Landräte fordern von Merkel Druck auf die Niederlande
DÜSSELDORF Acht Landräte und ein Oberbürgermeister haben sich mit einem dringlichen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (beide CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gewendet. Hintergrund ist die Sorge vor einer Ausbreitung des Coronavirus durch den Grenzverkehr mit den Niederlanden.
Initiiert hat den Brief der Borkener Landrat Kai Zwicker, Mitunterzeichner sind der Landrat des besonders betroffenen Kreises Heinsberg, Stephan Pusch, sowie die Landräte der Kreise Viersen, Kleve, Steinfurt, Coesfeld, Warendorf und Recklinghausen sowie Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster.
Mit Blick auf Merkels Fernsehansprache vom Mittwochabend, in der sie von der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg gesprochen hatte, heißt es: „Wir müssen aber erkennen, dass die Bedrohungslage nach wie vor unterschiedlich bewertet wird.“
Kritik kommt insbesondere an den jenseits der Grenze weiterhin geöffneten Geschäften: „Gerade im Grenzgebiet zu den Niederlanden nehmen wir mit großer Sorge wahr, dass in unserem Nachbarland die Einkaufsmöglichkeiten im Einzelhandelsbereich, zum Teil auch sonntags, nach wie vor gegeben sind.“Das Schreiben verweist beispielhaft auf die niederländische Grenzstadt Enschede.
Der Grund für die Kritik der Kommunalbeamten: „Die Niederlande verfolgen bei der Bekämpfung des Coronavirus offenbar die Strategie der ,Gruppen- beziehungsweise Herdenimmunität’.“
Die Niederlande verfolgten damit einen Sonderweg in Europa. Die Sorge sei nun, dass die vom Robert-Koch-Institut empfohlene Strategie in einem Gebiet mit offenen Grenzen nicht funktioniere, da dies nur gelinge, wenn sie eins zu eins in beiden Ländern verfolgt werde. „Ansonsten bleibt ein Einfallstor für Infektionsketten. Regelmäßig fahren Tausende Menschen aus Deutschland zum Shoppen und gemütlichen Beisammensein in die Niederlande, viele Niederländer kommen zu uns. Wir befürchten, dass angesichts der offenen Geschäfte in den Niederlanden derzeit dieser ansonsten sehr gern gesehene nachbarschaftliche Austausch noch verstärkt wird.“
Konkret fordern die Landräte, Merkel solle sich mit Ministerpräsident Mark Rutte darauf verständigen, dass „in unseren beiden Ländern dieselbe Strategie gegen das Coronavirus verfolgt wird“. Drastischer formuliert könnte man auch sagen: Merkel soll Druck auf die Regierung Rutte machen, ihren Sonderweg zu beenden.
„Ansonsten bliebe als Ultima Ratio nur eine Grenzschließung für den nicht berufsbedingten Personenverkehr, die wir alle nicht wünschen und zutiefst bedauern würden“, schließt der Brief.
Laschet will die Grenzen zu den Nachbarländern möglichst nicht schließen. „Solange es der Pandemie-Bekämpfung dient, wollen wir, dass die Grenzen Belgien-Niederlande-Nordrhein-Westfalen offen bleiben“, sagte er. „Wenn die Dinge aus dem Ruder laufen, muss man neu nachdenken.“Er sei mit den Nachbarländern in enger Abstimmung. „Heute ist ein guter Zustand und kein schlechter Zustand.“