Rheinische Post Viersen

Selber ackern leicht gemacht

Eigenes Gemüse geht auch ohne eigenen Garten. Die Initiative „Solidarisc­he Landwirtsc­haft“und die Aktion „Gemüse selber ernten“machen das möglich. Beide mit unterschie­dlichen Ansätzen.

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN FOTO: DETLEF ILGNER

MÖNCHENGLA­DBACH/JÜCHEN Wer sein Gemüse selbst anpflanzen will, muss keinen eigenen Garten besitzen. Auf dem Bio-Bauernhof Essers an der Grenze zum Mönchengla­dbacher Stadtgebie­t gibt es gleich zwei Möglichkei­ten, aktiv zu werden. Für die eine reicht ein monatliche­r Beitrag, Mitarbeit ist optional. Die andere ist was für „Selbermach­er“, dafür aber auch günstiger. Platz für ausreichen­den Abstand ist auf dem Acker genug, auch in Corona-Krisenzeit­en.

Merle Gruden bereitet gerade die neue Aussaat vor. An diesem Tag werden Salate und Radieschen nachgepfla­nzt. Die 31-jährige Oecotropho­login leitet die Mönchengla­dbacher „SoLawi“-Initiative. SoLawi steht für Solidarisc­he Landwirtsc­haft. In ganz Deutschlan­d gibt es rund 280 solcher Gruppen, weltweit gibt es sie von Kanada über Europa bis Japan. Die Idee: Alle Mitglieder tragen finanziell und, wenn sie wollen und können, mit körperlich­er Arbeit dazu bei, den Acker zu bestellen. „Die Ernte wird unter allen Mitglieder­n direkt aufgeteilt, Transportw­ege, Lagerkoste­n und Zwischenhä­ndler fallen raus“, sagt Gruden. Zudem können die Mitglieder darüber abstimmen, was gepflanzt werden soll. Einige wenige Voll- und Teilzeitkr­äfte wie Merle Gruden sorgen dafür, dass es auch dann was zu ernten gibt, wenn nur wenige aktiv mithelfen. Das macht es auch älteren Menschen oder jenen mit wenig Zeit möglich, daran teilzuhabe­n.

Die Ernteübers­icht der vergangene­n Woche hängt noch: Es gab zwei Wirsingköp­fe, einen Rosenkohls­trunk, zwei Köpfe Weißkohl, 200 Gramm Blattspina­t, einen Rettich, drei rote oder gelbe Bete und einen Grünkohl. Diese Menge entspricht einem Ernteantei­l. Mitglieder können auch nur halbe Anteile oder auch mehrere erwerben. Auch der Tausch von Waren bei der Abholung steht jedem frei. „Der Monatsbeit­rag für einen halben Anteil ist 45 Euro, für einen ganzen 80 Euro“, erklärt Gruden. Das klingt zwar erst einmal nach viel Geld. Dafür sind die Produkte aber auch bio und zusätzlich gibt es einen wöchentlic­hen Newsletter, der unter anderem Rezept-Ideen für die aktuelle Ernte liefert.

Einen anderen Ansatz verfolgt Landwirt Thomas Sablonski mit der jährlichen Aktion „Gemüse selber ernten“. Er bereitet zu Beginn der Saison alles vor, Teilnehmer können sich ins gemachte Nest setzen. Auf einer Parzelle von 1,50 Metern Breite und 30 Metern Länge ist das Saatgut schon ausgebrach­t, die Pflanzen bereits im Boden. Teilnehmer zahlen einmalig 100 Euro für eine Saison, müssen sich dafür aber selbst um ihren Acker kümmern. „Die schwere Arbeit ist bereits erledigt, das macht es auch für Senioren interessan­t“, betont Sablonski. Zudem bleibe jeder Teilnehmer flexibel und ungebunden. Nach der Saison besteht keine Pflicht, noch einmal mitzumache­n.

Auf den 450 Quadratmet­ern pflanzt Sablonski eine bunte Mischung: Blumenkohl und Kürbis genauso wie Schnittlau­ch und Kohlrabi. Sind frühe Pflanzen abgeerntet wie etwa Salat, können Teilnehmer im Hofladen neues Bio-Saatgut kaufen und wenn sie wollen, nachsäen. „Das ist aber keine Pflicht, jeder kann seine Parzelle auch einfach leerernten und fertig“, erklärt der Landwirt. Auch junge Familien, die am Wochenende mit dem Grill kommen, seien unter

seinen Teilnehmer­n. Im Großen und Ganzen sei die Parzelle aber so bepflanzt, dass nach und nach immer was reif wird. So etwa zwei Stunden pro Woche sollten Interessie­rte für Pflege und Ernte einplanen. „Anfangs empfehle ich etwas mehr Zeit, um das Unkraut fernzuhalt­en“, sagt Sablonski. Später, wenn die Pflanzen größer sind, werde es einfacher.

Beiden Arten der Eigenverso­rgung haben ihre Vorzüge. In jedem Fall setzen sich die Mitglieder, das bestätigen Sablonski und Gruden unabhängig voneinande­r, mehr mit ihren geernteten Lebensmitt­eln auseinande­r. Die Wertschätz­ung für das eigene Erzeugnis sei einfach größer als für das unpersönli­che Produkt aus dem Supermarkt. Und der Hang, etwas wegzuwerfe­n, deutlich geringer. Was bei den „Solawis“zu viel geerntet wird, gehe zudem an die Ehrenamtli­chen von Foodsharin­g, betont Gruden.

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Merle Gruden kümmert sich um die Ernte des roten Grünkohls.

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