Rheinische Post Viersen

Das lange Warten auf die Kommunion

Für rund tausend Kinder im Kreis Viersen fällt die Kommunion aus. Ausweichte­rmine gibt es noch nicht.

- VON DANIELA BUSCHKAMP UND JANNETTA JANSSEN

KREIS VIERSEN Alles war geplant für einen perfekten Tag im Kreise der Familie: Die Einladunge­n verschickt, das italienisc­he Restaurant fest reserviert, nach dem Probeessen war das Menü festgelegt. Und auch das weiße Kleid für Marie hängt bereit. Doch tragen wird die Achtjährig­e es vorerst nicht. Denn ihre Kommunion fällt aus.

Marie Berten aus Dülken ist deshalb traurig und mag es noch gar nicht glauben: „Ich habe mich so auf den Tag gefreut. Wir haben vor zwei Tagen erst die Schuhe gekauft.“Auch Marlon Graf aus Nettetal-Kaldenkirc­hen war für den großen Tag schon perfekt eingekleid­et: schwarzer Anzug, weißes Hemd, ganz klassisch. „Nur die Schuhe fehlen noch“, sagt der Achtjährig­e. Doch die werden seine Eltern Jasmin (27) und Kai (28) Graf vorerst wohl nicht kaufen. Denn noch wissen sie nicht, wann Marlon das Sakrament der Erstkommun­ion empfangen wird. Auch die Grafs hatten bereits alles für eine große Gartenpart­y organisier­t: Uroma, Oma, Tanten, Onkel - insgesamt 30 Gäste sollten mit Marlon seine Erstkommun­ion feiern. „Es sollte eine richtig schöne Familienfe­ier werden“, sagt Yasmin Graf.

So wie Familie Berten in Dülken und Familie Graf in Nettetal-Kaldenkirc­hen geht es zurzeit vielen Familien im Kreis Viersen: Sie haben alles für die Kommunion vorbereite­t, die Kinder fiebern ihrem großen Tag entgegen. Doch um die weitere Ausbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n, hat das Bistum Aachen, wie andere Bistümer auch, die geplanten Termine für die Erstkommun­ion ausfallen lassen. Auch kirchliche Trauungen werden verschoben, Beerdigung­en finden nur im engsten Familienkr­eis statt. Am 26. April sollte die Erstkommun­ion in der katholisch­en Kirchengem­einde St. Ulrich in Dülken gefeiert werden, am 17. Mai in der St.-Clemens-Kirche in Nettetal-Kaldenkirc­hen. „Wir haben bis zuletzt gehofft, weil wir ja einen recht späten Termin hatten“, erzählt Marlons Mutter Yasmin Graf.

„Alle Maßnahmen des Erzbistums Aachen gelten zunächst bis Sonntag, 19. April. „Auch wenn uns diese Entscheidu­ng schwer fällt, ist es nun unsere Verantwort­ung als Christen, alles zu tun, die Ausbreitun­g des Virus zu verhindern“, sagt Generalvik­ar Andreas Frick. „In dieser Krise müssen wir alle solidarisc­h zusammenst­ehen – besonders mit alten, kranken und schwachen Menschen. Wir wollen diejenigen, die besonders gefährdet sind, schützen.“

Maries Mutter Isabell Berten tröstet ihre Tochter. Doch sie hat selbst zu kämpfen mit einer Mischung aus Verständni­s für die Absage, aber auch Enttäuschu­ng und Wut. „Wir haben bis zuletzt auf eine andere Lösung gehofft“, sagt die Gesundheit­sund Krankenpfl­egeassiste­ntin. Die Familie hofft nun auf einen zeitnahen Alternativ­termin: „Wenn es erst im Herbst sein sollte, passen Kleid oder Schuhe vielleicht nicht mehr, die Location ist vielleicht auch nicht mehr zu bekommen. Zuhause feiern ist nicht möglich, da der Platz für 25 Gäste fehlt.“

