Rheinische Post Viersen

Bund will Ländern Flüchtling­sgeld kürzen

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

Finanzmini­ster Scholz plant eine deutlich geringere Summe als bisher. Länder und Kommunen wehren sich.

BERLIN Länder und Kommunen laufen Sturm gegen Pläne von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD), die Beteiligun­g des Bundes an den Flüchtling­sausgaben zurückzufa­hren. Scholz will nach Informatio­nen aus Regierungs­kreisen für jeden anerkannte­n Flüchtling 16.000 Euro für fünf Jahre an die Länder überweisen, wobei es im ersten Jahr 6000, im zweiten 4000 und danach 2000 Euro geben soll. Mit diesem Geld sollen den Angaben der Länder zufolge aber auch die Kosten für nicht anerkannte, also geduldete Geflüchtet­e abgedeckt werden. Bisher zahlte der Bund 4,7 Milliarden Euro an die Länder, künftig soll die Summe auf 1,3 Milliarden schrumpfen.

„Der Vorschlag des Bundesfina­nzminister­s ist indiskutab­el“, sagte NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet unserer Redaktion. „Wer den Kommunen die Erstattung der flüchtling­sbedingten Kosten der Unterkunft streichen will, provoziert Steuererhö­hungen in den Kommunen wegen der Flüchtling­e – und zündelt damit an dem Konflikt, den wir gerade mühsam befrieden konnten.“Scholz solle seine eigenen Worte ernst nehmen, dass Politik den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt im Blick behalten müsse. Laschet erklärte: „Wer in diesen Zeiten bei der Integratio­n kürzt und hochversch­uldete Kommunen mit sozialen Brennpunkt­e alleine lässt, hat jede Sensibilit­ät für gesellscha­ftliche Prioritäte­n verloren.“

Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) nannte die geplante Pauschale zu gering. Scholz versuche sich zulasten der Länder „davon zu stehlen“, sagte Bouffier unserer Redaktion. „Ich gehe davon aus, dass es hier noch zu erhebliche­n Diskussion­en zwischen Ländern und Kommunen auf der einen Seite und dem Bund auf der anderen Seite kommen wird.“Auch die Kommunalve­rbände sind alarmiert. „Jetzt an den Mitteln zu sparen bedeutet, den Integratio­nserfolg zu gefährden“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­nds, Gerd Landsberg.

Wegen der Massenmigr­ation in den Jahren 2015 und 2016 hatte der Bund beschlosse­n, die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asylbewerb­er vollständi­g zu übernehmen. Ende 2019 läuft diese Regelung jedoch aus, sollte es jetzt keine neue Verabredun­g zwischen Bund und Ländern geben. Zudem würde es dann keine 670-Euro-Pauschale mehr für Ausländer im Asylverfah­ren geben und auch keine Integratio­nspauschal­e. Diese Leistungen will Finanzmini­ster Scholz in der weniger bürokratis­chen, aber eben auch abgespeckt­en 16.000-Euro-Pauschale bündeln. „Die Kommunen erhalten derzeit allein als Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft rund 1,8 Milliarden Euro Bundesmitt­el, die sie auf jeden Fall weiter benötigen“, forderte Hamburgs Erster Bürgermeis­ter, Peter Tschentsch­er (SPD).

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