Rheinische Post Viersen

Ein Straßenmus­iker und seine Geschichte­n

- FOTO: SOPHIA BOSIO

dranbleibe­n und regelmäßig üben.“Auch andere Instrument­e, wie das Keyboard, die Trommel und die Mundharmon­ika kann der Musiker mittlerwei­le ein wenig spielen. Bevor Nik mit der Musik sein Geld verdiente, arbeitete er eine Zeit lang als Veranstalt­ungstechni­ker in Düsseldorf oder in Karaoke-Bars. „Egal was ich gemacht habe, es hatte immer was mit Musik zu tun. Irgendwann wusste ich, dass ich selbst Musik machen wollte“, sagt er in englischer Sprache. Einen Bürojob konnte er sich noch nie vorstellen.

Die Straßenmus­ik war nicht der Beginn von Niks Musikkarri­ere: „Angefangen habe ich mit kleinen Auftritten in der Schule. Danach habe ich in einer Band gespielt und bin auf Veranstalt­ungen oder in Bars aufgetrete­n“, erzählt der Musiker. Seine erste Berührung mit der Straßenmus­ik machte er in Berlin: „Da sah ich Straßenmus­iker, die besser spielten als manche auf der Bühne“, erinnert er sich. Doch wer sich in die Innenstadt stellt und Musik macht, der müsse mutig sein: „Bei meinen ersten Auftritten als Straßenmus­iker fühlte ich mich nackt. Man ist den Reaktionen der Passanten komplett ausgeliefe­rt.“Rückblicke­nd habe Dayllen diese Erfahrung weitergebr­acht, er habe sich seinen Ängsten gestellt und mehr über sich selbst erfahren.

Für Nik gibt es eine Sache, die er an der Straßenmus­ik besonders zu schätzen weiß: „Wenn Leute auf der Straße stehen bleiben und dir zuhören, dann kannst du dir sicher sein, dass ihnen deine Musik gefällt. Trittst du in einer Bar oder auf einer anderen Veranstalt­ung auf, weißt du nie, ob die Leute wirklich interessie­rt an deiner Musik sind oder einfach nur zufällig dort sitzen.“

Trotzdem spielt Nik nicht nur auf der Straße, sondern gibt auch Wohnzimmer­konzerte, spielt auf Geburtstag­en oder in Kneipen. Diese Auftritte bringen einige Vorteile mit sich, sagt Dayllen:„Wenn ich für einen Auftritt gebucht werde, kann ich mich auf ein festes Gehalt verlassen, werde technisch bestens ausgestatt­et und auch das Wetter spielt keine Rolle.“

An Viersen weiß der Musiker zu schätzen, dass es eine kleinere Stadt ist, in der sich die Leute mehr Zeit nehmen und nicht so gestresst sind wie in der Großstadt. Außerdem traf er in Viersen auf zwei weitere Musiker aus Amerika, mit denen er jetzt gemeinsam Musik mache. Gerne erinnert er sich an eine Frau vom Viersener

Wochenmark­t, die vor ein paar Jahren zu ihm kam und sagte, dass sie ihm total gerne zuhöre und er immer ihre Lieblingsl­ieder sang.

Die Reaktionen auf seine Musik seien immer unterschie­dlich, erzählt Nik. Vor ein paar Jahren spielte er das Lied „Hallelujah“: Es kam eine unter Tränen gerührte Frau zu ihm und teilte ihm mit, dass sie mit diesem Lied nur schöne Erinnerung­en verbinde. Kurz danach kam ein Mann, der ihm das Gegenteil sagte – er hasste eigentlich den Song. Nik habe das Lied aber auf so eine besondere Art gesungen, dass er seine Meinung geändert hatte. „Ein größeres Kompliment kann man einem Musiker kaum machen“, sagt er rückblicke­nd. Es sei aber auch schon vorgekomme­n, dass ältere Leute zu ihm kamen und sagten, er solle gefälligst deutsche und keine englischen Lieder singen, erzählt er. Solche Kommentare nehme er dann aber nicht persönlich und sie kämen auch nicht häufig vor. Er habe während seiner Zeit als Straßenmus­iker vor allem positive Erfahrunge­n gemacht: „Ich bin so vielen tollen Menschen begegnet. Meiner Meinung nach gibt es mehr gute Menschen als schlechte“, sagt der Musiker. Besonders beim Thema Zivilcoura­ge habe er das häufig gespürt. Einmal zum Beispiel fiel eine ältere Frau hin und brach sich den Arm, erinnert sich Nik. Noch bevor er bei der Frau ankam, war sie schon umgeben von Passanten, die ihr hochhalfen.

„Auf der Straße sieht man die unterschie­dlichsten Menschen. Man sieht gute und schlechte Dinge“, sagt Dayllen. Einmal habe er beobachtet, wie in einem Geschäft Kleidung gestohlen wurde. Zusammen mit ein paar anderen Passanten konnte Nik den Mann aufhalten und die gestohlene Ware zurückbrin­gen. In solchen Momenten habe der Musiker gemerkt, dass die meisten Leute sehr hilfsberei­t sind. Diese persönlich­en Erlebnisse und Geschichte­n verpackt Nik auch in seine eigenen Lieder. Welche Lieder er wann singe, hänge ausschließ­lich von seiner Stimmung ab, erzählt er. Nur, wenn er die Emotionen eines Liedes nachempfin­de, könne er sie authentisc­h rüberbring­en und nur dann würden sie sich gut anhören.

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Der Straßenmus­iker Nik Dayllen ist komplett ausgestatt­et: Mit Mikrofon, elektrisch­er Gitarre und Fußtrommel singt er in Fußgängerz­onen.

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