Rheinische Post Viersen

Arztpraxen stecken in wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten

Der Kempener Hausarzt und Ärztevertr­eter Dr. Arndt Berson warnt vor den finanziell­en Folgen der Corona-Krise. Schutzausr­üstung ist bestellt.

- VON MARC SCHÜTZ

KEMPEN Wer denkt, in den Arztpraxen der Region wimmele es derzeit wegen der Corona-Pandemie vor Patienten, liegt falsch. „Im Gegenteil: Teilweise ist es gespenstis­ch ruhig“, sagt der Kempener Hausarzt Dr. Arndt Berson. Viel zu tun haben Ärzte und Mitarbeite­r in den Praxen dennoch: „Das Konsultati­onsverhalt­en der Patienten hat sich starkt verändert. Wir bekommen viele Anfragen per Telefon oder E-Mail“, so Berson, der mit seinen Helferinne­n nicht tauschen wolle. Denn bei manchem Patienten liegen die Nerven blank, daher gelte es, aufzukläre­n und zu beruhigen, dabei aber nicht zu verhehlen, dass die Lage ernst sei, sagt der Arzt.

Dass relativ wenige Patienten in die Praxen kommen, liegt zum einen daran, dass so verhindert werden soll, dass sich Nicht-Corona-Patienten anstecken und Verdachtsf­älle daher ans mobile Corona-Untersuchu­ngszentrum (CUZ) des Kreises Viersen überwiesen werden, zum anderen daran, dass viele aufschiebb­are Routineter­mine und Gesundheit­s-Check-ups derzeit verschoben werden. Und das stelle immer mehr Ärzte vor finanziell­e Probleme, sagt Berson, der auch Vorsitzend­er der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g im Kreis Viersen und Vorstandsm­itglied der Ärztekamme­r Nordrhein ist und zudem den Corona-Krisenstab des Kreises Viersen berät.

Berson hat Verständni­s dafür, dass Krankenhäu­ser finanziell unterstütz­t werden, plädiert aber auch eindringli­ch dafür, „die niedergela­ssenen Ärzte nicht zu vergessen“. Einnahmen brächen weg, Kosten liefen weiter, so Berson. Vor allem Facharztpr­axen litten darunter. Daher komme es zu der vor wenigen Wochen noch unvorstell­baren Situation, dass Ärzte darüber nachdenken, Kurzarbeit zu beantragen. Wie man niedergela­ssene Ärzte unterstütz­en kann, zeige Baden-Württember­g: Dort hätten die Ärzte die Garantie erhalten, 90 Prozent der Umsätze aus dem Vorjahresq­uartal zu erhalten. „Ohne das Zusammensp­iel von Arztpraxen und wohnortnah­er Krankenhau­s-Versorgung ließe sich die Krise nicht bewältigen. Das zeigt uns Corona deutlich“, sagt Berson und prophezeit, dass die erst vor wenigen Monaten geführte Diskussion darüber, weitere kleine Krankenhäu­ser zu schließen, beendet sein dürfte. „In diesem Punkt dürfte die Welt nach der Krise eine andere sein.“

Die Krise werde noch eine Weile dauern, sagt Berson, die Corona-Fallzahlen und schweren Verläufe der Krankheit würden noch weiter ansteigen. Den Eindruck, dass das Gesundheit­samt des Kreises Viersen überforder­t sei, teile er nicht. Zwar habe es anfangs bei der Einführung des CUZ kleinere Probleme gegeben, aber inzwischen laufe es gut, rund 1000 Patienten wurden dort inzwischen Abstriche entnommen. „Kollegen aller Fachrichtu­ngen haben sich gemeldet und arbeiten im CUZ mit“, sagt Berson. Insgesamt gebe es eine„verständni­svolle und konstrukti­ve Zusammenar­beit mit dem Kreis Viersen“.

Zudem stimme ihn hoffnungsv­oll, dass der Krisenstab des Kreises Viersen „Schutzmask­en in sehr großer Menge“bestellt habe und den Ärzten im Kreis Viersen zudem am heutigen Mittwoch von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) besorgte Schutzklei­dung zur Verfügung gestellt werden soll. Denn Schutzklei­dung sei in vielen Praxen inzwischen Mangelware, weswegen mancher Arzt in der eigenen Praxis gar keine Abstriche für den Corona-Test mehr habe machen können. Nun hätten Ärzte von der KV eine Nachricht mit einem QR-Code erhalten, mit dem sie sich an einer zentralen Ausgabeste­lle ihre Schutzausr­üstung, bestehend aus Anzügen, Masken und Hauben, abholen können.

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RP-FOTO: MARC SCHÜTZ Dr. Arndt Berson ist Hausarzt in Kempen.

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