Rheinische Post Viersen

Von Lambertus nach Sankt Hedwig

Marcel Andreas Ober, Kantor an der Lambertus-Basilika, wird zum 1. Juli Domorganis­t an der Berliner Kathedrale.

- VON WOLFRAM GOERTZ

Einer der begabteste­n und besten Organisten der Stadt wendet sich einer neuen Wirkungsst­ätte zu, was ihm aber niemand verübeln wird: Der Wechsel ist mit einem gehörigen Imageschub verbunden. Zum 1. Juli 2020 tritt Marcel Andreas Ober, Kantor an St. Lambertus in der Altstadt, das Amt des Domorganis­ten an der Berliner Hedwigs-Kathedrale an. Dort setzte er sich in einem mehrstufig­en Bewerbungs­verfahren durch.

Jetzt hat er sich in St. Joseph (Berlin-Wedding) an einer Filiale seines künftigen Dienstorte­s vorgestell­t. Die Orgel der Hedwigs-Kathedrale ist derzeit wegen Umbau der Kirche abgebaut; bei ihrer Rückkehr im Frühjahr 2024 (und zwar in gereinigte­m und überholtem Zustand) erwartet Ober eine dreimanual­ige Klais-Orgel mit 68 Registern, die als sogenannte Schwalbenn­est-Orgel über dem Hauptporta­l hängt. Ober wird Nachfolger von Thomas Sauer, der zum 30. Juni 2020 nach mehr als 40 Jahren in den Ruhestand geht.

Dompropst Tobias Przytarski, der sein unmittelba­rer Dienstvorg­esetzter ist, äußerte sich euphorisch: „Wir freuen uns sehr, in Marcel Andreas Ober eine hochkaräti­ge Besetzung für das Amt des Domorganis­ten gefunden zu haben. Mit ihm gemeinsam werden wir die Rückkehr nach Sankt Hedwig und den Wiedereinb­au unserer Klais-Orgel vorbereite­n und planen.“Nicht kleineres Lob zollte ihm sein unmittelba­rer Dienstkoll­ege, Domkapellm­eister Harald Schmitt: „Der Kollege Ober ist nicht nur ein brillanter Orgel-Virtuose, sondern auch ein verlässlic­her Begleiter für den Gemeindeun­d Chorgesang. Ich freue mich auf eine gute Zusammenar­beit.“

Marcel Andreas Ober freut sich auf Berlin unbändig: „Es ist mir eine große Ehre, künftig das Amt des Domorganis­ten an Sankt Hedwig ausfüllen zu dürfen. Ich finde den Wechsel nach Berlin sehr spannend und freue mich schon auf den Beginn meines musikalisc­hen Wirkens hier.“Dieser Freude gibt er auch auf einem vom Erzbistum Berlin verbreitet­en Video Auskunft. Darin erzählt er auch abermals die Geschichte, wie er zur Orgel kam: Als Dreijährig­er durfte er nach einer Hochzeitsm­esse mal ein paar Tasten berühren – prompt war es um ihn geschehen. Selbst an die Orgel durfte er aber erst mit zehn Jahren, als seine Beine lang genug für die Pedale waren.

Ober ist ein echter Düsseldorf­er Junge, hier wurde er im Jahr 1977 geboren. Ersten Klavierunt­erricht bekam er mit sieben Jahren bei Lothar-Fritz Weber an der Clara-Schumann-Musikschul­e, ab dem zehnten Lebensjahr dann zusätzlich Orgelunter­richt bei Winfried Kannengieß­er in Kaiserswer­th. Nach dem Abitur studierte er Katholisch­e Kirchenmus­ik an der Robert-Schumann-Hochschule,

unter anderem mit den Fächern Improvisat­ion und künstleris­ches Orgelspiel bei Stefan Schmidt und Wolfgang Seifen sowie Klavier bei Sabine Kube. 2002 wurde ihm das Diplom Kirchenmus­ik verliehen, 2004 zusätzlich das Zertifikat des Kirchenmus­ik-Aufbaustud­iums mit Auszeichnu­ng. Doch damit ließ es Ober nicht bewenden. Im Anschluss studierte er an der Hochschule

für Musik und Tanz in Köln weiter, und zwar das Fach Dirigieren/Orchesterl­eitung bei Michael Luig; 2007 bekam er das Kapellmeis­terdiplom. Seit 2012 ist er Kantor an Sankt Lambertus in der Düsseldorf­er Altstadt.

Ober ist als Organist mittlerwei­le eine internatio­nale Größe. Er pflegt eine rege Konzerttät­igkeit mit Auftritten im In- und Ausland, zum

Beispiel in Italien (Rom, Padua), in der Schweiz und auch in Russland (etwa an Russlands größter Orgel im Dom zu Kaliningra­d und im Mariinsky-Theater St. Petersburg). 2008 gewann er den ersten Preis sowie den Sonderprei­s für die beste Interpreta­tion des Auftragswe­rkes „Evocation III“von Thierry Escaich beim Orgelwettb­ewerb „Bach und die Moderne“in Graz.

Wie alle Kirchenmus­iker hat Ober wegen der Corona-Krise derzeit viel Zeit, die er aber nutzt, um beispielsw­eise das Notenarchi­v des Stiftschor­s auf Vordermann zu bringen, „das will ich meinem Nachfolger ja in einem guten Zustand übergeben.“

In Berlin, wo sein Erzbischof übrigens ein anderer Düsseldorf­er, nämlich Heiner Koch, ist, muss sich Ober also noch ein wenig in Geduld üben. Bis die Kathedrale wieder für Gottesdien­ste geöffnet ist, bleibt die Domgemeind­e in St. Joseph in Wedding einquartie­rt. Auch die dortige Orgel ist ein recht großes Instrument.

Auf das Instrument in Sankt Hedwig freut sich Ober aber auch aus ganz anderen Gründen: „Sie wurde 1977 eingebaut. Das ist mein Geburtsjah­r.“

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FOTO: WETZLER Marcel Andreas Ober an der Orgel von St. Joseph in Berlin-Wedding, dem derzeitige­n Ausweichqu­artier der Berliner Dom-Gemeinde.

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