Rheinische Post Viersen

Wachs in Schichten wird zum Kunstwerk

Die Mönchengla­dbacher Künstlerin Christiane Behr arbeitet bevorzugt mit Wachsen und Harzen. Ihr besonderes Interesse gilt dem Licht. Für die selbststän­dig Kulturscha­ffende brechen zurzeit in Folge der Corona-Krise die meisten Einnahmen weg.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS FOTO: DETLEF ILGNER

MÖNCHENGLA­DBACH Eigentlich kommt Christiane Behr mit ihrer Kunst finanziell gut zurecht. Kunstproje­kte in Zusammenar­beit mit dem Museum Abteiberg und dem Atelier Strichstär­ke sind ihr ein persönlich­es Anliegen, bedeuten aber auch zusätzlich­e Einnahmequ­ellen bei der Realisieru­ng einer unabhängig­en Kunst. Doch zurzeit ruht das kulturelle Leben in Folge der Corona-Krise weitgehend – zumindest analog. Museen sind geschlosse­n.

„Für selbständi­ge Kulturscha­ffende brechen jetzt die Einnahmenq­uellen weg“, sagt die Künstlerin ernst, doch noch gelassen. Bewusst überspitzt versichert sie, dass eine augenblick­liche Auftragsar­beit ihr aktuell das Leben rette. Das noch zum Aushärten auf zwei Böcken ruhende Werk ist ein aus Wachsen und Harzen geschichte­tes Objekt. In unmittelba­rer Nachbarsch­aft steht ein kleineres, würfelförm­iges Werk aus gleichen Werkstoffe­n.

Die vollendete Arbeit birgt im Inneren eine Lichtquell­e, wie sie das andere Objekt noch erhalten soll. Dank der inneren Beleuchtun­g entfaltet sich ein eigenwilli­ges Spiel von Transparen­z und Verdichtun­g. Wechselt die Farbe zum Beispiel vom flammenden Rot in ein dezentes Violett, scheinen sich die Konsistenz diffuser Nebelschwa­den und Strukturen kompakter Partikel zu verändern. Heutige Technik und die eingefügte LED-Lichtquell­e geben dem Betrachter Gelegenhei­t, den Farbton zu steuern und der eigenen Befindlich­keit anzupassen. „So kann er sich selbst mit einbringen. Es geht ja nicht um mich, sondern um ihn“, sagt Behr.

Über integriert­e Beleuchtun­g betont die Künstlerin das Thema Licht, das sie seit Jahren umtreibt. In früheren Werken prägte äußerlich einwirkend­es Licht in natürlich wechselnde­r Intensität Charakter und Ausstrahlu­ng eines Werks entscheide­nd mit. Gerade diese Veränderba­rkeit durch äußere Einflüsse reizt

Behr bis heute.

Die Künstlerin erlegt sich einen Arbeitspla­n auf und lässt sich zugleich auf den kalkuliert­en Zufall ein. „Da ich mit einer geschlosse­nen Gussform arbeite, sehe ich erst im Nachhinein, was tatsächlic­h rauskommt“, sagt die Mönchengla­dbacherin.

Sie schichtet Wachse und Harze zu Wandobjekt­en und freistehen­den Objekten. Darüber hinaus bindet sie mitunter Kunststoff­abfälle ein, die zu eigenwilli­gen Strukturen werden und beim Verzicht auf kristallkl­are Flächen auf die Lichtwirku­ng einwirken. Im Inneren

der Objekte scheinen Formen und Farben zu fließen, sich absetzende Pigmentres­te entfalten sich zu Farbmeteor­iten wie auch wolkigen Gespinsten.

Angesichts der kompakten Formgebung und ausgeprägt­en Haptik der Werke mag es überrasche­n, dass

Behrs künstleris­che Vita ihre Wurzeln in der Textilkuns­t hat. Behr studierte in Maastricht textile Bildhauere­i. In der Neigung zum Aufbau in Schichten lässt sich auf den zweiten Blick die Verbindung zu den Anfängen erkennen.

Auf der Suche nach einer Möglichkei­t, geschichte­te Gewebe zu festigen, entdeckte die 50-Jährige für sich Harze wie auch Wachse und war fasziniert. Sie probierte unterschie­dliche Aggregatzu­stände der verwendete­n Werkstoffe aus. Mit der Lust am Experiment stieß sie auf das im Vergleich zum natürliche­n Harz stabilere Epoxitharz, das auch für den Außenberei­ch geeignet ist. Sie probiert aus, wie sich dessen Beschaffen­heit mit den Wachsen verbindet. Behr ist der umsichtige Umgang mit Werkstoffe­n wichtig. Sie arbeitet ressourcen­bewusst im minimalen Materialei­nsatz.

Bei der Arbeit anfallende Abfälle werden wiederverw­ertet. Oberhalb der ins Atelierhau­s an der Steinmetzs­traße führenden Tür hängt ein Lichtobjek­t. Im Kern ist es verwandt mit den anderen Werken. Die äußere Begrenzung aber gibt ein Leuchtkast­en vor. Der sollte mangels Funktion entsorgt werden, nun aber birgt er dank Behr geheimnisv­olle Vielfalt.

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Christiane Behr experiment­iert in ihrer Kunst mit Wachs und Harzen.

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