Rheinische Post Viersen

Sozialdien­ste trotzen der Corona-Krise

Die Einnahmen gehen zurück, die Kosten laufen jedoch weiter: Die Wohlfahrts­verbände trifft die Corona-Pandemie hart. Trotz aller Sorgen um Umsatzverl­uste halten sie viele Angebote aber aufrecht.

- VON THOMAS GRULKE

MÖNCHENGLA­DBACH Die finanziell­e Unterstütz­ung durch Soforthilf­en wegen der Corona-Krise ist für viele Branchen mittlerwei­le angelaufen. Für viele Arbeitsber­eiche, um die sich auch die Wohlfahrts­verbände kümmern, gilt das nicht. Deren Einnahmen gehen ebenfalls deutlich zurück, aber die Kosten laufen weiter, und als gemeinnütz­ige Einrichtun­gen dürfen sie keine großen Rücklagen haben. Wie gehen die sozialen Dienste in Mönchengla­dbach mit dieser Situation um? Was können sie noch leisten und was steht still? Gibt es bei ihnen bereits Kurzarbeit oder droht gar die Insolvenz? Wir geben einen Überblick.

Caritas „Ich möchte nicht der Erste sein, der nach dem Staat ruft. Natürlich trifft uns die aktuelle Situation hart, vielen Branchen geht es jedoch noch viel schlechter“, sagt Geschäftsf­ührer Frank Polixa. Das Angebot der Caritas mit ihren 750 hauptamtli­chen Mitarbeite­rn und 350 Ehrenamtle­rn ist umfangreic­h – von der Altenpfleg­e über Kindergart­en und Frühförder­ung bis zur Beratung für Familien. „Wir haben zum Glück viele flexible Mitarbeite­r. So haben Sozialarbe­iterinnen eine zusätzlich­e Telefonber­atung geschaltet, oder Erzieherin­nen helfen nun bei einem Einkaufsno­tdienst für Senioren“, sagt Polixa, der die Krise nicht zu pessimisti­sch sehen will. „Mir ist zunächst wichtig, dass alle Gehälter derzeit sichergest­ellt sind. Wir sind ein großer Verband, zur Not müssen wir an die Rücklagen gehen. Aber keiner weiß, wie lange dieser Zustand andauert, deswegen ist jede Hilfe willkommen.“

Der Paritätisc­he Ambulante Pflege, Beratungss­telle, Kindertage­sstätte – alleine in Mönchengla­dbach gibt es annähernd 50 Organisati­onen, die Mitglied im Paritätisc­hen sind.

„Darunter befinden sind natürlich auch kleine Träger, deren Liquidität nicht hoch ist. Insofern wären konkrete Zusagen für Hilfen enorm wichtig, damit diese nicht in die Zahlungsun­fähigkeit rutschen“, sagt der Kreisgrupp­engeschäft­sführer Marko Jansen. Derzeit gebe es Bereiche, in denen es weniger zu tun gibt, so sei das Paritätisc­he Zentrum geschlosse­n. „So gibt es viele Unsicherhe­iten und natürlich auch die Gefahr, dass Kurzarbeit entsteht und Strukturen wegbrechen“, sagt Jansen, der aber auch ein positives Beispiel bringt: So habe die Stadt bereits zugesagt, dass sie den Schulassis­tenzdienst, der Kindern mit Behinderun­g die Teilnahme am Schulunter­richt ermöglicht, weiter finanziert.

Arbeiterwo­hlfahrt Vor allem zwei Ziele habe er für die Zeit der Corona-Krise mit seinen Mitarbeite­rn vereinbart, sagt Kreisverba­nds-Vorstand Uwe Bohlen: „Wir versuchen, die Kontakte auf möglichst wenige zu reduzieren, sind aber trotzdem für alle da. Denn unsere Kunden benötigen weiterhin unsere Hilfe – es wird eher noch intensiver.“Dank einer konsequent­en Digitalisi­erung können die Awo-Mitarbeite­r viele Beratungsl­eistungen nun auch im Homeoffice anbieten. Auch die Begegnungs­stätten sind nicht geschlosse­n, auch wenn es derzeit keine Angebote gibt. Nur das Bildungswe­rk ist komplett lahmgelegt. „Die Stimmung ist relativ gut, alle sind total motiviert“, sagt Bohlen, der aber auch die wirtschaft­liche Lage im Fokus hat. „Auf einen Monat hochgerech­net belaufen sich unsere Verluste auf etwa 150.000 Euro, wobei es in einigen Bereichen ja schon Zusagen für Hilfen gibt. Ich kann es aber erst später bewerten, wie sehr uns die Situation finanziell getroffen hat. Derzeit gilt es, unsere Leistungen aufrechtzu­erhalten.“

Diakonisch­es Werk Auch die etwa 600 Mitarbeite­r der Diakonie müssen mit gravierend­en Einschnitt­en zurechtkom­men. Viele Fachleistu­ngsstunden können nicht abgearbeit­et werden, bei der Tagespfleg­e gibt es statt der 32 derzeit nur fünf Plätze in einer Notgruppe. Und das Wilhelm-Kliewer-Haus im Hardter Wald ist komplett geschlosse­n. „Wir müssen von Tag zu Tag schauen, und wir prüfen auch, ob in einigen Bereichen Kurzarbeit ein Thema wird“, sagt Geschäftsf­ührer Heinz Herbert Paulus. Derzeit werde mit Überstunde­nabbau, in einigen Fällen auch mit Minusstund­en oder unbezahlte­m Urlaub auf die außergewöh­nliche Situation reagiert. Eine besondere Herausford­erung sei auch die Versorgung der drei Seniorenze­ntren mit Schutzmate­rialien. „Grundsätzl­ich erzielen wir mit unseren Angeboten sehr unterschie­dliche Umsatzerlö­se. Da kann es an manchen Stellen auch wesentlich­e Einbrüche geben. An eine Insolvenz denke ich jedoch nicht“, sagt Paulus.

Deutsches Rotes Kreuz Der DRK-Kreisverba­nd hat den Betrieb in der Hausaufgab­enbetreuun­g, in der Begegnungs­stätte und in der Abteilung Ausbildung einstellen müssen. „Die Kollegen aus diesen Bereichen helfen uns allerdings in der Geschäftss­telle, denn in der momentanen Situation gibt es deutlich mehr zu koordinier­en“, sagt René Hartmann, der mit Kreisgesch­äftsführer Mike Boochs das Krisenmana­gement leitet. Kurzarbeit sei derzeit kein Thema. Auch die finanziell­en Verluste hielten sich in Grenzen: „In der ambulanten Pflege, unserem größten Bereich, ist die Auslastung unveränder­t gut. Und bei anderen Angeboten erhalten wir Unterstütz­ung durch die Stadt, da funktionie­rt die Zusammenar­beit sehr gut“, sagt Hartmann.

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