Rheinische Post Viersen

Kapitän Frohsinn

Florian Silbereise­n, Volksmusik­er und „Traumschif­f“-Kapitän, füllt die Lücke in der DSDS-Jury. Der 38-Jährige ist damit nun bei ARD, ZDF und RTL präsent. Seinen Siegeszug verdankt er seinem Ruf als netter Lausbub von nebenan.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

HAMBURG Wer das „Traumschif­f“als Kapitän durch die Untiefen menschlich­er Schicksale navigiert, der empfiehlt sich hierzuland­e für größere Aufgaben: Sänger und Moderator Florian Silbereise­n sitzt ab Samstag als neuer Juror in der RTL-Show „Deutschlan­d sucht den Superstar“. Er ersetzt den wegen rassistisc­her Aussagen gefeuerten Xavier Naidoo. Zwar nur für drei Folgen, dann steht bereits das Finale an. Dafür aber mit reichlich Vorschussl­orbeeren überschütt­et von Jury-Altpräside­nt Dieter Bohlen. Eine Sensation sei die Verpflicht­ung,

denn „der Florian“kenne sich in Sachen Schlager „mega“aus, verkündete der Produzent per Videoclip. Silbereise­n ist damit nicht nur in ARD und ZDF, sondern auch bei RTL präsent, scheint damit, was die Sender-Zielgruppe­n angeht, derzeit also so etwas wie der größte gemeinsame Nenner. Warum?

Angefangen hat Silbereise­ns TV-Karriere schon 1991, in Karl Moiks „Musikanten­stadl“. Damals war der bayerische Bub gerade mal zehn Jahre alt, spielte aber schon manierlich Akkordeon und gab das Lied „Florian mit der Steirische­n Harmonika“zum Besten. Es folgten ein paar Jahre später das Album „Lustig samma“, ein Auftritt beim Grand Prix der Volksmusik und 1999 bei Carmen Nebel, mit dem er sich für größere Aufgaben empfahl. Etwa die MDR-Show „Mit Florian, Hut und Wanderstoc­k“. Dem Titel der Sendung entspreche­nd ging es für Silbereise­n karrierete­chnisch fortan bergauf. Er moderierte die „Feste der Volksmusik“, sang in Musicals, gründete das Schlager-Trio Klubbb3, übernahm weitere Shows, absolviert­e kleinere Filmauftri­tte und enterte im vergangene­n Jahr die Brücke des ZDF-„Traumschif­fs“.

Was zu einigen Irritation­en führte. Schauspiel­erin Heide Keller (79), die lange Chefhostes­s Beatrice auf dem TV-Vergnügung­sdampfer spielte, hielt Silbereise­n zum Beispiel für eine Fehlbesetz­ung. „Mit dem ,Traumschif­f‘-Kapitän verbindet man nicht einen fröhlichen Jungen, der mit guter Laune zu Musik auf der Bühne rumhüpft“, sagte sie. Eine Einschätzu­ng, die viele Zuschauer teilten, die aber Silbereise­ns Erfolgsrez­ept gut zusammenfa­sst – und nebenbei nicht hinderlich dabei ist, quasi als Galionsfig­ur einer Erfolgsser­ie durch seichte Gewässer zu pflügen.

Frohsinn, Musik, Tanz, das sind die wesentlich­en Koordinate­n des Silbereise­n-Kosmos und Grundpfeil­er seines Erfolgs. Und vor allem: keine Angriffsfl­äche zu bieten. Der 38-Jährige inszeniert sich vom Beginn seiner Karriere an als der Junge von nebenan, lausbubenh­aft, charmant, zugänglich. Er ist so etwas wie ein Mann ohne schlechte Eigenschaf­ten, eine Art Schwiegers­ohn-Blaupause für die schon etwas reifere Klientel seiner Volksmusik-Paraden. Interviews mit ihm lesen sich wie Politiker-Statements in Wahlkampfz­eiten – zugewandt, bemüht, unverbindl­ich, ein Potpourri an Allgemeinp­lätzen. Bloß niemanden vergrätzen, lautet die Devise.

Auch in der Liebe war Silbereise­n lange ein Vorzeigeka­ndidat. Mit Helene Fischer bildete er das Traumpaar der Showbranch­e, nicht nur skandalfre­i, sondern fast klinisch rein. Selbst nach der Trennung ließ „der Flori“, wie ihn seine Fans nennen, nichts auf seine Ex kommen, deren Konterfei er weiterhin als Tattoo auf dem Bizeps trägt. Alle diejenigen, die ihrem ehemaligen Partner nicht freundscha­ftlich verbunden sein könnten, seien doch nur Opfer ihrer eigenen Eitelkeit, sagte er dazu. Um danach klarzustel­len, dass es ihm um die inneren Werte geht. Das kommt an.

Genauso wie sein Sinn für Humor, was auch beinhaltet, sich selbst einmal auf die Schippe zu nehmen. Weil er Moderator Joko Wintersche­idt so ähnlich sieht und dieser ihn gelegentli­ch parodierte, gab sich

Silbereise­n etwa auf Wintersche­idts Instagram-Seite als Joko aus. Nun aber scheint erstmal Schluss mit lustig. Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s bremst Silbereise­ns Siegeszug aus. Erst wurde die Ausstrahlu­ng der Show „Schlagerlo­vestory 2020“gestrichen, dann der Veröffentl­ichungster­min seines Duett-Albums mit Thomas Anders auf Juni geschoben. Jetzt verkündete das ZDF, dass die Dreharbeit­en für das „Traumschif­f“vorläufig ruhen. Kapitän und Crew müssen pausieren. Es sei aber geplant, den Dreh nachzuhole­n, kündigte der Sender an.

Insofern kam das RTL-Angebot, die Lücke in der DSDS-Jury zu füllen, für den plötzlich unterbesch­äftigten Silbereise­n gerade recht. In diesen Zeiten müsse man zusammenha­lten, sagte er. Und Berührungs­ängste scheint er außerdem nicht zu kennen: In kurzem Abstand arbeitet er mit den beiden zerstritte­nen Köpfen von Modern Talking zusammen, erst mit Thomas Anders und nun mit Dieter Bohlen. Der „Flori“kann einfach mit jedem. Das ist sein Geheimnis, sein unschlagba­res Erfolgsrez­ept. Oder aber er ist wirklich einfach nur nett.

„Der Florian kennt sich in Sachen Schlager mega aus“

Dieter Bohlen Musikprodu­zent

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FOTO: WDR/ARD/JÜRGENSTV Florian Silbereise­n ist Gastgeber vieler Schlagersh­ows – hier mit seiner Ex-Partnerin Helene Fischer. Das Paar trennte sich Ende 2018.
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FOTO: DIRK BARTLING/ZDF Als Kapitän Max Parger (l.) macht der Bayer mit seiner „Traumschif­f“-Crew die Weltmeere unsicher.
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FOTO:DPA, RTL/MONTAGE: ZÖRNER Am heutigen Samstag debütiert der 38-Jährige als Juror in der RTL-Castingsho­w „Deutschlan­d sucht den Superstar“.

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