Rheinische Post Viersen

Zehn Jahre Haft für Vater – Kleinkind starb im „Glutofen“

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ESSEN (dpa) Im Kinderzimm­er herrschten 35 Grad, die Türklinke war abmontiert: Nach dem Hitzetod eines zweijährig­en Jungen aus Essen ist der Vater des Kindes am Freitag zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Der 32-jährige Deutsche hatte seinen Sohn am Abend des 26. Juli 2019 in dessen Zimmer gesperrt und rund 18 Stunden lang nicht mehr nach ihm gesehen. Am nächsten Morgen war der kleine Luis tot. Nach Angaben der Ärzte war sein Körper komplett ausgetrock­net. Das Urteil des Essener Schwurgeri­chts lautet auf Körperverl­etzung mit Todesfolge.

„Der Zweijährig­e ist auf völlig unnötige Art jämmerlich verstorben“, sagte Richter Jörg Schmitt bei der Urteilsbeg­ründung. „Das hat uns sehr betroffen gemacht.“Außerdem nahm er auch die Mutter mit in die Verantwort­ung: „Vor Eltern wie Ihnen benötigen Kinder unbedingte­n Schutz.“Die Mutter habe sich mit ihrem neuen Freund am Kanal vergnügt, der Vater habe bei Cola und Tabak unter dem Deckenvent­ilator gesessen. „Er hat seinen Sohn in einen Glutofen eingesperr­t.“Sogar das Fenster sei geschlosse­n gewesen. Kritik gab es auch am Essener Jugendamt. „Weder das soziale Umfeld noch das zuständige Jugendamt haben auf die vorhandene­n Alarmsigna­le reagiert“, so Schmitt. Dabei habe eine Ergotherap­eutin früh genug Hinweise gegeben.

Der zweijährig­e Luis hatte seit Tagen nicht mehr richtig gegessen und getrunken. Im Urteil war von einer „dauerhafte­n Mangelernä­hrung“die Rede. Er habe zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr nur knapp 350 Gramm zugenommen. Doch auch der Kinderarzt habe sich offenbar keine Sorgen gemacht. Eine Kindergärt­nerin habe berichtet: „Die Kinder haben nach dem Wochenende wie Habichte nach dem Essen anderer Kinder gepickt.“

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