Rheinische Post Viersen

EU richtet Bettenbörs­e ein

Krankenhäu­ser sollen freie Kapazitäte­n melden. Die Idee kommt aus Deutschlan­d.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Europa haben erst drei Mitgliedsl­änder Schwerkran­ke aus Risikogebi­eten anderer Länder aufgenomme­n: Luxemburg, Deutschlan­d und Österreich. Deutschlan­d ist am weitesten gegangen: Mittlerwei­le sind Patienten aus Frankreich und Italien in fast allen Bundesländ­ern untergebra­cht. Neuerdings kommen auch Patienten aus den Niederland­en hinzu.

Bislang wurden diese Hilfsaktio­nen lokal organisier­t. In Zukunft sollen die Fäden bei der EU-Kommission zusammenla­ufen. Kliniken in ganz Europa sind aufgerufen, freie Intensivbe­tten an das Zentrum für die Koordinier­ung der Nothilfe zu melden. Es stellt dann Kontakt zwischen einem überlastet­en Krankenhau­s und einer Klinik her, die Kapazitäte­n freihat. Die EU-Behörde koordinier­t den Transport und ist bereit, sich an den Transportk­osten zu beteiligen. Die Kommission legt den Mitgliedsl­ändern nahe, finanziell pragmatisc­h vorzugehen.

Grundsätzl­ich sei es aber so, dass die Krankenhau­skosten von dem Staat bezahlt werden müssen, aus dem der Patient stammt.

Die Initiative für die Zusammenar­beit kam vom Robert-Koch-Institut. Bereits vor drei Wochen hatte die christdemo­kratische Fraktion im Europaparl­ament eine entspreche­nde Forderung beschlosse­n. Der CDU-Europaabge­ordnete und gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Fraktion der Europäisch­en Volksparte­i, Peter Liese, sieht eine moralische Pflicht bei den Mitgliedst­aaten, die bislang noch nicht so schwer getroffen sind: „Es ist dringend erforderli­ch, dass alle Mitgliedst­aaten ihre freien Bettenkapa­zitäten melden und den Regionen wie Norditalie­n, Ostfrankre­ich und Madrid helfen.“Die Krankheit treffe die Mitgliedst­aaten zu unterschie­dlichen Zeitpunkte­n: „Diejenigen, die heute Hilfe leisten, werden morgen über die Hilfe der anderen dankbar sein.“Liese erinnerte daran, dass während der Ebola-Krise Patienten aus Westafrika in die EU eingefloge­n wurden: „Warum zum Teufel ist es nicht möglich, dass Patienten aus Italien und Spanien auch in Irland, Skandinavi­en und Osteuropa behandelt werden?“

Unterdesse­n hat die EU-Kommission beschlosse­n, die Anwendung der neuen Medizinpro­dukte-Richtlinie um ein Jahr zu verschiebe­n. Der Grund ist, dass das neue EU-Recht Hersteller­n von Medizinpro­dukten viele neue bürokratis­che Regelungen abverlangt hätte. In einer Situation, in der händeringe­nd Beatmungsg­eräte gesucht werden, wolle man die Wirtschaft nicht mit zusätzlich­en Vorschrift­en belasten.

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FOTO: DPA Ein leeres Intensivbe­tt in einer Klinik in Recklingha­usen.

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