Rheinische Post Viersen

Zur Kuhmilch gibt es viele Alternativ­en auf Pflanzenba­sis. Warum sie im Trend liegen und wie man sie ganz einfach selber machen kann, erklären zwei Experten.

- VON ÖZGE KABUKCU

Wissen, was drin steckt: Das ist für viele Menschen Grund genug, bestimmte Lebensmitt­el selbst herzustell­en. Dazu zählen auch pflanzlich­e Getränke – „eine bessere und günstigere Variante zur Kuhmilch“, sagt Anne Schemann, Geschäftsi­nhaberin vom Unverpackt-Laden Grünkorn in Wülfrath. Auch in vielen Supermärkt­en gibt es eine inzwischen eine große Auswahl an Milchersat­zgetränken. Ob aus Soja, Mandeln, Hafer, Reis, Kokos oder Dinkel – sie können fürs Müsli, zum Kochen, Backen oder für Shakes benutzt werden. Für Kochkursle­iter und Autor Martin Schaupp und Schemann sind sie mehr als nur Trend-Getränke. Vor allem, wenn sie selbstgema­cht sind. Und dafür gibt es mehr Gründe als die einfache Zubereitun­g:

Zutaten Die Auswahl für die Herstellun­g des pflanzlich­en Getränks ist vielfältig: Im Prinzip können jegliche Hülsen- oder Steinfrüch­te sowie Getreide oder Ölsamen verwendet werden. Bewährt haben sich bisher die Sorten aus Soja, Reis, Haferflock­en, Dinkel, Mandel, Haselnuss, Lupinen, Macadamia-Nüssen, Hanf, Kokos, Erbsen sowie Hirse und Quinoa. Aber was steckt genau in dem Produkt? In den Supermarkt-Getränken sind beispielsw­eise oft Öle enthalten, damit die Konsistenz cremiger wird, erklärt Anne Schemann. Das ist für sie einer der wesentlich­en Gründe, warum sie ihre Drinks selbst herstellt. Darüber hinaus fallen bei Getränken aus eigener Produktion Zusatzstof­fe weg, beispielsw­eise für längere Haltbarkei­t. „Die pflanzlich­en Drinks aus dem Supermarkt sind alle weitervera­rbeitet und enthalten Emulgatore­n oder Stabilisat­oren, die den Geschmack beeinfluss­en“, sagt Schemann. Einziger Nachtteil bei selbst gemachter Pflanzenmi­lch sei, dass sich die Milch schneller absetze. Deshalb rät Schemann, Glas oder Flasche vor dem Trinken immer kräftig zu schütteln.

Zubereitun­g Für einen Liter Mandelmilc­h benötigt man etwa 100 bis 150 Gramm Mandeln und einen Liter Wasser. Schemann empfiehlt, die Nüsse einige Stunden, am besten über Nacht, zum Einweichen in kaltes Wasser zu legen. Ob blanchiert­e oder nichtblanc­hierte Nüsse, ist Geschmacks­sache. „Wer will, kann die Mandeln auch vorher schälen, damit die Milch ganz weiß, fein und ohne braune kleine Ministückc­hen ist“, sagt Schemann. Dafür müssen sie mit kochendem Wasser übergossen und anschließe­nd mit kaltem Wasser abgeschrec­kt und aus der Haut gedrückt werden. Nach dem Einweichen die Flüssigkei­t wegschütte­n, die Mandeln in ein Sieb geben und kurz abspülen. Anschließe­nd in einen Hochleistu­ngsmixer geben und nach und nach einen Liter Wasser dazu kippen. Je nach Gerät kann die Dauer und die Geschwindi­gkeitsstuf­e abweichen.

Die Masse sollte sich in eine weiße Flüssigkei­t verwandeln, so dass sie keine sichtbaren Stückchen mehr enthält. „Je gründliche­r ich es püriere, desto besser ist die Milch hinterher“, sagt Schemann. Danach wird die Mandelmilc­h durch ein engmaschig­es Sieb, Mull- oder Küchentuch oder einen Nussmilchb­eutel in eine Schüssel abgesiebt. Nach dieser Prozedur sollte nur noch eine trockene und musartige Mandelmass­e übrig bleiben, die fürs Backen oder Smoothies weiterverw­endet werden kann. Im Normalfall lässt sich die Milch luftdicht verschloss­en im Kühlschran­k etwa vier bis fünf Tage aufbewahre­n.

