Hilfsangebote für Obdachlose brechen weg
DÜSSELDORF Hände waschen, Abstand halten, einfach mal zu Hause bleiben — Menschen ohne Wohnung können das nicht. Die Corona-Krise trifft die Obdachlosen in Deutschland besonders hart. Erst recht, wenn Ausgangssperren verhängt werden sollten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) fordert, Verstöße bei Obdachlosen nicht zu ahnden. „Sie dürfen nicht kriminalisiert werden, weil sie keine Wohnung haben“, sagt Geschäftsführerin Werena Rosenke. Auch Zwangsräumungen sollen ausgesetzt werden. Laut BAGW leben in Deutschland rund 678.000 Wohnungslose.
Eine Umfrage der BAGW unter ihren deutschlandweit 900 Einrichtungen hat ergeben, dass Angebote wie Essensausgaben, Tageseinrichtungen oder medizinische Notversorgungen durch die Corona-Krise
stark eingeschränkt sind. Auch die Tafeln teilten mit, dass fast 400 der bundesweit 949 Einrichtungen schließen mussten. Die Ansteckungsgefahr ist für Mitarbeiter und Besucher auf engem Raum hoch. Ehrenamtliche Helfer fallen aus, weil viele von ihnen im Rentenalter sind und zur Risikogruppe gehören.
Auch in den Sammel- und Notunterkünften ist für Quarantäne-Maßnahmen kein Platz. „Wir fordern, dass Kommunen die ohnehin schon überfüllten Unterkünfte entzerren und neue Aufenthaltsmöglichkeiten bereitstellen“, sagt Rosenke. In Hamburg hat ein Corona-Fall in einer Unterkunft bereits dazu geführt, dass rund 300 Obdachlose gleichzeitig in Quarantäne mussten.
Dabei gehörten viele Menschen, die keine Wohnung haben, zur Risikogruppe, erklärt Jan Orlt, Geschäftsführer des Fachverbandes Wohnungslosenhilfe des Diakonischen
Werkes Rheinland-Westfalen-Lippe. „Sicherlich 90 Prozent der Obdachlosen sind vorerkrankt“, so Orlt.
Die Städte haben auf die Notsituation reagiert. In Düsseldorf und Köln sind Einrichtungen noch in reduziertem Betrieb geöffnet. In beiden Städten werden Quarantäne-Einheiten für Obdachlose gestellt. In Düsseldorf verteilt die Stadt Proviantpakete, schafft neue Unterkünfte und entlastet Hilfsangebote.