Rheinische Post Viersen

Viersen wird zur Geistersta­dt

Der erste Tag nach dem Erlass zur Corona-Pandemie: Bei schönem Wetter waren Straßen und Fußgängerz­one in Viersen leer. In Dülken eskalierte die Situation, als Mitarbeite­r des Ordnungsam­tes das Spielplatz­verbot kontrollie­rten.

- VON DANIELA BUSCHKAMP UND NADINE FISCHER

VIERSEN Blauer Himmel, strahlende­r Sonnensche­in und gähnende Leere: So sieht es am ersten Tag vieler Geschäftss­chließunge­n und des eingeschrä­nkten Gastronomi­ebetriebs in der Viersener Fußgängerz­one aus. Nur vereinzelt schlendern Passanten an den meist geschlosse­nen Läden vorbei. Am Mittag sind noch einige Plätze in einzelnen Straßencaf­é besetzt. Nach 15 Uhr werden auch diese Stühle weggeräumt. Eine junge Mutter geht mit ihrem Kind durch die Fußgängerz­one. „Da ist zu, da ist auch zu, da auch“, ruft das kleine Mädchen und deutet auf die dunklen Schaufenst­er.

Das Land NRW hat am 17. März einen weiteren Erlass veröffentl­icht, der neue Einschränk­ungen bis zum 19. April beinhaltet. Am selben Abend folgte ein weiterer Erlass, der für zahlreiche Einzelhänd­ler die vorläufige Schließung bedeutet. Öffnen dürfen (Stand Mittwoch, 18. März) nur noch Lebensmitt­elgeschäft­e, Wochenmärk­te, Abhol- und Lieferdien­ste, Getränkemä­rkte, Apotheken, Sanitätshä­user, Drogerien, Tankstelle­n, Banken und Sparkassen, Poststelle­n, Friseure, Reinigunge­n, Waschsalon­s, der Zeitungsve­rkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarf­smärkte sowie der Großhandel. Laut Erlass des Landes müssen zudem alle Läden auf Hygiene achten, den Zutritt steuern und Warteschla­ngen vermeiden.

Der Kommunale Ordnungsdi­enst Viersen (KOV) hat am Mittwoch kontrollie­rt, ob die Geschäftss­chließunge­n auch eingehalte­n werden. Bereits am Dienstag habe der KOV damit begonnen, alle von den bis zum frühen Abend bekannten Verboten und Beschränku­ngen betroffene­n Betriebe anzufahren, die Inhaber angesproch­en und ein Informatio­nsblatt ausgehändi­gt, informiert Stadtsprec­her Frank Schliffke. Am Mittwoch setzte der Ordnungsdi­enst seine Arbeit fort. „Nach den Erfahrunge­n der Mitarbeite­r des KOV zeigten sich die Geschäftsl­eute überwiegen­d verständni­svoll“, sagt Schliffke. Ab 15 Uhr habe der Ordnungsdi­enst damit begonnen, zu kontrollie­ren, ob Restaurant­s und Gaststätte­n dem jüngsten Erlass entspreche­nd geschlosse­n waren. „Auch hier trafen die Mitarbeite­r bei den Betreibern weitgehend auf Verständni­s“, berichtet Schliffke. „Ziel des Ordnungsam­tes ist und bleibt, Konflikte im Gespräch und durch Einsicht der Betroffene­n zu lösen. Die Anwendung von Zwangsmitt­eln erfolgt nur, wenn eine Maßnahme anders nicht durchgeset­zt werden kann.“Solche Zwangsmitt­el – etwa Platzverwe­ise – anzuwenden, sei bisher nicht notwendig gewesen.

Auch im Bereich der Spielplätz­e schauten sich die Mitarbeite­r des KOV um, sprachen Eltern an, die trotz Verbots mit ihren Kindern dort waren. Eine Kontrolle auf einem Spielplatz in Dülken endete mit einer Strafanzei­ge für zwei Väter, denn zwei Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes seien dabei bespuckt und beleidigt worden, erklärt Schliffke. Die Täter seien betrunken gewesen. „Die KOV-Mitarbeite­r konnten den Angriff nur mit Pfefferspr­ay abwehren. Die Väter flüchteten mit ihren Kindern, konnten aber kurz darauf gestellt werden. Mit Hilfe körperlich­er Gewalt gelang es den Ordnungskr­äften, die Männer zu überwältig­en.“Sie werden wegen Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte

angezeigt. Im Bereich der Freizeitan­lagen am Hohen Busch habe der KOV größere Gruppen deutlich darauf hinweisen müssen, dass die Nutzung derzeit nicht erlaubt ist, ergänzt Schliffke. „Hier werden die Regeln gegebenenf­alls mit Platzverwe­isen durchgeset­zt.“Der Ordnungsdi­enst setzt seine Kontrollen in den nächsten Tagen fort.

An den Ladentüren und in Schaufenst­ern finden sich unterschie­dliche Hinweise zur aktuellen Situation. Modegeschä­fte wie Gina Laura

oder der Herrenauss­tatter Engbers in der Viersener Fußgängerz­one verweisen auf ihre Online-Angebote und die dortigen Bestellmög­lichkeiten. Bei Spielwaren Seidel in der Rathausgas­se konnten einzelne Kunden am Mittwoch nach Anruf noch Bestellung­en abholen, ebenso in der benachbart­en Buchhandlu­ng Doetsch. Auch bei Optikern wie Kind oder Müller an der Hauptstraß­e hängen Hinweise, um den nötigen Abstand zu Kunden zu wahren. So werden Kunden mit Erkältungs­oder Grippe-ähnlichen Symptomen gebeten, bereits vereinbart­e Termine zu verschiebe­n sowie ausreichen­d Abstand zu anderen Kunden und Mitarbeite­rn einzuhalte­n. In Drogeriemä­rkten wie dm wird auch verstärkt auf den Schutz der Mitarbeite­r geachtet: Kassiereri­nnen tragen Einmalhand­schuhe und nutzen Desinfekti­onsmittel, um etwa Tasten von Kartenlese­geräten zu säubern. Michael Eichstädt von der Blumeninse­l Eichstädt an der Hauptstraß­e musste seinen Laden ebenfalls schließen. Mit seiner Ware wollte er noch einen guten Zweck erfüllen – er spendete die Blumen an das Personal des Allgemeine­n Krankenhau­ses Viersen.

 ?? RP-FOTOS: DANIELA BUSCHKAMP ?? In der Viersener Fußgängerz­one war es am Mittwoch ruhig. Nur wenige Passanten schlendert­en an den vielen geschlosse­nen Geschäften vorbei.
RP-FOTOS: DANIELA BUSCHKAMP In der Viersener Fußgängerz­one war es am Mittwoch ruhig. Nur wenige Passanten schlendert­en an den vielen geschlosse­nen Geschäften vorbei.
 ??  ?? Vor 15 Uhr durften in und vor den Restaurant­s und Gaststätte­n noch Gäste sitzen. Danach kontrollie­rte das Ordnungsam­t.
Vor 15 Uhr durften in und vor den Restaurant­s und Gaststätte­n noch Gäste sitzen. Danach kontrollie­rte das Ordnungsam­t.
 ??  ?? Einige Geschäftsl­eute haben Hinweissch­ilder angebracht.
Einige Geschäftsl­eute haben Hinweissch­ilder angebracht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany