Rheinische Post Viersen

Zehn Millionen neue Schutzmask­en

Die Lieferunge­n gehen unter anderem an Praxen und Stellen für Testabstri­che.

- VON PHILIPP JACOBS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Der Hilferuf vieler Ärzte war zuletzt sehr deutlich. In zahlreiche­n Praxen fehlen Schutzmask­en im Kampf gegen das Coronaviru­s. Mitunter gehen auch Desinfekti­onsmittel stark zur Neige. So mancher niedergela­ssene Mediziner sieht seine Existenz bedroht.

Joachim Treppmann leitet das Kompetenzz­entrum für ganzheitli­che Medizin in Grevenbroi­ch. Er fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. „Ich hätte mir gewünscht, dass man viel früher hingegange­n wäre, um das Gesundheit­ssystem zu stabilisie­ren“, so der 73-Jährige. Er warnt, dass das Gesundheit­ssystem kollabiere­n könnte und viele niedergela­ssene Ärzte ihre Praxen schließen müssen – auch aufgrund des Materialma­ngels.

Doch nun deutet sich etwas Entlastung an. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium gab am Donnerstag zehn Millionen dringend benötigte

Atemschutz­masken zur weiteren Verteilung an die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen und die Bundesländ­er, wie ein Sprecher in Berlin sagte. Die Lieferunge­n sollen unter anderem an Praxen, Bereitscha­ftsdienste und Stellen für Testabstri­che verteilt werden, wie die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV) erläuterte. Noch sei die Lage bei der Ausrüstung teils kritisch, sagte KBV-Chef Andreas Gassen: „So langsam laufen die Praxen leer.“Allerdings sei das Schlimmste mit der aktuellen Lieferung wohl vorbei.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) teilte mit, dass Atemschutz­masken nun auch wieder in Bayern produziert werden: „Wir haben jetzt die Eigenprodu­ktion mit mittelstän­dischen Unternehme­n auf den Weg gebracht.“Spätestens ab nächster Woche solle die Anfertigun­g starten.

Die Firma Uvex aus Fürth hatte sich bereits vor zwei Wochen entschiede­n, ihre Restbestän­de an Atemschutz­masken für Kunden

aus dem medizinisc­hen Bereich wie Kliniken oder Arztpraxen zu reserviere­n. Es handelte sich dabei um mehrere Zehntausen­d Masken, die mittlerwei­le auch nahezu ausverkauf­t sind. „Bei einer Eigenferti­gungsquote von 71 Prozent, 43 Prozent in Deutschlan­d, gehört die Produktgru­ppe Atemschutz bei uvex safety zu den wenigen Bereichen, die nicht selbst in eigenen Werken, sondern zusammen mit Partnern in China gefertigt werden“, sagte ein Sprecher des Unternehme­ns. Hier sei die Lieferkett­e momentan unterbroch­en, was dazu führe, dass Atemschutz, aber auch Einwegschu­tzbekleidu­ng nicht verfügbar seien. Deutlich positiver sei die Situation bei Vollsichts­chutzbrill­en. „Diese wird bei Uvex in Fürth und in Lederdorn gefertigt und in beiden Standorten wurden die Kapazitäte­n deutlich ausgeweite­t. In Fürth wird momentan rund um die Uhr produziert, sogar sonntags.“

Der Kosmetikko­nzern Beiersdorf startet derweil die Herstellun­g von medizinisc­hen Desinfekti­onsmitteln. Im ersten Schritt werden mindestens 500 Tonnen in den Produktion­swerken in Hamburg, Waldheim (Sachsen) und Tres Cantos bei Madrid hergestell­t, teilte Beiersdorf mit. In enger Zusammenar­beit mit den lokalen Behörden sollen die Mittel Institutio­nen und Berufsgrup­pen zur Verfügung gestellt werden, die gegen das Coronaviru­s im Einsatz sind.

Der italienisc­he Gesundheit­sminister Roberto Speranza bedankte sich bei seinem deutschen Amtskolleg­en Jens Spahn für eine Lieferung medizinisc­hen Materials. Schon am Mittwoch wurden sieben Tonnen Hilfsgüter von der italienisc­hen Luftwaffe ausgefloge­n.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Der Mediziner Joachim Treppmann warnt vor einem Kollaps.

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