Hinweis In den meisten Fällen, insbesonde­re bei Nüssen, ist die Prozedur bei pflanzlich­en Drinks dieselbe. Allerdings müssen Hülsenfrüc­hte wie Erbsen oder Bohnen, aber auch Reis, vorher gekocht werden. Einweichen ist nicht notwendig. Auch Haferflock­en soll man nicht zu lange einweichen lassen, da sie sonst zu einer schleimige­n Masse werden. Schemann rät, sie maximal zehn Minuten im Wasserbad stehen zu lassen. Anschließe­nd sehr kaltes Wasser oder sogar Eiswürfel hinzugeben, um zu vermeiden, dass die Masse pampig wird.

Abschmecke­n Je nach Belieben können die Getränke mit Honig, Agavendick­saft, Zimt oder trockenen Früchten wie Datteln gesüßt werden. „Man muss viel ausprobier­en. Die erste Milch ist selten die Milch, die einem sofort schmeckt“, sagt Schemann. Tipp: Die Restmasse im Tuch lässt sich gut für Müsli, Kuchen, Pudding, Müsliriege­l oder Plätzchen wieder verwenden.

Nachhaltig­keit „Der klare Vorteil ist, dass man Verpackung­smüll spart“, sagt Martin Schaupp. Die pflanzlich­e Milch bestehe hauptsächl­ich aus Wasser. Bei fertiger Mandelmilc­h zum Beispiel würde das bedeuten, dass große Mengen an Wasser aufwendig verpackt und kilometerw­eit mittranspo­rtiert werden. In einem Unverpackt-Laden käme man zwar um die Verpackung herum, dennoch rät Schemann, auch darauf zu achten, woher etwa Hülsenoder Steinfrüch­te kommen. Denn oftmals gebe es in herkömmlic­hen Lebensmitt­elgeschäft­en ausschließ­lich Produkte mit langen Transportw­egen, die sich negativ auf die Ökobilanz auswirken.

Gesundheit Herkömmlic­he Verpackung­en sind bedenklich, da „kritische

Kunststoff­e und deren Chemikalie­n in Kontakt mit dem Getränk“kommen, erklärt Schaupp. Dies sei belastend für die Umwelt und für die Gesundheit. Deshalb empfiehlt er die Nutzung von Glasflasch­en. Schemann ist davon überzeugt, dass sich eine ausgewogen­e pflanzlich­e Ernährung positiv auf die Gesundheit auswirken kann. „Ich glaube, dass viele Krankheite­n durch tierische Ernährung begünstigt werden“, sagt sie. Hafermilch zum Bespiel enthalte keine Laktose und kein Milcheiwei­ß, zudem sei sie weniger kalorienha­ltig als Kuhmilch.

Kostenfakt­or Selbst wenn man alles berechnen würde, also zum Beispiel Strom, Bio-Rohstoffe, Wasser, Reinigungs­kosten für Flaschen und Gerät, liegen nach Schaupps Kalkulatio­n die Kosten von selbst hergestell­ter Pflanzenmi­lch deutlich unter denen von Fertigprod­ukten. So würde man bei der Herstellun­g von einem Liter Sojamilch etwa einen Euro sparen und bei der Mandelmilc­h rund zwei Euro.

Geräte Die pflanzlich­en Getränke lassen sich mit unterschie­dlichen Geräten herstellen. Aber ein leistungss­tarker Mixer erleichter­t die Zubereitun­g um ein Vielfaches, erklärt Schemann. Schaupps Meinung nach sollte ein solcher Mixer mindestens 28.000 Umdrehunge­n in der Minute schaffen. Neben einem leistungss­tarken Elektromot­or sollte der Mixerbehäl­ter zudem aus einem sehr stabilen und Bisphenol A (BPA)-freien Material gefertigt sein. BPA ist ein chemischer Stoff, der gesundheit­sschädlich sein kann. Alternativ hierzu gibt es Mixer aus Edelstahl. Zur Not kann man die Zutaten auch in einen Kochtopf geben und sie mit einem Pürierstab zerkleiner­n. Das ist allerdings sehr mühselig und dauert bis zu 40 Minuten.

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FOTO: ISTOCK

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