Anlageexperten warnen vor Panik
Die Corona-Krise hat bereits schwere Verwüstungen in den Depots der Anleger angerichtet. Wie schlimm sind sie wirklich, und was sollte man jetzt tun? Expertentipps für die aktuelle Lage.
In dieser Woche brach der Dax fast auf 8000 Punkte ein – vom Allzeit-Höchststand bei fast 14.000 Punkten. Dass der deutsche Leit-Aktienindex nochmal auf dieses Niveau fällt, hätten sich wohl die größten Schwarzmaler unter den Pessimisten kaum vorstellen können. Investoren erleben gerade eine Multi-Krise, denn auch Gold und andere Rohstoffe wie Öl sind gefallen. Die Immobilienmärkte erwischt es ebenfalls. Was geht da vor? Und wie können sich Anleger jetzt wappnen? Drängende Fragen, denen sich natürlich viele Finanzexperten jetzt stellen.
Zumindest an den Börsen kommt der Absturz für manche Beobachter nicht ganz unerwartet. Das Virus sei „ein Auslöser, ein Katalysator, für eine lange fällige Korrektur“, meint zum Beispiel Uwe Zimmer von der Hennefer Vermögensverwaltung Fundamental Capital. Doch jetzt kam auch noch Panik dazu, was viele ebenfalls nicht überraschte: „Menschen neigen dazu, in einer Gefahr zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen. Das gilt auch für unser Geld“, sagt Wolfgang Juds von der Credo Vermögensmanagement-Gesellschaft.
Nach einem derartigen Kurssturz zu verkaufen, sei indes wenig sinnvoll. „Insbesondere wenn vieles so unklar ist wie derzeit. Niemand kann die wirtschaftlichen Auswirkungen seriös abschätzen. Positive Faktoren werden komplett ausgeblendet.“Auch Thomas Buckard von der Wuppertaler MPF AG warnt vor Panik: „Panische Verkäufe sind neben blinden Euphorie-Käufen die schwersten Anlegerfehler.“
Noch befinden sich Wirtschaft und Gesellschaft weltweit erst am Anfang der Krise. Es könnte also auch an den Börsen noch weiter bergab gehen. Das Münchner ifo Institut geht davon aus, dass die Bekämpfung des Coronavirus Deutschland in die Rezession stürzt. Die Szenarien der Marktbeobachter für die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr reichen von minus 1,5 bis minus sechs Prozent.
Also jetzt doch aus Aktien aus- und später wieder einsteigen? Das wäre Taktik, nicht Panik. Doch von diesem so genannten Market Timing halten viele Anlagespezialisten nichts. Die Gefahr besteht, dass Anleger eine schnelle Erholung verpassen oder andererseits zu früh einsteigen. Nach der Finanzkrise 2008/2009 etwa dauerte es nur 15 Monate, bis sich die Märkte erholt hatten – 2001 indes fast drei Jahre. Gerald Schulze, Vermögensverwalter bei I.C.M. Independent Capital Management in
Mannheim, empfiehlt daher jetzt einen langen Atem. Anleger müssten investiert bleiben. „Es sollte darum gehen, die Füße stillzuhalten und nicht auf jede Marktveränderungen zu reagieren.“Das belege auch eine Studie von J.P. Morgan Asset Management. „Wer nur zehn der besten Einzeltage an den Börsen in einem Zeitraum von 20 Jahren verpasst, halbiert in der Regel seine Gewinne in dieser Zeit. Und wer 30 der besten Handelstage verpasst, verliert laut den Erhebungen
seine Rendite vollständig.“„Auf keinen Fall würde ich jetzt ins fallende Messer greifen und kaufen“, meint sein Rolf Ehlhardt, ebenfalls I.C.M. Mannheim. Man könne allerdings durchaus handeln: „Wer derzeit in hohem Maße in den Aktienmärkten investiert, sollte durch erste Verkäufe bei Erholungen seine Liquidität erhöhen.“
In Zeiten wie diesen denken viele Anleger an eine Absicherung ihres Vermögens mit Gold. In einem gut diversifizierten Portfolio haben Rohstoffe sicher ihren Platz. Uwe Zimmer von der Hennefer Fundamental Capital warnt indes vor zu hohen Erwartungen: „Gold ist kein Krisenschutz. Es ist einfach nur eine Assetklasse, die mal funktioniert und mal eben nicht.“
Gibt es denn Signale dafür, dass der Börsensturz zum Ende gekommen ist? Wann findet der Markt einen Boden? Dr. Bernd Meyer, Chefstratege Wealth and Asset Management bei Berenberg, nennt dafür vier Kriterien, die er die „4 P“nennt: Positionierung, Profitabilität, Politikunterstützung und Panik. „Die Positionierung in Risikoanlagen ist nun bei vielen Anlegergruppen gering. Politikunterstützung kommt Schritt für Schritt von Zentralbanken und Regierungen.“Panik sei spätestens nach dem vorletzten Donnerstag auch da. „Was die Profitabilität anbelangt, so sind die Analysten noch zu optimistisch. Der Markt preist jedoch bereits eine milde Rezession. Wir dürften uns langsam dem Boden nähern.“
Wie auch immer – es bleibt spannend. Das hält viele Experten aber nicht davon ab, schon jetzt an die Zeit danach zu denken. Welche Aktien, Unternehmen und Branchen könnten sich künftig besonders gut entwickeln? Experten räumen Aktien aus dem Gesundheitswesen langfristig gute Wachstums- und Renditechancen ein.
Da in Stresszeiten wie diesen der Markt keinen Unterschied zwischen guten und weniger guten Titeln machte und alle abstrafte, sieht Thomas Seppi von der Frankfurter FPM AG gute Chancen bei werthaltigen Papieren: „Für unseren Value-Stil ist die Aussicht sehr gut. In der Historie gab es im Anschluss immer signifikante Wertaufholungen.“
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