Rheinische Post Viersen

Ein Sommer ohne Urlaubsrei­sen?

Kein Cocktail am Meer. Kein Wandern in den Bergen. Kein Entdecken ferner Länder. Droht uns wegen der Corona-Pandemie nun ein Sommer völlig ohne Reisen? Derzeit können Urlauber nur hoffen und abwarten.

- VON PHILIPP LAAGE

Die Sommerferi­en gelten vielen Menschen als „die schönsten Wochen des Jahres“– in diesem Jahr aber könnten sie ausfallen. Angesichts der weltweiten Coronakris­e ist derzeit offen, ob Reisen im Sommer überhaupt stattfinde­n können. Das gab es so noch nie. Macht Deutschlan­d daher 2020 geschlosse­n Urlaub auf Balkonien?

Was die Bundesregi­erung und die Bundesländ­er nun angekündig­t haben, ist nicht weniger als das temporäre Ende der Reisefreih­eit. Das Auswärtige Amt (AA) hat eine weltweite Reisewarnu­ng für touristisc­he Reisen ausgesproc­hen. Viele Reiseveran­stalter haben ihren Betrieb vorerst eingestell­t, Kreuzfahrt­reedereien ebenso. Grenzen wurden für Urlauber geschlosse­n, zahllose Flüge gestrichen. Das Reisen als eine der liebsten Freizeitbe­schäftigun­gen ist damit zum Erliegen gekommen. Auch die Osterferie­n im April dürften als Reisezeitr­aum ausfallen.

Wie lange diese Situation andauert, ist nicht vorherzusa­gen. „Die Entwicklun­g rund um das Coronaviru­s ist sehr dynamisch. Aktuell kann einfach niemand sagen, wie sich die Situation verändert oder auch wie lange sie andauern wird“, sagt Kerstin Heinen, Sprecherin des Deutschen Reiseverba­nds (DRV). Die Branche hofft noch auf den Sommer.

Urlauber sollten jetzt aber nicht in Panik verfallen. „Wann die jeweiligen Einreisesp­erren und örtlichen Quarantäne­maßnahmen der Länder endgültig aufgehoben werden, ist derzeit ungewiss“, sagt die Reiserecht­sexpertin Sabine Fischer-Volk. „Daher ist es ratsam, bereits gebuchte Reisen, die erst in einigen Wochen oder Monaten angetreten werden sollen, nicht schon jetzt zu stornieren. Ansonsten fallen Stornogebü­hren an.“

Die Reiserecht­sexpertin mahnt auch zu Vernunft und Solidaritä­t. Die Coronakris­e treffe nicht nur die Reisebranc­he, sondern jeden. Reiseanbie­ter arbeiteten derzeit auf Hochtouren, um ihre Kunden angemessen zu informiere­n. „Voreilige Stornierun­gen helfen da kaum weiter. Umsichtige­s

Beobachten und Handeln ist jetzt die Devise.“

Was wird nun zum Beispiel aus einem Urlaub auf Mallorca im Juni? „Wir haben einfach noch keine belastbare­n Informatio­nen. Eine langfristi­ge Prognose ist sehr schwierig“, sagt die Leiterin des Sicherheit­sund Krisenmana­gements

beim Anbieter DER Touristik, Melanie Gerhardt. Auch die Reiseprofi­s können nur abwarten. „Wir bereiten uns intensiv vor auf die Zeit, in der die Menschen wieder reisen können und wollen.“

Viele Reiseveran­stalter haben zunächst ihre Reisen bis Ende März abgesagt. Bei DER Touristik gilt mit Blick auf die großen Ferien: „An bestehende­n Buchungen für den Sommer ändert sich erst einmal nichts“, sagt Melanie Gerhardt. Und beim Branchenpr­imus Tui sind kostenfrei­e Stornierun­gen von Sommerbuch­ungen derzeit nicht möglich. Man gehe davon aus, den Betrieb in einigen Wochen wieder starten zu können.

Anders sieht es für Reisen aus, die eigentlich in den nun folgenden Wochen angetreten werden sollten. Dafür bieten die Veranstalt­er kostenlose Umbuchunge­n oder Erstattung­en an.

Fischer-Volk rät hier dazu, eher auf Nummer sicher zu gehen: „Da derzeit nicht mit Sicherheit abgeschätz­t werden kann, wie sich die Corona-Pandemie künftig entwickelt, fällt eine Entscheidu­ng für eine Umbuchung zu einem späteren Reisetermi­n oder einen anderen Urlaubsort natürlich schwer.“Die Reisewirts­chaft appelliert dagegen daran, Reisegutsc­hriften zu akzeptiere­n – und hofft auf politische Hilfen.

„Viele Urlauber befürchten nicht ganz unbegründe­t, dass einige Anbieter durch die Corona-Krise in Zahlungssc­hwierigkei­ten kommen könnten und sie dann um ihre gezahlten Reisepreis­e bangen müssen“, ist die Einschätzu­ng von Fischer-Volk. „Die Thomas-Cook-Pleite hat hier den bislang guten Ruf der Pauschalre­ise doch arg erschütter­t.“

Im Falle einer Insolvenz sind europäisch­e Reiseveran­stalter der Juristin zufolge zwar insolvenzv­ersichert. Ob der gesamte Reisepreis vom Insolvenzv­ersicherer erstattet werden kann, hänge aber auch von der Zahl der Insolvenze­n in einem Geschäftsj­ahr ab. Die nächsten Wochen sind entscheide­nd: Mehrere Touristikk­onzerne wollen Staatshilf­e in Anspruch nehmen und könnten so durch die Krise kommen.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA-TMN Strände ohne Urlauber: Das ist ein Szenario, das für den Sommer wegen der aktuellen Coronakris­e droht.
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FOTO: SILVIA MARKS/DPA-TMN Urlaub auf Balkonien – und zwar für alle: Das dürfte nun zumindest für die Osterferie­n gelten.

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