Höhere Gewalt mit Folgen
Das derzeit alles bestimmende Coronavirus erfasst auch die Bauwirtschaft. Direkte Beeinträchtigungen sind überall sichtbar und massiv. Vertraglich vereinbarte Leistungen und Lieferungen sind gefährdet, weil kein ausreichendes Personal verfügbar ist, Baumaterial oder Geräte nicht geliefert werden oder angebotene Leistungen einfach nicht angenommen werden können. Seit die Weltgesundheitsorganisation die Corona-Krise als Pandemie eingeordnet hat, dürfte hier wohl eindeutig ein Fall höherer Gewalt vorliegen. Darunter verstehen die Gerichte ein Ereignis, welches keiner der Vertragsparteien zuzuordnen ist, sondern von außen auf die Lebensverhältnisse der Allgemeinheit oder einer unbestimmten Vielzahl von Personen einwirkt und objektiv unvorhersehbar ist. Damit stößt der alte römische Rechtssatz, wonach Verträge einzuhalten sind, an seine Grenzen. Die Rechtsfolgen höherer Gewalt hängen vom Einzelfall ab. Explizite Vereinbarungen, sogenannte „Force-Majeure-Klauseln“, sind indes bei kleineren Bauvolumina eher die Ausnahme. Gesetzlich geregelt ist primär, wie sich der Bauablauf ändert, vor allem die Fristen und Termine. Beachtlich ist, dass selbst das geringste Verschulden höhere Gewalt ausschließt. Ist die Vertragsgrundlage unzumutbar und dauerhaft zerrüttet oder die Bauleistung gar unmöglich, dann wird der Vertrag angepasst, notfalls aufgehoben werden müssen.
Abseits rechtlicher Erwägung gilt indes: Augenmaß ist derzeit das Gebot der Stunde.
Gerhard Fries Der Autor ist Partner der Sozietät Krömer | Steger | Westhoff, Düsseldorf.