Nicht statthaft
Corona-Schuldzuweisungen
Ich erlaube mir eine kurze Rückmeldung aus Sicht eines Mitglieds der umliegend (in meinem Fall in Niederkrüchten) niedergelassenen allgemeinmedizinischen Ärzteschaft, die tagtäglich außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung subjektiv erfolgreich in dieser Krise agiert und praktiziert. Angesichts lückenhafter persönlicher Schutzausrüstung und schwindender Vorräte an (für den professionellen Bereich zugelassenen) Händedesinfektionsmittel muss der übrige Praxisbetrieb natürlich auch für Patienten ohne COVID-19-Verdacht so organisiert werden, dass für Patienten und Personal einer Arztpraxis die beiderseitige virale Angriffsfläche durch körperlichen Kontakt auf ein vernünftiges Maß reduziert wird. Denn Blinddarmentzündungen etwa oder bakterielle Lungenentzündungen, psychische Erkrankungen, Rückenschmerzen und vieles mehr pausieren leider nicht, weil die Menschheit global unter diesem neuen Erreger ächzt. Improvisationstalent ist angesagt, jeweils im Rahmen der vorgegebenen baulichen und personellen Gegebenheiten.
Einseitige unberechtigte Schuldzuweisungen sind einfach dahingesagt, aber schwierig, wieder aus der Welt zu schaffen, daher einfach nicht statthaft. Schutzausrüstung befand sich auch vor 2020 bereits im Angebot der Praxisbedarf-Lieferanten, man hätte sie erwerben können. Dass man mit einer solchen Katastrophenlage nicht gerechnet hat und deswegen die Vorratsräume nicht voller FFP-3-Masken, Schutzkittel, Faceshields und Mund-Nasen-Schutz liegen hat – dafür kann man jetzt nicht die Behörden anklagen.
Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ressourcen (namentlich den Abstrichröhrchen, der Schutzausrüstung) ist in diesen Zeiten angesagt – sagen uns die Experten vom Robert-Koch-Institut und der Gesundheitsämter. Das Gegenteil sagt der Bundesgesundheitsminister in die Fernsehkameras und vermittelt der – zumindest angekündigte – tägliche Abstrich für Frau Merkel (der medizinisch nicht gerechtfertigt ist, auch wenn sie die zweit-„wichtigste“Person im Staat ist).
Trotz der vielen beklagenswerten Todesopfer in aller Welt: Es ist bemerkenswert, dass das global verteilte Virus nicht Ebola heißt. Wir haben hier die Chance auf Eindämmung und Zeitgewinn durch striktes Abstandhalten/Kontaktvermeiden. Diese schlimme Seuche benutzt man nicht als Bühne für eine Selbstdarstellung. Die wahren Helden lassen sich nicht bei ihrer erlernten Tätigkeit öffentlichkeitswirksam beklatschen und werden auch nicht durch das Verfassen von Leserbriefen gemacht. Sie handeln einfach solidarisch und humanitär im Verborgenen – jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten.
Dr. med. Stefan Wolf, Niederkrüchten