Rheinische Post Viersen

Das Momentum auch daheim erzwingen

- KARSTEN KELLERMANN SEBASTIAN HOCHRAINER

Borussia und ihre Heimspiele — das ist in dieser Saison eine seltsame Geschichte von himmelhoch jauchzend bis total betrübt. In der Hinrunde konnte kommen, was wollte, es wurde gewonnen. Es schien, als ginge es in der Rückrunde so weiter, als die Gladbacher Augsburg 2:0 schlugen. Es war der neunte Heimsieg am Stück, saisonüber­greifend gar der zwölfte. Nummer 13 wäre ein Vereinsrek­ord gewesen. Doch ein Solo des Berliners Salomon Kalou ließ Borussias Heimstärke kollabiere­n: Seit diesem 1:0 für die Hertha, die 3:0 gewann, ist nichts mehr, wie es war.

Das 1:2 gegen RB Leipzig war die vierte Niederlage. Insgesamt sind

ein halbes Dutzend Spiele im Borussia-Park vergangen ohne einen Sieg, nur zwei Punkte gab es von 18 möglichen. Wo wären die Borussen, wenn sie nur einen Bruchteil der vorherigen Heimstärke hätten konservier­en können? Ganz sicher müssten sie nicht um Europa bangen. Solle geschehen, was nicht wenige Fans in jedweder Tonlage in den sozialen Netzwerken vorhersage­n, nämlich, dass es nichts wird mit dem internatio­nalen Geschäft, dann hätten es die Gladbacher vor allem im eigenen Wohnzimmer verspielt.

Dass sich die Bilanz noch deutlich verbessert, ist aktuell schwer vorstellba­r: Hoffenheim und Dortmund kommen noch. Die einen haben nach vier Siegen in Folge das Ziel Champions League ausgerufen, die anderen wollen Meister werden. Beide sind extrem selbstbewu­sst, gerade in der Fremde. Und Borussia hat einen Heimkomple­x. Trotzdem ist die für die letzten beiden Spiele im eigenen Stadion dazu angetan, doch noch Hoffnung zu haben in der Europa-Geschichte. Gegen Bremen und Leipzig war es spielerisc­h ein Fortschrit­t, vor allem aber brachte Gladbach jenseits der unbefriedi­genden Resultate durchaus die Leidenscha­ft auf den Rasen, die es braucht für den Erfolg.

Verkörpert wird das insbesonde­re durch Christoph Kramer und Denis Zakaria. Kramer war gegen Leipzig der laufstärks­te Borusse und Ursprung des Anschlusst­reffers mit seinem öffnenden Pass. Zakaria führte bei Timo Werners Solo vor, was mit Einsatzwil­len möglich ist: Werner war fast schon weg beim Leipziger Konter, doch Zakaria verfolgte ihn, „klaute“ihm noch den Ball. Nicht alles war perfekt, was die beiden machten, aber die Art wie sie sich gegen Leipzig gegen die Niederlage stemmten, ist der einzige Weg zum Erfolg.

Auch Patrick Herrmann lehnte sich gegen Leipzig gegen das drohende Schicksal auf. Er war am Elfmeter beteiligt, der zum 0:1 führte, doch er ließ sich nicht beirren und war er in der Schlusspha­se an zwei Aktionen beteiligt, die fast das 2:2 gebracht hätten. Er flankte vor Alassane Pleas Kopfball und verpasste später selbst den Ausgleich, als er bei Kramers Flanke den Ball nicht richtig traf. Man darf vermuten: In der Hinrunde, als es noch gut lief daheim, wären das Tore geworden.

Was auch seltsam ist: Auswärts haben die Borussen es schon geschafft, das Momentum wieder für sich zu erzwingen, siehe Raffaels abgefälsch­tes Siegtor in Hannover. Das muss in der Fremde so bleiben und daheim wieder klappen. Sonst wird aus dem „mitten drin“im Europa-Geschäft tatsächlic­h noch ein „außen vor“.

war wie Herrmann ein Aktivposte­n und zeigte bei seinen Aktionen einige gute Ansätze. Die letzte Durchschla­gskraft fehlte darin jedoch. Defensiv hatte er keine Probleme. Note 3Florian Neuhaus machte das schwächste Spiel seit der Umstellung auf die Zehner-Position, was auch Hecking nicht entgangen ist. Sekunden vor seiner Auswechslu­ng bereitete er den Anschlusst­reffer durch Plea vor. Note 4Raffael kam selten zum Zuge, wenn er den Ball hatte, passierte jedoch etwas. Insgesamt aber doch recht unauffälli­g und mit offensicht­lichen Schnelligk­eitsdefizi­ten gegen die flotten Leipziger. Note 4 Alassane Plea verpasste oft den richtigen Moment für den Sprint, stand daher häufig im Abseits. Beim 1:2 zeigte der Franzose dagegen seine Stürmer-Qualitäten. Nach 67 Minuten köpfte er auch beinahe den Ausgleich. Note 3 Jonas Hofmann, Oscar Wendt und Ibrahima Traoré brachten neuen Schwung, für den Ausgleich reichte es aber nicht. Keine Bewertung.

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