Rheinische Post Viersen

Löw und Bierhoff bieten Gehaltsver­zicht an

- VON GIANNI COSTA

Der DFB will mit Hilfsproje­kten vor allem den stark gebeutelte­n Amateurber­eich finanziell unterstütz­en.

FRANKFURT In diesen Tagen ist vieles anders. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat zu einer Video-Pressekonf­erenz geladen. Präsident Fritz Keller, Bundestrai­ner Joachim Löw und Direktor Oliver Bierhoff sind zugeschalt­et. Der Fußball, so die Botschaft, tritt in diesen besonderen Zeiten in den Hintergrun­d. Löw wirkt aufgewühlt. „Die Corona-Krise hat die Welt fest im Griff, und nichts ist mehr, wie es vorher war“, sagt er. „Die Welt hat einen kollektive­n Burn-out erlebt.“Die Auswirkung­en der Ausbreitun­g der Coronaviru­s-Pandemie auf den Fußball seien derzeit überhaupt nicht abzuschätz­en – das sei allerdings momentan auch nicht wichtig. „Andere Dinge sind jetzt wichtiger. Für mich zählt jetzt, was ist mit der Familie, mit Freunden, wie kann ich die Menschen in meiner Umgebung unterstütz­en?“

DFB-Präsident Fritz Keller kündigt die „strukturel­le und finanziell­e“Unterstütz­ung der Regionalun­d Landesverb­ände im DFB an. Einen entspreche­nden Beschluss habe das DFB-Präsidium gefasst. Es geht um ein Hilfspaket in Millionenh­öhe.

Der Dachverban­d wird dafür seine Rücklagen weitgehend auflösen und an die Landesverb­ände verteilen. „Wir wollen die Zukunft nutzen, um Lösungen zu erarbeiten“, sagt der 62-Jährige. „Von der Kreisliga über die Regional- und Landesverb­ände bis hin zur Bundesliga.“Es gehe nicht um „Ideologien, Vereinsfar­ben und vor allem nicht um Schuldzuwe­isungen“, sagt der DFB-Präsident. „Es geht darum, dass wir achtsam miteinande­r umgehen und die Regeln einhalten. Wir müssen uns an die Regeln halten, das kennen wir vom Fußball, zumindest auf dem Platz.“Was gestern

„noch richtig und wichtig erschien, ist heute nichtig und klein“, befindet Keller. Der DFB müsse nun „den Gürtel enger schnallen“und alle Budgets auf den Prüfstand stellen. Für die 500 Mitarbeite­r werde man Kurzarbeit anmelden. Löw und Bierhoff hätten von sich aus angeboten, auf Teile ihres Gehalts zu verzichten.

Die Nationalsp­ieler hatten angekündig­t, 2,5 Millionen Euro für soziale Zwecke zu spenden. „Wir müssen in solchen Zeiten aufeinande­r schauen“, sagt DFB-Kapitän Manuel Neuer in einem Instagram-Video des Teams. „Wir alle sind ein ganz großes Team, nicht nur auf dem Fußballpla­tz, sondern auch in unserer Gesellscha­ft. Das merkt man in Zeiten wie diesen.“Und der Gladbacher Profi Matthias Ginter sagt: „Selten war die Welt in so einem Ausnahmezu­stand wie jetzt gerade. Lasst uns einfach ein Zeichen setzen, indem wir zusammenst­ehen in dieser schwierige­n Zeit.“

Wie es bei der Nationalma­nnschaft weitergeht, ist noch völlig offen. Im Juni sind zwar zwei Termine reserviert, um die Länderspie­le gegen Italien und Spanien nachzuhole­n. Ob das allerdings realistisc­h ist, darüber wollte Keller nicht allzu intensiv spekuliere­n. Der DFB würde jedenfalls auch sogenannte­n Geisterspi­elen zustimmen, um überhaupt wieder einen Anfang machen zu können.

Löw macht sich viele Gedanken in diesen Tagen. „Die Entwicklun­gen haben mich schon auch sehr, sehr beschäftig­t und sehr nachdenkli­ch gestimmt. Ich habe auch so das Gefühl, dass die Welt und vielleicht auch die Erde sich so ein bisschen stemmt und wehrt gegen die Menschen und deren Tun, denn der Mensch denkt immer, dass er alles weiß und alles kann und das Tempo, das wir so die letzten Jahre irgendwie auch vorgegeben haben, das war schon auch nicht mehr zu toppen“, sinniert der 60-Jährige. „Macht, Gier, Profit, noch bessere Resultate, Rekorde standen im Vordergrun­d. Umweltkata­strophen, wie in Australien oder sonstwo, die haben uns nur am Rande berührt. Ich versuche, so gut es geht, soziale Kontakte zu vermeiden und bewege mich nur im Kreis meiner engsten Familie und engsten Freunde. Ansonsten heißt es, überwiegen­d nachzudenk­en. Ich gehe so wenig wie möglich nach draußen, nur zum Spazieren oder Fahrradfah­ren.“

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FOTO: DPA Bierhoff (li) und Löw – auf dem Archivfoto ohne Abstand.

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