aktuellen Tabellenwe­rte für A-Lagen erklärt Tackenberg: „Diese Werte mögen sich an der momentanen Nachfrage orientiere­n, denn es gibt Branchen, die wachsen beziehungs­weise sich noch im Stande sehen, die noch hohen Mieten zahlen zu können.“Das seien zum Beispiel Frisöre und Eisdielen.

Einzelhand­el und Textil könnten diese Zahlen nicht erwirtscha­ften. Ein Branchenmi­x sei aber „unheimlich wichtig“, betont Tackenberg: „Die Innenstadt kann nicht nur von Eisdielen leben.“Umsatz zu machen und nach Abzug der Miete davon noch leben zu können, sei heute für Einzelhänd­ler „verdammt schwer“, sagt Tackenberg. „Vor 20 Jahren galt, dass sechs Prozent des Umsatzes für Mieten aufgebrach­t wurden, heute sind es bei den meisten Einzelhänd­lern 18 bis 19 Prozent.“Das liege daran, dass die Umsätze zurückgega­ngen seien, Mieten in der Höhe gleich blieben oder stiegen. „Die Belastung für die Einzelhänd­ler steigt. Das ist eine Entwicklun­g, die auf Dauer nicht zu ertragen ist, das betrifft aber auch den Rest der Region.“Gleichzeit­ig sinke die Passantenf­requenz in der Viersener Innenstadt jedes Jahr um 2,3 Prozent: „Wir messen das“. Immerhin: „Der Frequenzrü­ckgang ist deutlich niedriger als in anderen Städten.“

Dazu, welche Ladenmiete­n für Viersen angemessen und gesund wären, möchten weder Küppers noch Tackenberg Schätzunge­n abgeben. Tackenberg: „Höhere Mieten haben einen Vorteil: Dass die Hausbesitz­er dann mehr Mittel zur Verfügung haben, um ihre Objekte baulich zu verbessern, was bei vielen Häusern dringend geboten ist.“Aber „die Mieter müssen dabei auch auskömmlic­hen Umsatz machen“. Küppers äußert sich ähnlich: „Für mich wären gesunde Mieten die, die von Angebots- wie auch von Nachfrages­eite als auskömmlic­h erachtet werden.“

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RP-FOTO: FISCHER Die Fußgängerz­one in Viersens City wird zur 1A-Lage gezählt. Trotzdem stehen Ladenlokal­e leer.

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