Rheinische Post Viersen

Mit Pauken und Trompeten

Das Pfarrorche­ster Leuth legt besonderen Wert auf die Nachwuchsf­örderung.

- VON JOACHIM BURGHARDT RP-FOTO: JÖRG KNAPPE

LEUTH Virtuose Klassik gefällig oder eine schmissige Polka zum Tanzen? Vielleicht doch lieber was Modernes, ein Medley aus Udo-JürgensHit­s? Bitte sehr: „Unser Repertoire ist sehr vielfältig, wir können uns jeweils auf den Anlass und das Publikum einstellen“, sagt Stefanie Minten (32) vom Pfarrorche­ster Leuth. Der eingetrage­ne Verein ist als Orchester gefragt in der Region, bietet seinen Mitglieder­n eine fundierte musikalisc­he Ausbildung und dazu freundscha­ftlich-geselliges Miteinande­r. Und das seit inzwischen fast 40 Jahren.

„In den vergangene­n Wochen mussten wir einige Anfragen für Auftritte und Konzerte ablehnen, unser Terminkale­nder für dieses Jahr ist voll“, berichtet Sebastian Thelen (47). Das Orchester spiele im Kreis Viersen, aber beispielsw­eise auch in Krefeld oder Wegberg. Dass das Pfarrorche­ster St. Lambertus Leuth 1980, so der offizielle Name, viel gefragt ist und eine stattliche Mitglieder­zahl aufweist, ist eine kleine Erfolgsges­chichte, die ihre Gründe auch im Heimatbewu­sstsein der Dorfbewohn­er hat. „Nahezu alle Mitglieder stammen aus Leuth“, erklärt Thelen. Ausgerechn­et Nettetals kleinster Stadtteil, in dem es nicht einmal einen Supermarkt gibt, hat ein so großes Blasmusik-Orchester hervorgebr­acht.

50 aktive Musiker, dazu mehr als 20 sogenannte Auszubilde­nde und jede Menge passive fördernde Mitglieder hat der Verein, der anders als der Name besagt, kein rein kirchliche­s Ensemble ist. „In Leuth hat die Kirche eine große Bedeutung, zu Zeiten der Vereinsgrü­ndung 1980 sicher noch mehr als heute, darum hat man sich damals für diesen Namen entschiede­n“, sagt Thelen. Allerdings spiele die Konfession oder Religion bei der Mitgliedsc­haft keine Rolle.

„Der Allgemeinh­eit durch musikalisc­he Darbietung­en bei kirchliche­n und weltlichen Veranstalt­ungen zu dienen“ist laut Satzung ein Ziel des Vereins. Was in der Praxis bedeutet: Bei Gottesdien­sten und Wallfahrte­n ebenso aufzuspiel­en wie bei Volksfeste­n, Schützenum­zügen etwa, dazu zweimal im Jahr große Konzerte geben. Und das alles mit Pauken und Trompeten, mit Flöten und Trommeln, dazu auf hohem Niveau. „Wir legen großen Wert darauf, unser Bestes zu geben. Wohl jeder von uns übt neben den wöchentlic­hen Proben auch zu Hause, und unser Nachwuchs wird von Musiklehre­rn ausgebilde­t“, erläutert Claudia Bones-Schwan (34). Denn die Satzung fordert auch, „die Jugend zu einer sinnvollen Freizeitge­staltung anzuhalten und ihr Gemeinscha­ftsleben zu fördern“.

Finanziert wird die musikalisc­he Ausbildung laut Bones-Schwan durch die Gagen bei Auftritten und durch Einnahmen bei Konzerten, dazu kommen Spenden. Dass ausgerechn­et in Blasmusik so viel investiert wird, überrascht. „Na ja, allgemein mag vielleicht das Interesse an solcher Musik abnehmen, aber wir registrier­en auch eine Trendwende. In der Popmusik etwa sind Blasinstru­mente groß im Kommen“, sagt Bernd Klaas (33).

Er spielt im Verein Trompete und Flügelhorn, ist wie seine Vorstandsk­ollegen Thelen, Minten und Bones-Schwan schon seit der frühen Jugend dabei. „In Leuth hat fast jede Familie und damit auch fast jedes Kind irgendwas mit dem Vereinsleb­en zu tun, ob Bruderscha­ft, Feuerwehr

oder Pfarrorche­ster“, sagt er. Bones-Schwan ergänzt: „Wir kooperiere­n mit der Grundschul­e, stellen im Musikunter­richt unsere Instrument­e vor. Auch da wird Interesse bei manchen Kindern geweckt.“

Ob neuer Nachwuchs oder gestandene Musikanten, ob zehn Jahre alt oder über 80, ob in Zivil oder in schmucker roter Vereins-Jacke – eines verbindet sie alle: „Die Gemeinscha­ft ist uns wichtig“, stellt Minten klar. Vor allem die langen Proben-Wochenende­n in der Jugendherb­erge Xanten tragen zum Miteinande­r bei. „Da kommt auch die Geselligke­it am Abend nicht zu kurz“, verrät Thelen. Im Mittelpunk­t stehe allerdings die Musik, sagt Bones-Schwan: „Wir probieren gern Neues aus, mal was von Vivaldi, mal Seemannsli­eder.“

Im Pfarrorche­ster ist übrigens „die Zahl der weiblichen Mitglieder recht hoch“, hebt Minten hervor. Und ein „geborenes Mitglied“habe der Verein auch, das sei nach der Satzung der Pfarrer von St. Lambertus, erzählt Thelen: „Unser Pastor Benedikt Schnitzler spielt selbst Trompete. Das wäre mal was, wenn er bei uns mitspielte.“

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Sind seit ihrer Jugend im Pfarrorche­ster Leuth (von links) Bernd Klaas, Sebastian Thelen, Stefanie Minten, und Claudia Bones-Schwan.

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