Die Lufthansa liegt am Boden
Mehr als 90 Prozent der Flüge finden nicht mehr statt. Bis zu ein Jahr Kurzarbeit ist denkbar. Aber Vorstandschef Carsten Spohr gibt sich optimistisch, dass der Konzern überlebt. Auch in Düsseldorf und Köln regiert der Rotstift.
FRANKFURT Die Corona-Krise führt dazu, dass die Lufthansa und ihr Europa-Ableger Eurowings den Betrieb weitgehend einstellen. Wenn die aktuelle Rückholaktion von Urlaubern im Auftrag der Bundesregierung abgeschlossen sei, würden nur noch fünf bis maximal zehn Prozent des ursprünglichen Flugplanes erfüllt, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in Frankfurt, „Tendenz nach unten“. Der Konzern halte es für denkbar, dass die Krise bis zu ein Jahr lang dauern könne. 700 der aktuell 763 Flugzeuge stünden am Boden. Aus der Bilanz-Pressekonfernz sei somit eine „Corona-Pressekonfernz“geworden, die per Video stattfand.
Auch Eurowings wird nur noch fünf bis zehn Prozent der Flüge durchführen, so Spohr. In Düsseldorf würde dies bedeuten, dass statt rund 120 Abflügen vielleicht fünf oder sechs übrig bleiben. In Köln waren 60 Abflüge am Tag geplant, jetzt könnten es nur noch drei oder vier Abflüge am Tag sein. Nicht auszuschließen ist damit, dass in der Domstadt der Eurowings-Verkehr eingestellt wird.
Spohr gab sich überzeugt, dass Deutschlands größter Luftfahrtkonzern die Krise überleben werde, aber er startet einen extremen Sparkurs. Um die Kosten zu senken, gehen viele der 140.000 Beschäftigten in Kurzarbeit. Die Dividende wird gestrichen, der Vorstand verzichtet 2020 auf ein Fünftel des Grundgehaltes, die Boni für 2019 sollen nach Möglichkeit in Aktien statt in Bargeld ausgezahlt werden. „Wir haben 4,3 Milliarden Euro an liquiden Mitteln, wir haben eine Kreditlinie von 800 Millionen Euro“sagte Spohr. Um neue Kredite zu erhalten, könne man die rund zehn Milliarden Euro wertvolle Flugzeugflotte als Sicherheit nutzen, ergänzte er. Absehbar sei aber auch, dass der Staat mit Krediten helfen müsse, eine Verstaatlichung sei allerdings kein Thema.
Der Vorstandschef ergänzte, Lufthansa
und Eurowings wollten sich mit der Rückholaktion für Urlauber „nicht gesundstoßen“. Man habe die Charteraufträge der Bundesregierung angenommen, ohne über den Preis gesprochen zu haben. Die angedachten 50 Millionen Euro des Bundes für alle beteiligten Airlines seien deutlich weniger, als Lufthansa normalerweise an einem Tag einnehme. Er rechnet damit, dass die zurückgeholten Passagiere laut Auskunft der Bundesregierung für ihre Heimkehr eine Rechnung in Höhe eines einfachen Tickets zahlen müssten.
In Quarantäne kommen die zurückgekehrten Urlauber übrigens nicht beziehungsweise nur bei Verdachtsfällen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte dazu: „Die Leute werden ja nicht nur aus Risikogebieten
zurückgebracht, sondern auch aus Ländern, die eine deutlich niedrigere Infektionsrate haben als wir hier in Deutschland.“
Spohr rechnet damit, dass die Verkehrszahlen nach der Corona-Krise dauerhaft niedriger sein werden. „Ich bin zwar kein Pessimist, aber wir werden eine kleinere Weltwirtschaft haben.“Jeder Prozentpunkt, um den die globale Wirtschaft schrumpfe, führe dazu, dass die Luftfahrt um zwei Punkte schrumpfe. „Wir werden eine kleinere Lufthansa-Gruppe haben.“Man sei sei froh, viele Urlaubsreisende zu haben, hier fürchtet er einen etwas weniger harten Einbruch. „Wir wissen nicht, ob es in 2021 deutliche Nachholeffekte geben wird.“
Der wichtigste deutsche Airline-Manager forderte von der Bundesregierung
und der EU-Kommission einen umfassenden Plan, wie Europas Luftfahrtindustrie nach der Krise auf globaler Ebene bestehen könne. Die Regierung in der Volksrepublik China habe ihre Airlines verstaatlicht, damit sie durchhalten können. Die US-Regierung habe viele Milliarden Euro versprochen, um die dortigen Fluggesellschaften zu retten. Jetzt sei in Europa eine Konsolidierung nötig. So könne die schon lange in der Krise steckende Alitalia nach ihrer Verstaatlichung nur überleben, wenn sie in eine Partnerschaft komme.
Carsten Spohr wollte sich nicht festlegen, wie lange der Konzern durchhalten kann. „Wir wissen nur, dass wir länger durchhalten als andere.“Andere Airlines hätten viel höhere Schulden.