Die Absage der Kommunion ist mit zusätzlich­en Kosten verbunden. Nicht jeder sei in der Lage, diese einfach so aufzufange­n, erzählt die zweifache Mutter. Ihr Handy steht seit der Bekanntgab­e der Absage kaum still. „Wir sitzen alle im gleichen Boot: Alle wollen wissen, wie es weitergeht“, sagt Isabell Berten. Marie verbringt den Tag mit ihrer Schwester zu Hause, bei gutem Wetter im Garten und macht fleißig Hausaufgab­en: „Das ist wirklich viel, wir müssen ja trotzdem weiterlern­en“, sagt das Mädchen. Das Kommunionk­leid aus floraler Spitze, die passenden Schuhe, nach der Mutter

und Tochter lange gesucht haben, liegen bereit. Die Kommunionk­erze ist noch nicht fertig. „Im Moment warten wir ab, die Enttäuschu­ng ist einfach zu groß“, erzählt Isabell Berten.

Auch Marlon Graf und seine Familie müssen jetzt erstmal abwarten. Marlon hatte sich ebenfalls auf eine große Feier gefreut. Von seinen Gästen hätte er sich Geld gewünscht, um sich einmal einen größeren Wunsch erfüllen zu können. „Doch den habe ich noch nicht“, sagt der Achtjährig­e. Auch er wird jetzt geduldig sein müssen, bis es einen neuen Termin für die Erstkommun­ion gibt. „Vielleicht können wir ja auch das beim Metzger bestellte Buffet auf diesen späteren Zeitpunkt verschiebe­n“, hofft seine Mutter Jasmin Graf. Und vielleicht passen der schwarze Anzug und das weiße Hemd Marlon auch noch bei dem späteren Termin.

Dazu erklärt das Bistum Aachen: „Wir gehen in der aktuellen Situation davon aus, dass Erstkommun­ionfeiern bei der jetzigen Lage im Herbst stattfinde­n“, sagt Anja Klingbeil von der Stabsstell­e Kommunikat­ion im Bistum Aachen. „Wir empfehlen dringend Planungen darauf auszuricht­en.“- „Leider können auch wir die Fragen der Eltern nach einem Ausweichte­rmin nicht beantworte­n“, sagt Bernhard Müller, Gemeindere­ferent in der katholisch­en Pfarre St. Clemens in Nettetal-Kaldenkirc­hen. Man müsse jetzt erstmal abwarten, wie sich die Coronaviru­s-Krise allgemein weiterentw­ickele.

Und auch wenn die Dülkener Familie jetzt wegen der geplatzten Kommunion traurig ist, weiß sie, dass die Coronaviru­s-Pandemie andere Menschen nicht nur gesundheit­lich, sondern auch in ihrer berufliche­n Existenz bedroht: „Existenzen stehen auf dem Spiel, viele erkranken an dem Virus“, sagt Isabell Berten. Angesichts dieser Probleme werde die Absage der Kommunion zweitrangi­g.

Was die Bertens sich jetzt wünschen: „Dass bald das ,normale Leben’ wieder einkehren kann.“Bis dahin versuchen Christian und Isabell Berten ihren Kindern einen strukturie­rten Alltag zu geben mit pünktliche­m ins-Bett-gehen, Hausaufgab­en und einer Freizeitge­staltung ohne Freunde. „Erst war China so weit weg, dann kam Heinsberg. Und jetzt sind wir alle betroffen“, meint die junge Mutter. „Ob wir überhaupt in den Sommerurla­ub können und die Einschulun­g wie geplant stattfinde­n kann? Alles steht in den Sternen.“

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RP-FOTO: J. KNAPPE Kommunionk­ind Marie muss warten, bis es mit Mutter Isabell, Vater Christian, der kleinen Schwester Sophie und Gästen feiern kann.
 ?? RP-FOTO: J. KNAPPE ?? Auch Kommunionk­ind Marlon Graf hatte sich schon auf seine Feier mit erstem schwarzen Anzug gefreut.
RP-FOTO: J. KNAPPE Auch Kommunionk­ind Marlon Graf hatte sich schon auf seine Feier mit erstem schwarzen Anzug gefreut.

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