Schwarze Magie mit Sigmund Freud
Die neue Netflix-Serie ist kein braves Biopic, sondern nutzt allerhand Horror-Effekte.
DÜSSELDORF Denkt man an Sigmund Freud, hat man wohl einen älteren Herrn mit grauem Vollbart und Halbglatze vor Augen. Mit diesem Bild räumt die deutsch-österreichische Netflix-Serie „Freud“indes gründlich auf. Denn darin geht es um den jungen Freud (Robert Finster), der in den ersten Serienminuten die Taschenuhr vor dem Gesicht einer Frau pendeln lässt. Die Patientin hat die Stimme verloren, nachdem ihr Töchterchen von einer Kutsche überrollt wurde und soll nun unter Hypnose geheilt werden. Sie durchlebt die traumatische Szene erneut und als sich das Kind in der Erinnerung losreißt, entfährt ihr ein lauter Schrei. „Ausgezeichnet“, sagt der Arzt, „das ist doch schon sehr glaubwürdig“. Die Dame ist seine Haushälterin; Freud übt mit ihr eine fingierte Hypnosebehandlung, mit der er Chef und Kollegen in der Nervenheilanstalt von seiner
„therapeutischen Revolution“überzeugen will. „Wollen Sie auch etwas Kokain?“fragt er Leonore (Brigitte Kren) und schon ist klar, dass Regisseur Marvin Kren mit seiner Serie kein braves Biopic über den Begründer der Psychoanalyse im Sinn hat.
Kren hat mit der Netflix-Produktion „4 Blocks“, aber auch mit den filmischen Horrorgemälden „Rammbock“(2010) und „Blutgletscher“(2013) auf sich aufmerksam gemacht. In „Freud“verbindet er jetzt die biografische Aura seiner Titelfigur
mit Elementen aus dem Crime-, Mystery- und Horrorgenre.
Das mag auf den ersten Blick obskur erscheinen, ergibt aber durchaus Sinn. Denn gerade diese Genres verdanken ihre größten Erfolge den Freud‘schen Erkenntnissen. Die Filme von Hitchcock, Lynch, Ferrara oder Cronenberg wären ohne die Psychoanalyse nicht denkbar.
Kren hat seine Erzählung als wilden, halluzinogenen Rausch aus finsteren Träumen, verdrängten Erinnerungen, perversen Verbrechen und schwarzer Magie angelegt. Das entwickelt Sog, doch mit Episode 5 „Trieb“gehen ihm die Pferde durch. Da wird’s zu viel mit dunklen Mächten, animalische Sexszenen und Blutorgien. Von dieser Überdosis Genre erholt sich „Freud“kaum noch.
„Freud“ab 23. März beim Streamingdienst Netflix. Erste Staffel hat acht Folgen. Regie: Marvin Kren; mit: Robert Finster, Georg Friedrich, ab 16