Rheinische Post Viersen

Die rechtliche­n Grundlagen der Ausgangssp­erren

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DÜSSELDORF (csh/hsr/kess) Geschlosse­ne Läden, Cafés und Restaurant­s, das Verbot größerer Menschenan­sammlungen – die Einschränk­ungen, die die Corona-Krise mit sich bringt, sind einschneid­end. Nun haben die ersten Städte und Bundesländ­er Ausgangssp­erren beschlosse­n. Doch was sind die rechtliche­n Grundlagen dafür?

„Eine Ausgangssp­erre ist ein weitreiche­nder Eingriff in die Grundrecht­e, und eine derartige Einschränk­ung ist grundsätzl­ich nicht erlaubt, sondern bedarf einer besonderen Rechtferti­gung“, sagt Christoph Görisch von der Hochschule für Polizei und öffentlich­e Verwaltung NRW in Münster. „Hier kollidiere­n allerdings zwei Rechtsgüte­r – die Freiheitsr­echte und die Gefahr für die Gesundheit der Allgemeinh­eit.“Der Staat müsse seine Bürger schützen, „es ist also eine Frage der Abwägung“, sagt Görisch. „Man muss sich fragen: Welche Beschneidu­ng der Freiheitsr­echte ist verhältnis­mäßig?“

Ein „Lockdown“, eine Ausgangssp­erre, ist laut Görisch kein rechtliche­r Begriff. Die Grundlage für eine Ausgangssp­erre als konkrete Maßnahme findet sich im Infektions­schutzgese­tz. In Paragraf 28 heißt es: „Die zuständige Behörde kann Personen verpflicht­en, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendige­n Schutzmaßn­ahmen durchgefüh­rt worden sind.“Görisch sagt: „Die Entscheidu­ng, eine Ausgangssp­erre zu verhängen, liegt bei den Ländern. Es gibt keine gesetzlich­e Grundlage für einen bundesweit­en Erlass.“

Der Düsseldorf­er Rechtsanwa­lt Ingo Bott von der Kanzlei „Plan A“erklärt, welche Ausnahmen im Falle einer Ausgangssp­erre möglich wären: „Die Ausnahmen sind nicht gesetzlich definiert. Bislang anerkannt sind in anderen Ländern Arztbesuch­e, Einkäufe, Tankstelle­n- und Bankbesuch­e. Die Fahrt zur Arbeit ist zulässig, insofern Homeoffice nicht möglich ist.“Zuletzt verhängte Belgien eine Ausgangssp­erre.

Wer sich nicht an die Sperre hält, muss mit Geldstrafe­n rechnen. „Eine Zuwiderhan­dlung gegen die Ausgangssp­erre kann aber auch mit einer Freiheitss­trafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden“, sagt Anwalt Bott. „In Italien fallen derzeit täglich mehrere Tausend Ermittlung­sverfahren an.“Einen festgelegt­en Katalog für Geldstrafe­n gebe es bislang nicht. Orientieru­ng bieten Italien (bis 206 Euro), Frankreich (zwischen 38 und 135 Euro), Belgien (zwischen 26 und 500 Euro) und Österreich (bis 3600 Euro). „In Österreich sind die hohen Zahlungen jedoch nur fällig, wenn Platzverbo­te, wie beispielsw­eise für Spielplätz­e, missachtet werden“, sagt Bott.

In Ländern, die bereits eine Ausgangssp­erre haben, bleiben „Handlungen zur Versorgung von Tieren bislang erlaubt“, wie Bott sagt. Dazu gehörten das Gassigehen und Fahrten zum Pferd. In Italien, dem am stärksten betroffene­n europäisch­en Land, ist das Leben schon seit Anfang März durch eine Ausgangssp­erre extrem eingeschrä­nkt. Und ein Ende ist erst nicht abzusehen: Regierungs­chef Giuseppe Conte kündigte an, die Ausgangssp­erre über den 3. April hinaus zu verlängern.

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