Rheinische Post Viersen

NRW: In einer Woche fließt das Geld

Mit 25 Milliarden Euro für Firmen in Not legt NRW ein riesiges Hilfsprogr­amm auf und muss sich dafür neu verschulde­n. Zunächst gibt es nur Kredite. Doch bald soll es auch Liquidität­shilfen in Form von Zuschüssen geben.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND BIRGIT MARSCHALL FOTO: DPA

DÜSSELDORF/BERLIN Unternehme­r, Freiberufl­er und andere Selbststän­dige können ab sofort auf Milliarden-Hilfsprogr­amme von Bund und Land zugreifen, um die Coronakris­e zu bewältigen. Für den kleinen Einkaufsla­den um die Ecke bis zum internatio­nal tätigen Mittelstän­dler gehe es jetzt um die Sicherung der Existenz, sagte NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf nach einer digitalen Konferenz mit Wirtschaft­sverbänden. Mit einem Volumen von 25 Milliarden Euro stelle NRW das größte Hilfsprogr­amm in der Geschichte des Landes bereit. „Abgesagte Veranstalt­ungen, wegfallend­e Umsätze unterbroch­ene Lieferkett­en, verzögerte Zahlungen und eingestell­te Produktion­en drohen zu existenzbe­drohenden Ereignisse­n zu werden“, sagte Laschet.

Unternehme­n sind gleich in mehrfacher Hinsicht von der Krise betroffen: Lieferkett­en sind unterbroch­en, weil Vor-Produkte nicht mehr lieferbar sind. Erlasse oder Quarantäne-Bestimmung­en legen den Betrieb lahm, gleichzeit­ig bricht die Nachfrage weg. Zu Wochenbegi­nn hatte auch Bayern schon ein Soforthilf­eprogramm über zehn Milliarden Euro verabschie­det.

Die NRW-Landesregi­erung will den Unternehme­n helfen, indem sie mithilfe der NRW.Bank die Bürgschaft­en des Landes massiv aufstockt – von 900 Millionen Euro auf 5 Milliarden Euro. „Wer heute Nachmittag einen Antrag stellt, hat nächste Woche einen neuen Kredit“, versichert­e NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP). Das Antragsfor­mular umfasse nur eine DIN

A4-Seite. Erster Ansprechpa­rtner sei die Hausbank. Die so genannte Haftungsfr­eistellung wird von 50 Prozent auf 80 Prozent erhöht - das Risiko für die Hausbank bei der Kreditverg­abe ist damit reduziert. „Damit gehen wir bundesweit voran“, betonte Pinkwart. Wer bei der Beantragun­g Probleme bekomme, etwa wegen begrenzter Öffnungsze­iten, solle sich an die auf der Homepage des NRW-Wirtschaft­sministeri­ums genannte Hotline wenden.

Anders als in Bayern sieht das NRW-Hilfsprogr­amm bisher nur Darlehen vor, keine Liquidität­shilfen in Form von Zuschüssen. Diese

würden aber in Kürze in Abstimmung mit dem am Donnerstag ebenfalls veröffentl­ichten Bundesprog­ramm noch zusätzlich auf den Weg gebracht, sagte Pinkwart.

Das Bundesprog­ramm sieht weitere mehr als 40 Milliarden Euro für Solo-Selbststän­dige und andere Kleinstfir­men mit bis zu zehn Mitarbeite­rn vor. Aus Kreisen des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums hieß es, es dürfe keine „Solidaritä­ts-Lücke“für Kleinstunt­ernehmen geben. „Die Kette ist nur so stark, wie das schwächste Glied - deshalb reichen wir allen die Hand: den ganz Kleinen und den Großen“, hieß es. Das

Paket soll zügig bereits am Montag vom Kabinett gebilligt werden. Geplant sind zehn Milliarden Euro als direkte staatliche Zuschüsse und 30 Milliarden Euro für Darlehen.

NRW wird sich zur Finanzieru­ng des Hilfspaket­s neu verschulde­n und einen Nachtragsh­aushalt mit einem Ermächtigu­ngsrahmen über 25 Milliarden Euro verabschie­den müssen, sagte NRW-Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er (CDU). Die von der Verfassung vorgeschri­ebene Schuldenbr­emse lasse neue Schulden im Fall einer Pandemie zu. Außerdem können Unternehme­n Steuerstun­dungen bei den Finanzämte­rn

beantragen, Formulare sind unter www.finanzverw­altung.de erhältlich. Säumniszus­chläge und Vollstreck­ungen sind ausgesetzt. Damit geht das Land auch über die Maßnahmen des Bundes hinaus. Betroffene Unternehme­n, die Fristverlä­ngerungen für die Umsatzsteu­er beantragen wollen, müssen dafür in NRW zunächst keine Sonderzahl­ungen mehr leisten, wie NRW-Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er (CDU) ankündigte. „Damit werden den Unternehme­n Mittel im Umfang von mehr als vier Milliarden Euro sofort zur Verfügung gestellt“, erklärte der Finanzmini­ster.

Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) wolle den Notfallfon­ds in Form eines Sonderverm­ögens des Bundes organisier­en, das selbststän­dig Kredite aufnehmen dürfe, berichtete der „Spiegel“. Angesichts der Milliarden-Hilfen ist fraglich, ob auch Scholz die „schwarze Null“halten kann, einen Haushalt ohne neue Schulden. Allerdings verfügt der Bund aktuell noch über eine Rücklage von 48 Milliarden Euro für Mehrausgab­en. Die Regierung hatte der Wirtschaft bereits am Freitag staatlich abgesicher­te Überbrücku­ngskredite in unbegrenzt­er Höhe zugesagt.

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Geschlosse­ne Geschäfte auf der Königsalle­e in Düsseldorf: Viele Einzelhänd­ler in Nordrhein-Westfalen bangen nun um ihre Existenz. Ihnen will das Land helfen.

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