Das Momentum auch daheim erzwingen
Borussia und ihre Heimspiele — das ist in dieser Saison eine seltsame Geschichte von himmelhoch jauchzend bis total betrübt. In der Hinrunde konnte kommen, was wollte, es wurde gewonnen. Es schien, als ginge es in der Rückrunde so weiter, als die Gladbacher Augsburg 2:0 schlugen. Es war der neunte Heimsieg am Stück, saisonübergreifend gar der zwölfte. Nummer 13 wäre ein Vereinsrekord gewesen. Doch ein Solo des Berliners Salomon Kalou ließ Borussias Heimstärke kollabieren: Seit diesem 1:0 für die Hertha, die 3:0 gewann, ist nichts mehr, wie es war.
Das 1:2 gegen RB Leipzig war die vierte Niederlage. Insgesamt sind
ein halbes Dutzend Spiele im Borussia-Park vergangen ohne einen Sieg, nur zwei Punkte gab es von 18 möglichen. Wo wären die Borussen, wenn sie nur einen Bruchteil der vorherigen Heimstärke hätten konservieren können? Ganz sicher müssten sie nicht um Europa bangen. Solle geschehen, was nicht wenige Fans in jedweder Tonlage in den sozialen Netzwerken vorhersagen, nämlich, dass es nichts wird mit dem internationalen Geschäft, dann hätten es die Gladbacher vor allem im eigenen Wohnzimmer verspielt.
Dass sich die Bilanz noch deutlich verbessert, ist aktuell schwer vorstellbar: Hoffenheim und Dortmund kommen noch. Die einen haben nach vier Siegen in Folge das Ziel Champions League ausgerufen, die anderen wollen Meister werden. Beide sind extrem selbstbewusst, gerade in der Fremde. Und Borussia hat einen Heimkomplex. Trotzdem ist die für die letzten beiden Spiele im eigenen Stadion dazu angetan, doch noch Hoffnung zu haben in der Europa-Geschichte. Gegen Bremen und Leipzig war es spielerisch ein Fortschritt, vor allem aber brachte Gladbach jenseits der unbefriedigenden Resultate durchaus die Leidenschaft auf den Rasen, die es braucht für den Erfolg.
Verkörpert wird das insbesondere durch Christoph Kramer und Denis Zakaria. Kramer war gegen Leipzig der laufstärkste Borusse und Ursprung des Anschlusstreffers mit seinem öffnenden Pass. Zakaria führte bei Timo Werners Solo vor, was mit Einsatzwillen möglich ist: Werner war fast schon weg beim Leipziger Konter, doch Zakaria verfolgte ihn, „klaute“ihm noch den Ball. Nicht alles war perfekt, was die beiden machten, aber die Art wie sie sich gegen Leipzig gegen die Niederlage stemmten, ist der einzige Weg zum Erfolg.
Auch Patrick Herrmann lehnte sich gegen Leipzig gegen das drohende Schicksal auf. Er war am Elfmeter beteiligt, der zum 0:1 führte, doch er ließ sich nicht beirren und war er in der Schlussphase an zwei Aktionen beteiligt, die fast das 2:2 gebracht hätten. Er flankte vor Alassane Pleas Kopfball und verpasste später selbst den Ausgleich, als er bei Kramers Flanke den Ball nicht richtig traf. Man darf vermuten: In der Hinrunde, als es noch gut lief daheim, wären das Tore geworden.
Was auch seltsam ist: Auswärts haben die Borussen es schon geschafft, das Momentum wieder für sich zu erzwingen, siehe Raffaels abgefälschtes Siegtor in Hannover. Das muss in der Fremde so bleiben und daheim wieder klappen. Sonst wird aus dem „mitten drin“im Europa-Geschäft tatsächlich noch ein „außen vor“.
war wie Herrmann ein Aktivposten und zeigte bei seinen Aktionen einige gute Ansätze. Die letzte Durchschlagskraft fehlte darin jedoch. Defensiv hatte er keine Probleme. Note 3Florian Neuhaus machte das schwächste Spiel seit der Umstellung auf die Zehner-Position, was auch Hecking nicht entgangen ist. Sekunden vor seiner Auswechslung bereitete er den Anschlusstreffer durch Plea vor. Note 4Raffael kam selten zum Zuge, wenn er den Ball hatte, passierte jedoch etwas. Insgesamt aber doch recht unauffällig und mit offensichtlichen Schnelligkeitsdefiziten gegen die flotten Leipziger. Note 4 Alassane Plea verpasste oft den richtigen Moment für den Sprint, stand daher häufig im Abseits. Beim 1:2 zeigte der Franzose dagegen seine Stürmer-Qualitäten. Nach 67 Minuten köpfte er auch beinahe den Ausgleich. Note 3 Jonas Hofmann, Oscar Wendt und Ibrahima Traoré brachten neuen Schwung, für den Ausgleich reichte es aber nicht. Keine Bewertung.