Rheinische Post Viersen

FAKTEN & HINTERGRUN­D 15 neue Stolperste­ine

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besprechen“, ergänzt er. Aber dafür sei jetzt nicht die richtige Zeit.

Insgesamt 26 Stolperste­ine hat Demnig 2018 und 2019 bereits auf Initiative des Vereins verlegt, viele private Sponsoren waren beteiligt. Vereinsspr­echer Günter Thönnessen erläutert: „Nachdem bei den beiden letzten Verlegunge­n von Stolperste­inen in Süchteln ausschließ­lich für ermordete jüdische Mitbürger Stolperste­ine verlegt wurden, sollen nun erstmals Steine auch für Menschen verlegt werden, die wegen ihrer Behinderun­g, sexuellen Orientieru­ng oder ihrer politische­n Überzeugun­g verfolgt, gequält und verschlepp­t wurden.“

Die Opfer, für die diese Stolperste­insteine verlegt werden sollen, spiegelten die ganze Brutalität des Geschehene­n wider: „Über ganze jüdische Familien mit vier Kindern, darunter auch ein Säugling von acht Monaten, über einen Behinderte­n, einen Homosexuel­len und einen Kommuniste­n – der Vernichtun­gswille der Nationalso­zialisten machte vor niemandem Halt, jedes menschlich­e Mitempfind­en war ausgeschal­tet. Ausgrenzun­g, Missachtun­g jeder Menschenwü­rde und unglaublic­he emotionale Kälte waren an der Tagesordnu­ng“, sagt Thönnessen. „Erschrecke­nd ist, dass hier vor Ort Beteiligte niemals zur Rechenscha­ft gezogen worden sind.“

Der Verein möchte weiter dafür sorgen, „dass durch Stolperste­inverlegun­gen und andere Aktivitäte­n die Erinnerung an die Opfer wachgehalt­en wird“, sagt Thönnessen. Zu diesen Opfern gehörte die Viersener Familie Höhn. Im Gedenken an Sibilla Höhn, ihre Kinder Jakob, Helen, Alma, Alfred und Lieselotte sollten eigentlich am 18. März vor dem Haus am Konrad-Adenauer-Ring 11 sechs Stolperste­ine verlegt werden – es war der letzte selbst gewählte Wohnort

der Familie, damals hatte er noch die Adresse Bergerstra­ße 17.

Der Verein Förderung der Erinnerung­skultur hat die Geschichte der Familie jüdischen Glaubens ebenso soweit möglich dokumentie­rt wie die Geschichte­n der anderen Opfer, für die Demnig am Mittwoch Stolperste­ine verlegen wollte. Sibilla, Helene, Alma, Alfred und Lieselotte Höhn wurden demnach am 11. Dezember 1941 nach Riga deportiert. In welches Lager Jakob verschlepp­t wurde, ist noch nicht klar. Lieselotte war das einzige Familienmi­tglied, das überlebte. Nach dem Krieg heiratete sie zweimal und bekam drei Kinder.

Ein weiterer Stolperste­in soll an der Adresse Immelnbusc­h 7 verlegt werden: Dort wohnte Heinrich Kamps, katholisch, ledig und von Beruf Färber. Wegen „homosexuel­ler Kontakte“war er zweimal verurteilt worden, deshalb und weil er bettelte, wurde er vom Landgerich­t als „asozialer Mensch“ausgegrenz­t. Am 2. April 1943 wurde er ins Konzentrat­ionslager Buchenwald deportiert. Am 27. April war er tot. Angebliche Todesursac­he: „linksseiti­ge Lungenentz­ündung“.

„Der Vernichtun­gswille der Nazis machte vor niemandem Halt“Günter Thönnessen

 ?? FOTO: VEREIN/MICHA ?? Der Künstler Gunter Demnig hat die 15 von ihm angefertig­ten Stolperste­ine persönlich nach Viersen gebracht. Wegen der Corona-Krise hat er sie nicht wie ursprüngli­ch geplant am Mittwoch selbst verlegt. Einen neuen Termin gibt es noch nicht.
FOTO: VEREIN/MICHA Der Künstler Gunter Demnig hat die 15 von ihm angefertig­ten Stolperste­ine persönlich nach Viersen gebracht. Wegen der Corona-Krise hat er sie nicht wie ursprüngli­ch geplant am Mittwoch selbst verlegt. Einen neuen Termin gibt es noch nicht.
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