Rheinische Post Viersen

NRW stemmt sich gegen Grenzkontr­ollen

Die Landesregi­erung rät von Reisen zu Ostern ab, will aber eine Grenzschli­eßung verhindern. Am Montag berät das Corona-Kabinett.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK UND EVA QUADBECK

DÜSSELDORF Mit Blick auf die Osterferie­n hat die NRW-Landesregi­erung eindringli­ch vor unnötigen Reisen in die Nachbarsta­aten und im Inland gewarnt. Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) empfahl, beliebte Ausflugszi­ele zu meiden: „Es sollten nicht alle dahin fahren, wo alle hinfahren.“Der für Europa-Angelegenh­eiten zuständige Minister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) sagte: „Ich weiß, dass viele Menschen in NRW diese Tage gewöhnlich nutzen wollen, um einen Urlaub in den Niederland­en oder Belgien zu verbringen. Dieser gegenseiti­ge grenzübers­chreitende Austausch kann und darf in diesem Jahr so nicht stattfinde­n.“

Holthoff-Pförtner zufolge werden Bundes- und NRW-Polizei Ausflüge stärker kontrollie­ren, nach dem Zweck der Reise fragen und bei Verstößen gegen das Kontaktver­bot Ordnungsge­lder im bis zu fünfstelli­gen Bereich anordnen. Es gebe aber keinen gezielten Einsatz an den Grenzen. Zugleich lehnte der Europamini­ster schärfere Kontrollen oder gar eine Schließung der Grenzen ab. Das löse kein Problem. „Im Gegenteil. Offene Grenzen sind wichtig, um Lieferkett­en und Versorgung­sströme sicherzust­ellen.“

Kai Zwicker, Landrat des Kreises Borken, sagte unserer Redaktion: „Wir werben dafür, dass die Leute zu Hause bleiben.“Für den Kreis komme der Testfall schon an diesem Wochenende. „Sollte angesichts frühlingsh­after Temperatur­en der touristisc­he Grenzverke­hr ansteigen, muss die Landesregi­erung überdenken, ob es beim derzeitige­n Vorgehen bleibt oder ob sie sich in Berlin für stärkere Kontrollen einsetzt.“Der Ministerpr­äsident habe eine Verantwort­ung für die Bürger seines Landes. Alle Maßnahmen müssten aber mit dem niederländ­ischen Nachbarn abgestimmt sein.

In Berlin gärt das Thema Grenzkontr­ollen seit Tagen. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) macht sich dafür hinter den Kulissen stark. Rechtlich ist der Bund befugt, Kontrollen in Kraft zu setzen, auch wenn die Bundesländ­er das nicht wünschen. Seit Mitte März werden die Übergänge nach Österreich, Frankreich, Dänemark, in die Schweiz und nach Luxemburg kontrollie­rt. Polen und Tschechien kontrollie­ren ihrerseits die Grenze. Frei von Kontrollen sind also nur noch die Übergänge in die Niederland­e und nach Belgien.

Das Thema „Einreise nach Deutschlan­d“wird nach Informatio­nen unserer Redaktion am Montag das sogenannte kleine Corona-Kabinett beschäftig­en, an dem auch Kanzlerin Angela Merkel, Gesundheit­sminister Jens Spahn, Forschungs­ministerin Anja Karliczek, Kanzleramt­schef Helge Braun, Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (alle CDU) und Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) teilnehmen. Voraussich­tlich wird es um den Zeitpunkt gehen, wann Grenzkontr­ollen zu den Niederland­en und zu Belgien sinnvoll sein können. Aktuell gebe es keine Veranlassu­ng, die bestehende­n Kontrollen zu ändern, erklärte ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums. Dies könnte sich allerdings ändern, wenn ein Land früher als das andere Beschränku­ngen des öffentlich­en Lebens aufhebt und damit wieder verstärkte­n Grenzverke­hr hervorruft.

Aus den fünf Nachbarlän­dern, deren Einreiseve­rkehr Deutschlan­d kontrollie­rt, wurden seit Mitte März rund 60.000 Menschen zurückgewi­esen. Auch die Einreisen aus Drittlände­rn, also jenen Staaten, die nicht direkt an Deutschlan­d grenzen, bereiten der Bundesregi­erung Sorgen. Aktuell sind es täglich 20.000. Das Innenminis­terium erwägt, eine generelle Quarantäne­pflicht für alle Neuankömml­inge einzuführe­n.

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