Bund will Ländern Flüchtlingsgeld kürzen
Finanzminister Scholz plant eine deutlich geringere Summe als bisher. Länder und Kommunen wehren sich.
BERLIN Länder und Kommunen laufen Sturm gegen Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), die Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingsausgaben zurückzufahren. Scholz will nach Informationen aus Regierungskreisen für jeden anerkannten Flüchtling 16.000 Euro für fünf Jahre an die Länder überweisen, wobei es im ersten Jahr 6000, im zweiten 4000 und danach 2000 Euro geben soll. Mit diesem Geld sollen den Angaben der Länder zufolge aber auch die Kosten für nicht anerkannte, also geduldete Geflüchtete abgedeckt werden. Bisher zahlte der Bund 4,7 Milliarden Euro an die Länder, künftig soll die Summe auf 1,3 Milliarden schrumpfen.
„Der Vorschlag des Bundesfinanzministers ist indiskutabel“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet unserer Redaktion. „Wer den Kommunen die Erstattung der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft streichen will, provoziert Steuererhöhungen in den Kommunen wegen der Flüchtlinge – und zündelt damit an dem Konflikt, den wir gerade mühsam befrieden konnten.“Scholz solle seine eigenen Worte ernst nehmen, dass Politik den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Blick behalten müsse. Laschet erklärte: „Wer in diesen Zeiten bei der Integration kürzt und hochverschuldete Kommunen mit sozialen Brennpunkte alleine lässt, hat jede Sensibilität für gesellschaftliche Prioritäten verloren.“
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) nannte die geplante Pauschale zu gering. Scholz versuche sich zulasten der Länder „davon zu stehlen“, sagte Bouffier unserer Redaktion. „Ich gehe davon aus, dass es hier noch zu erheblichen Diskussionen zwischen Ländern und Kommunen auf der einen Seite und dem Bund auf der anderen Seite kommen wird.“Auch die Kommunalverbände sind alarmiert. „Jetzt an den Mitteln zu sparen bedeutet, den Integrationserfolg zu gefährden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg.
Wegen der Massenmigration in den Jahren 2015 und 2016 hatte der Bund beschlossen, die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asylbewerber vollständig zu übernehmen. Ende 2019 läuft diese Regelung jedoch aus, sollte es jetzt keine neue Verabredung zwischen Bund und Ländern geben. Zudem würde es dann keine 670-Euro-Pauschale mehr für Ausländer im Asylverfahren geben und auch keine Integrationspauschale. Diese Leistungen will Finanzminister Scholz in der weniger bürokratischen, aber eben auch abgespeckten 16.000-Euro-Pauschale bündeln. „Die Kommunen erhalten derzeit allein als Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft rund 1,8 Milliarden Euro Bundesmittel, die sie auf jeden Fall weiter benötigen“, forderte Hamburgs Erster Bürgermeister, Peter Tschentscher (SPD).