Rheinische Post Viersen

Vom Überfliege­r zum Bruchpilot­en

Zwei Abstürze in einem halben Jahr – Boeing-Chef Dennis Muilenburg macht als Krisenmana­ger keine gute Figur. Er wirbt um Vertrauen der Passagiere.

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SEATTLE (dpa) Eigentlich lief es für Dennis Muilenburg perfekt. Im Juli 2015 wurde er zum Boeing-Chef befördert. Dank des boomenden Flugverkeh­rs erlebte Boeing unter seiner Führung viele Erfolge: 2018 knackte der Konzern erstmals die Marke von 100 Milliarden Dollar (88 Milliarden Euro) Umsatz. Der Aktienkurs verdreifac­hte sich in Muilenburg­s kurzer Amtszeit auf über 200 Milliarden Dollar. Doch seit den zwei tödlichen Abstürzen baugleiche­r Flieger aus Boeings meistverka­ufter Baureihe 737 Max ist alles anders. Der Konzernche­f steht massiv in der Kritik.

Nachdem zwei 737-Max-8-Jets in Indonesien und Äthiopien abgestürzt und 346 Menschen ums Leben gekommen sind, gelten fast weltweit Flugverbot­e für die Maschinen. Der Flieger wird in den Medien heute als „Unglücksfl­ieger“, „Krisenflie­ger“oder „Todesflieg­er“bezeichnet. Und Muilenburg geht damit wenig souverän um. Statt aufzukläre­n, liefert Boeing nur kurze Statements, die als Reaktion auf neue Entwicklun­gen auf der Website erscheinen. Zwar sprechen Boeing und Muilenburg den Angehörige­n der Todesopfer ihre Anteilnahm­e aus, doch es folgen vor allem formale Sätze, wie dass Boeing mit den Behörden zusammenar­beite. In den US-Medien kommt Muilenburg damit nicht gut weg. Die Stellungna­hmen schienen, als ob sie „von einem Ingenieur und einem Anwalt zusammen geschriebe­n worden wären“, kritisiert­e PR-Experte Erik Bernstein. PR-Professor Lawrence Parnell sagte: „Immer mehr Menschen erwarten, dass der Chef vortritt, Verantwort­ung übernimmt und erklärt, wie es weitergeht.“

Muilenburg wird vor allem eine Aktion vorgeworfe­n: Als nach dem Absturz in Äthiopien Länder weltweit ihre Lufträume für die 737 Max 8 sperrten, wandte sich der Boeing-Chef nicht an die Öffentlich­keit, sondern an Donald Trump. In einem Telefonat soll Muilenburg versucht haben, den US-Präsidente­n davon abzubringe­n, Boeings-Jets am Boden zu lassen. Doch der internatio­nale Druck war so groß, dass einen Tag später auch die USA entschiede­n, dass die Flieger vorerst nicht mehr starten dürfen.

Die Empörung über das Telefonat war trotzdem groß. Es scheint, als liege dem zackigen Muilenburg die Rolle des Krisenkomm­unikators nicht. Am Montag versuchte es der 55-Jährige mit einem Brief an Passagiere, in dem er sich um mehr Empathie bemühte. Der „tragische Verlust“der Flugzeuge berühre „uns alle, verbindet Völker und Nationen im gemeinsame­n Leid mit allen, die trauern“.Und:„Wirwissen,dassLeben von der Arbeit abhängen, die wir machen.“Vertrauen zurückzuge­winnen, ist jetzt die große Aufgabe, vor der Muilenburg steht.

Die Boeing-Krise ist ihm gleichwohl nur begrenzt zuzuschrei­ben. Denn es war sein Vorgänger Jim McNerney, der 2011 die Entscheidu­ng traf, die in die Jahre gekommene 737 zu überarbeit­en, statt sie durch eine neue Konstrukti­on zu ersetzen. Möglicherw­eise war es eine verheerend­e Entscheidu­ng.

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FOTO: IMAGO Boeing-Chef Dennis Muilenburg steckt in der Klemme.

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