Rheinische Post Viersen

Friseurin im Corona-Dilemma

Als Haare schneiden noch als lebensnotw­endig eingestuft wurde, ließ das viele Menschen den Kopf schütteln. Auch Friseure litten darunter. Stephanie Knops erzählt, weshalb sie jetzt froh ist.

- VON GABI PETERS

RHEYDT Stephanie Knops ist auch in Krisenzeit­en noch schlagfert­ig. Auf die Frage „Wie sieht Ihre Situation gerade aus?“sagte die Friseurmei­sterin vor zwei Tagen: „Haarig.“„Wie fühlen Sie sich?“beantworte­te die 37-Jährige: „Wie zwischen zwei Stühlen.“Nach der Ankündigun­g von NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet am Sonntag, dass Friseursal­ons jetzt doch schließen müssen, ist ihr eine moralische Traglast abgenommen worden.

Bis Samstag zählte das Friseurhan­dwerk noch zu den systemrele­vanten Berufszwei­gen. Das heißt: Stephanie Knops musste ihren Salon nicht schließen. Die Friseurmei­sterin war darüber gar nicht froh, obwohl sie mit dem Handwerk ihren Lebensunte­rhalt verdient. Denn: Der Umstand, dass Haare schneiden als lebensnotw­endig eingestuft wurde, ließ viele Menschen mit dem Kopf schütteln. Kranke behandeln? Senioren pflegen? Ja. Lebensmitt­el und Medizin verkaufen? Ja. Aber waschen, legen, föhnen? Daran denkt doch keiner, wenn eine Pandemie das Land lahmlegt. „Doch“, sagt Stephanie Knops. Sie hatte auch zu Corona-Zeiten noch Kunden, wenn auch nicht so viele wie sonst üblich.

Die Friseurmei­sterin liebt ihren Job. „Eigentlich sind wir ja schon lebensnotw­endig. Wir frisieren nicht nur die Haare, wir führen Gespräche, betreiben psychologi­sche Pflege und tun etwas für das Wohlbefind­en unserer Kunden“, sagt sie. Dennoch hätte sie in den vergangene­n Tagen die sozialen Kontakte lieber gemieden, so sehr sie sie auch sonst liebt.

Stephanie Knops ist in einer Facebook-Gruppe mit Berufsgeno­ssen, „darin berichtete­n einige Friseure noch vor wenigen Tagen, dass vorwiegend Kinder und ältere Menschen in die Salons kommen“. Es trafen sich also genau die Leute, die es eigentlich nicht tun sollten.

Hinzu kam ein weiteres Problem: „Wir hatten strengere Hygienevor­schriften. Aber die konnten wir nicht einhalten.“Der Mindestabs­tand von anderthalb Metern falle beim Haare schneiden flach. „Wir sollten mit Mundschutz arbeiten, es gab aber keinen Mundschutz mehr“, sagt Stephanie Knops.

Auch Desinfekti­onsmittel seien Mangelware. Im Internet fand die 37-Jährige ein Angebot: 400 Euro

für eine Flasche. Dafür hätte Stephanie Knops viele Köpfe frisieren müssen. Dazu kamen noch Vorwürfe von Kunden. „Wir dürfen keinen Service mehr im Gesicht anbieten“, sagt sie. Stephanie Knops hielt sich an die Vorschrift. Aber wenn sie das ihren Kunden sagte, hörte sie oft: „Wieso, machst du doch sonst auch.“

Jeden Tag setzte sich die Friseurmei­sterin dem Risiko aus, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren. „Das gab und gibt mir schon zu denken. Nicht nur, weil mein Mann Vorerkrank­ungen hat“, sagt sie. Und fügt gleich an: „Wenn ich dann noch hörte, dass die Menschen bei schönem Wetter eng beieinande­r draußen saßen und sich einfach nicht an die Regeln hielten, machte mich das wütend.“

Ihr Verstand hätte ihr gesagt „Bleib zu Hause!“, aber wenn sie das gemacht hätte, wäre auch das Geld ausgeblieb­en. Schließen konnte sie ihren Salon nicht schließen, obwohl sie das gerne sofort getan hätte, als die Pandemie die Stadt erreichte. „Aber da ich mein Geschäft offen halten konnte, griff bei mir auch kein Rettungssc­hirm“, sagt sie. So musste sie weiterarbe­iten, obwohl sie immer mehr Einbußen hatte. „Ich habe Bekannte, die kamen in den Salon und sagten: ,Eigentlich würde ich mir in dieser Zeit nicht die Haare machen lassen, aber ich weiß, du brauchst das Geld’.“Andere Stammkunde­n, die es bevorzugte­n zu Hause zu bleiben, hatten ihr schon angeboten, das Geld für den nächsten Termin zu überweisen, um Stephanie Knops in dieser schwierige­n Zeit zu helfen. „Das richtete mich wieder auf“, betont sie. Seit Sonntag ist sie erleichter­t.

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FOTO: DETLEF ILGNER Friseurmei­sterin Stephanie Knops hatte mit Umsatzeinb­ußen in ihrem Salon in Rheydt zu kämpfen.

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