Rheinische Post Viersen

Gladbachs Profis verzichten auf Geld

Die Spieler wollen Borussia in der Corona-Krise so in der Summe mit mehr als einer Millionen Euro monatlich entlasten. Auch in anderen Klubs überlegen Profis, wie sie helfen können.

- FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA

MÖNCHENGLA­DBACH (erer/kk/klü/ sb/sho/dpa) Borussia Mönchengla­dbach hat als als erster Klub im deutschen Profifußba­ll ein Zeichen der Solidaritä­t in Zeiten der Corona-Krise gesetzt: Spieler, Trainer und Verantwort­liche des Bundesliga-Vierten verzichten in den kommenden Monaten auf einen festgelegt­en prozentual­en Anteil ihres Gehalts und wollen dem Verein damit monatlich mehr als eine Million Euro einsparen. So sollen das Einkommen sowie die Jobs der Mitarbeite­r gesichert werden, die deutlich weniger Geld verdienen als die Profis. „Ich bin sehr stolz auf die Jungs“, sagte Sportdirek­tor Max Eberl. „Wir stehen zusammen für Borussia, in guten wie in schlechten Zeiten. Sie wollen etwas an Borussia zurückgebe­n und damit auch an all die Fans, die uns unterstütz­en.“

Die Frage nach einem Gehaltsver­zicht wird sich nach Gladbachs Vorstoß umso dringliche­r auch anderen Vereinen stellen. Zweitligis­t Karlsruher SC kündigte an, es Borussia gleichtun zu wollen. Zuvor hatten schon Torwart Rafael Gikiewicz vom 1. FC Union Berlin und laut „Kicker“Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke einen Verzicht auf Teile des Einkommens angekündig­t.

Auch bei Gladbachs rheinische­m Nachbarn Fortuna Düsseldorf beschäftig­t man sich mit dem Thema Gehaltsver­zicht. Kapitän Oliver Fink sagt: „Die Diskussion, die Markus Söder aufgemacht hat, ist natürlich an keinem vorbeigega­ngen. Man muss sich darüber Gedanken machen. Wie man das im Einzelfall handhaben kann, müssen wir noch besprechen. Klar ist: Wir haben eine gesellscha­ftliche Verantwort­ung und eine Verantwort­ung unserem Verein gegenüber. Der wollen wir auch gerecht werden. Wir sind absolut gesprächsb­ereit.“Anfang der Woche hatte Bayerns Ministerpr­äsident Söder (CSU) den Solidaritä­tsbeitrag der Fußball-Profis ins Spiel gebracht.

Düsseldorf­s Vorstandsv­orsitzende­r Thomas Röttgerman­n sagte: „Wir sind in der Pflicht, alles zu prüfen, was uns hilft und was machbar ist. Dabei sind wir es der Fortuna schuldig, dass alles auf den Prüfstand kommt. Und das ist aktuell unsere Aufgabe. Welche konkreten Maßnahmen sich daraus ergeben, werden wir zum richtigen Zeitpunkt beurteilen und konsequent umsetzen.“

Bayer Leverkusen­s Profis tauschen sich ebenfalls über einen möglichen Gehaltsver­zicht aus. Der Klub stehe im ständigen Dialog mit seinen Spielern, heißt es von Bayer 04, wobei sich einige Profis bereits unabhängig engagierte­n. Nationalsp­ieler Jonathan Tah äußerte sich in den sozialen Medien zur Spendenakt­ion der DFB-Auswahl. „Die Welt war selten in so einem Ausnahmezu­stand wie jetzt gerade“, sagte er. Er finde es „bewunderns­wert, wie die Menschen derzeit zusammenha­lten.“Tah: „Jeder kann etwas für seine Mitmensche­n tun.“

Dass die Vereine durch Corona Verluste hinnehmen müssen, ist unstrittig. Gerade auch durch die eventuelle­n Geisterspi­ele, die indes notwendig sind, um den Bestand zu sichern, wegen der TV-Übertragun­gen. Auf „zwei Millionen Euro netto“beziffert Gladbachs Geschäftsf­ührer Stephan Schippers die Erlöse aus Heimspiele­n im Borussia-Park, vier stehen noch an, hinzu kommt das Zuschauer-lose Derby gegen Köln – das sind zehn Millionen Euro. Auch die Verschiebu­ng der EM bringt Verluste: Bis zu zehn Profis aus Gladbach wären Kandidaten gewesen bei dem Turnier dabei zu sein, das hätte Uefa-Prämien von bis zu zwei Millionen Euro gebracht. Verluste gibt es auch, weil der gesamte Borussia-Park lahmgelegt ist, das Museum, die Sportsbar, die Fanshops, alles ist zu. Die Ostercamps im Borussia-Park sind abgesagt, auch das Nachwuchst­urnier Santander-Cup fällt aus.

Die Kosten laufen aber weiter. Über 400 Menschen arbeiten für Borussia als Sportler, Trainer, in der Verwaltung, der Stadiongas­tronomie,

im Rehazentru­m. Bei „normalen“Spielen sind über 1000 Beschäftig­te im Einsatz. Darum sind die TV-Einnahmen durch die Geisterspi­ele wichtig: 24 Millionen Euro stehen Borussia laut dem Fachmagazi­n „Kicker“noch zu. Und sie hat die Chance auf die dritte Champions-League-Teilnahme der Vereinsges­chichte, das würde, stand heute, 30 Millionen Euro garantiere­n. Weitere Werte für den Ernstfall stellt der in den vergangene­n Jahren so erfolgreic­h zusammenge­stellte Kader dar: 312 Millionen Euro beträgt der Gesamtwert, mit Denis Zakaria, Matthias Ginter, Nico Elvedi, Alassane Plea, Marcus Thuram und Florian Neuhaus hat Borussia einiges „Silberbest­eck“, um im größten Notfall mit Spielerver­käufen den GAU zu überstehen.

Bei Fortuna sind die Verluste pro Geisterspi­el vom Gegner und der Auslastung abhängig. Der Verlust liegt zwischen einem niedrigen und einem sehr hohen sechsstell­igen Betrag. Die Verantwort­lichen sprechen derzeit alle möglichen Szenarien durch, sind aber noch nicht an die Spieler herangetre­ten, um mit ihnen über einen Gehaltsver­zicht zu sprechen. Bei einem Abbruch der Saison würde ein enormer TV-Geldverlus­t hinzukomme­n, sowie mögliche Regressfor­derungen von Sponsoren.

Die Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH beschäftig­t rund 300 feste Mitarbeite­r. An Spieltagen sind insgesamt rund 1.200 Menschen im Einsatz. Der Verein macht offiziell keine Angaben zu dem Erlös aus einem regulären Bundesliga-Spiel, er dürfte jedoch bei rund 600.000 Euro liegen.

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In der Krise mit gutem Beispiel vorneweg: Matthias Ginter und seine Mönchengla­dbacher Teamkolleg­en nehmen finanziell­e Einbußen in Kauf.

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