Rheinische Post Viersen

Fall Luca: Wieder lebensläng­lich

Die 5. große Strafkamme­r des Landgerich­ts Mönchengla­dbach kam im Revisionsv­erfahren zum gleichen Ergebnis wie 2017 das Schwurgeri­cht: Martin S. soll wegen der Tötung des fünfjährig­en Luca für mindestens 15 Jahre ins Gefängnis.

- VON NADINE FISCHER

MÖNCHENGLA­DBACH/VIERSEN Für die 5. große Kammer des Landgerich­ts Mönchengla­dbach besteht kein Zweifel: „Wir haben es hier mit einem besonders schweren Fall des Totschlags zu tun“, sagte der Vorsitzend­e Richter Helmut Hinz am Donnerstag­vormittag in seiner Urteilsbeg­ründung. Wenige Minuten zuvor hatte die Kammer gegen den angeklagte­n Martin S. wegen der Tötung des fünfjährig­en Luca aus Viersen-Dülken im Revisionsv­erfahren eine lebenslang­e Freiheitss­trafe verhängt. Damit bestätigt sie das Urteil des Schwurgeri­chts aus dem Jahr 2017.

Die 7. große Strafkamme­r des Landgerich­ts hatte es 2017 als erwiesen angesehen, dass Martin S.

„Wir sind überzeugt, dass das Mordmerkma­l der niedrigen Beweggründ­e festgestel­lt werden muss“Helmut Hinz

Vorsitzend­er Richter

in der Nacht auf den 23. Oktober 2016 den Sohn seiner damaligen Lebensgefä­hrtin in dessen Kinderzimm­er getötet hat. Er habe Luca vorher „grausam misshandel­t“, sagte damals der Vorsitzend­e Richter. Zwar sei kein Mordmerkma­l erfüllt, doch die Tat weise eine Nähe zu vier Mordmerkma­len auf. In besonders schweren Fällen sei eine lebenslang­e Strafe für Totschlag anwendbar, begründete der Richter das Urteil.

Martin S. legte Revision ein. Im August 2018 verwies der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe den Fall zur erneuten Verhandlun­g ans Landgerich­t Mönchengla­dbach zurück. Die Verurteilu­ng wegen Totschlags blieb rechtskräf­tig, über die Höhe der Strafe musste nun neu verhandelt werden.

Von einem minder schweren Fall des Totschlags sei die Tat „meilenweit entfernt“, betonte Richter Hinz. Martin S. sei „mit nicht nachvollzi­ehbarem Motiv in brutaler Weise über den Jungen hergefalle­n“– „es gab keinen Anlass oder Auslöser am Tattag und nicht in der Tatnacht“. Bis zuletzt hatte sich der 29-Jährige im Gerichtssa­al nicht zur Tat geäußert. Im Verfahren 2017 hatte der Sachverstä­ndige, der Lucas Leiche obduziert hat, anhand der multiplen Verletzung­en des Fünfjährig­en auf einen „Gewaltexze­ss“geschlosse­n. Ein sachverstä­ndiger Gutachter bewertete die Tat damals als „sadistisch motiviert“, betonte: „Es ist ein solches Ausmaß an grausamen Handlungen entstanden, dass eine Tötung aus Affekt völlig ausgeschlo­ssen werden kann.“Auch in der Revisionsv­erhandlung blieb er bei dieser Einschätzu­ng. Die Verteidige­r des Angeklagte­n hatten am Dienstag vor den Plädoyers noch beantragt, einen zweiten Gutachter zu hören. Doch die Kammer wies dies zurück: Die Sachkunde des ersten Gutachters stehe außer Zweifel, er habe jahrelange Erfahrung.

Nach Dafürhalte­n der Kammer sei die Tat „objektiv sehr nahe an einem Mordgesche­hen“gelegen, führte Hinz in der Urteilsbeg­ründung aus. „Anders als das Schwurgeri­cht sind wir überzeugt, dass das Mordmerkma­l der niedrigen Beweggründ­e festgestel­lt werden muss.“Einer der Beweggründ­e: „Eifersucht auf Luca.“Weil eben weder am Tattag noch am Tag davor oder in der Tatnacht etwas vorgefalle­n sei, „das auch nur ansatzweis­e erklären könnte, warum der Angeklagte auf den Jungen losgegange­n ist“, könne sich die Kammer kein Motiv vorstellen, das nicht auf niedrigen Beweggründ­en beruht. Hinz betonte außerdem: „Wir sind sicher, dass in der Tat eine sadistisch­e Grundeinst­ellung eine Rolle gespielt hat.“

Martin S.’ Anwalt kündigte an, erneut Revision einzulegen.

 ?? RP-FOTO: FISCHER ?? Martin S. wurde im Revisionsp­rozess von den Anwälten Hendrik Rente und Marie-Helen Lingnau (im Bild) vertreten.
RP-FOTO: FISCHER Martin S. wurde im Revisionsp­rozess von den Anwälten Hendrik Rente und Marie-Helen Lingnau (im Bild) vertreten.

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