Rheinische Post Viersen

Die Narrenmühl­e wird abgebaut

Zwei Mitarbeite­r eines niederländ­ischen Mühlenbaub­etriebs fingen am Dienstag damit an, die Flügel des Wahrzeiche­ns abzubauen. Wann das Mühlenhaus zerlegt und in den Niederland­en restaurier­t wird, steht noch nicht fest.

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Etwa zwei Stunden dauert es, bis der erste Mühlenflüg­el in seine Einzelteil­e zerlegt ist – nur die rund acht Meter lange Stahlrute, an der die Holzstrebe­n befestigt waren, bleibt übrig. Auch den zweiten Flügel der Narrenmühl­e, die als Wahrzeiche­n Viersen-Dülkens gilt, demontiere­n die beiden Mitarbeite­r des niederländ­ischen Mühlenbaub­etriebs Beijk am Dienstag in rund zehn Meter Höhe. Einer der Handwerker klettert währenddes­sen auf dem Flügel herum, der andere unterstütz­t ihn von einem Stahlkorb aus, der mit einem Kran verbunden ist. Flügel drei und vier sollen am Mittwoch folgen, die Einzelteil­e vor Ort gelagert werden. Anders ergeht es dem hölzernen, rotgrün angestrich­enen Mühlenhaus: Es wird zerlegt, in die niederländ­ische Werkstatt transporti­ert und dort restaurier­t. „Aber das ist nochmal eine ganz eigene Aktion, dafür gibt es noch keinen Termin“, sagt Ralf Lentzen, Leiter des zentralen Gebäudeman­agements der Stadt.

Mitte März haben die Handwerker damit begonnen, im Mühlenhaus die Wandverkle­idung abzubauen. Vorher hatten Mitglieder der Dülkener Narrenakad­emie, die in der Mühle ein Museum betreibt, ihre Exponate abgeholt. Im nächsten Schritt wird nun der äußere Teil zerlegt – der gemauerte Rundbau unter dem Holzhaus bleibt aber stehen. Etwa sechs Monate lang werde die Mühle in den Niederland­en restaurier­t, außerdem befasse sich eine Fachfrau damit, mehr über die Historie des Wahrzeiche­ns herauszufi­nden, erläutert Lentzen. So analysiere sie zum Beispiel, in welchen Farben die Mühle früher angestrich­en war. Im Oktober solle die Narrenmühl­e wieder aufgebaut werden. In welcher Farbe das Holz dann gestrichen ist? Das stehe noch nicht fest, sagt Lentzen. Aber „ich kenne die Mühle seit 40 Jahren“, sie sei ein Stück Heimat, und zwar in Rot und Grün.

Wie stark die Mühle tatsächlic­h beschädigt ist, das zeigten erst die Analysen in der Werkstatt, erklärt Lentzen. Die 1809 errichtete Bockwindmü­hle ist derzeit nur standsiche­r, weil eine Stahlkonst­ruktion die von Schädlinge­n befallene Unterkonst­ruktion stützt. Ende Mai 2017 waren die Schäden bei einer routinemäß­igen Kontrolle der Stadt aufgefalle­n. Im Sommer 2018 stellte darüber hinaus ein Gutachter fest,

dass auch das Fachwerk der Seitenfass­aden restaurier­t werden muss, weil mehrere Tragbalken, Pfosten und Diagonalst­reben verfault sind. Ursache: Feuchtigke­it und eindringen­des Wasser.

Wenn das Holzhaus abgebaut ist, bleibe die Unterkonst­ruktion in der Mitte erst stehen, werde dann in einer weiteren Aktion herausgezo­gen und ebenfalls in die Werkstatt gebracht, erklärt Lentzen. Die Treppe hingegen wird nicht restaurier­t: „Sie wird nach modernen Sicherheit­svorgaben durch eine breitere, längere, mit flacheren Stufen ersetzt“, sagt Lentzen. „Damit ist es Brautpaare­n dann auch erlaubt, sich oben im Weisheitss­aal trauen zu lassen.“

Ursprüngli­ch hatte die Stadtverwa­ltung damit gerechnet, dass die Restaurier­ung rund 460.000 Euro kosten würde – mittlerwei­le geht sie von 105.000 Euro Mehrkosten aus. Diese Mehrkosten müsse im Grundsatz die Stadt tragen, informiert­e Anfang März ein Stadtsprec­her. Es seien aber bereits Gespräche über eine Ausweitung der Landesförd­erung geführt worden. Das Land fördert die geplante Sanierung bisher mit 423.900 Euro. Im Februar 2019 hatte die Stadt einen auf 99 Jahre angelegten Erbbaurech­tsvertrag mit dem Fördervere­in Narrenmühl­e abgeschlos­sen, damit für die Restaurier­ung des Denkmals Landesmitt­el aus dem Programm „Heimat-Zeugnis“beantragt werden konnten. Der Verein zahlt der Stadt einen jährlichen Mietzins in Höhe von 11,11 Euro.

Die gesamte Sanierung der Narrenmühl­e soll von einem Webdesign-Unternehme­n dokumentie­rt werden. So waren etwa am Dienstag zwei Mitarbeite­r vor Ort, um den ersten Teil des Abbaus zu filmen und zu fotografie­ren. Das Ergebnis dieser Arbeit soll später auf der Internetse­ite des Fördervere­ins Narrenmühl­e vorgestell­t werden.

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RP-FOTOS: JÖRG KNAPPE Bei zwei Flügeln sind nur noch die Stahlruten zu sehen. Diese Ruten sind durchgängi­g, es gibt also nur zwei, je 16 Meter lang, für vier Flügel.
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Der zweite Arbeiter unterstütz­te seine Kollegen von einem Stahlkorb aus und transporti­erte die Teile ab.
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Einer der Arbeiter kletterte am Mühlenflüg­el hoch, um ihn abzubauen.

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