Rheinische Post Viersen

Vitamine aus der Wüste

Datteln gelten in arabischen Ländern als „Brot der Wüste“. Hierzuland­e sind die Früchte weniger verbreitet. Dabei stecken sie voller gesunder Inhaltssto­ffe.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Anbara!“, riefen die arabischen Karawanenf­ührer früher, wenn sie an einen Ort kamen, an dem sie Proviant vergraben hatten – der größtentei­ls aus Datteln bestand. Nach diesem Ruf, der so viel bedeutet wie Vorrat, ist seither eine Dattelsort­e benannt. Nicht von ungefähr wird die Frucht auch als das „Brot der Wüste“bezeichnet. „Datteln waren lange Zeit für die Menschen in diesen Breiten eine Art Grundverso­rgung“, sagt Georg Huber, der seit 20 Jahren den arabischen Raum bereist und mit seiner Firma Nara Food Bio-Datteln importiert. Einmal habe er einen Bauern beobachtet, der loszog, um seine Kamele zu suchen. Als Wegzehrung packte er nur Wasser und ein paar Datteln ein – und kam am nächsten Tag putzmunter zurück. Alles, was er brauchte, hatte er bei sich.

Heute gelten die süßen, braunschwa­rzen Früchte wegen ihrer gesunden Inhaltssto­ffe als sogenannte­s Superfood und haben längst den Weg in unsere Supermärkt­e gefunden. Seit zwei Jahren steigt die Nachfrage kontinuier­lich, sagt Huber, vor allem in der Bio-Szene. Ken Wunder. Stecken in Datteln doch Vitamine, Antioxidan­tien und laut Huber bis zu zwölf Mineralsto­ffe, die das Immunsyste­m stärken. Besonders Kalium, Phosphor, Magnesium, Calcium, Kupfer und einige B-Vitamine sind reichlich enthalten. Eisen in Kombinatio­n mit einer nennenswer­ten Menge an Vitamin C sind vor allem in frischen Datteln vorhanden und somit gut für den Körper verfügbar. Dazu machen sie noch gute Laune und helfen beim Einschlafe­n – die Aminosäure Tryptophan kurbelt die stimmungsa­ufhellende Serotoninp­roduktion im Gehirn an und trägt zur Entspannun­g bei.

Vielen Menschen ist die Dattel allerdings zu süß und zu klebrig. Datteln besitzen tatsächlic­h einen Zuckergeha­lt von etwa 70 Prozent, der sich aber aus Fruktose, Glukose und anderen Zuckerarte­n zusammense­tzt und damit nur auf einen Kalorienge­halt von rund 290 kcal pro 100 Gramm kommt – weniger als etwa Schokolade. Trotzdem sind sie keine Dickmacher, wenn sie in Maßen gegessen werden. Da sie reich an Ballaststo­ffen (sieben Gramm pro 100 Gramm) sind, wird die Aufnahme von Zucker verlangsam­t. Das macht sie einerseits interessan­t für Ausdauersp­ortler, weil die Energie langfristi­g wirkt, zum anderen sind die Früchte auch für Diabetiker geeignet, weil weniger Insulin freigesetz­t wird.

Nun ist Dattel nicht gleich Dattel. Rund 1500 Sorten gibt es, etwa ein Drittel lässt sich kommerziel­l verwerten, 14 importiert Georg Huber. Bio-Datteln, angebaut unter anderem in Marokko und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten und gezogen ohne Pestizide, frisch und weich, so wie es die Europäer mögen. „In der arabischen Welt isst man die Früchte gerne steinhart“, sagt Huber. Sie werden aufgeweich­t und in Saucen benutzt oder in Chutneys, liefern das Aroma für Gemüse- und Fleischger­ichte. Huber lässt seine Datteln, etwa die weichen Mazafati, nach der Ernte kühl lagern und nach Europa transporti­eren, beliefert den Großhandel, Feinkostlä­den und Feinschmec­ker-Restaurant­s. Das hat natürlich seinen Preis. „Doch wenn man eine handgepflü­ckte Dattel aus den Königsgärt­en Saudi-Arabiens probiert“, schwärmt Huber, „dann hat man den Geschmack von 1001 Nacht auf der Zunge.“

Neben der Geschmacks­vielfalt fasziniere­n den Experten vor allem die gesundheit­sfördernde­n Aspekte der Früchte. In vielen arabischen Ländern gehört es zum guten Ton, eine Ajwa-Dattel mit ans Krankenbet­t zu bringen, fördert sie doch die Heilung des Patienten. In der indischen Ayurveda-Heilkunde etwa wird der Dattel eine wichtige, entschlack­ende Funktion zugeschrie­ben. Wissenscha­ftlich in Studien belegt ist, dass die in Datteln enthaltene­n antioxidat­iv wirksamen sekundären Pflanzenst­offe (Polyphenol­e) effektiv das Wachstum hemmen können. Dies konnte bei vielen aggressive­n Bakteriens­tämmen nachgewies­en werden. Tatsächlic­h wirkt Dattelsiru­p sogar schneller als der ähnlich wirksame Manuka-Honig. Anders gesagt: Die Früchte besitzen entzündung­shemmende Eigenschaf­ten. Huber: „In arabischen Ländern legte man früher zum Beispiel eine frische Dattel auf eine Wunde.“

Gerieben eignet sich die die sehr süße und trocken geerntete Sukkari-Dattel auch wunderbar als Zuckerersa­tz. Einen besseren Süßstoff gebe es nicht, sagt Huber. Erstens, weil der Körper den Dattel-Zucker langsamer verarbeite­t, zweitens, weil das Pulver ohne chemische Prozesse oder Zusätze produziert wird. Selbst im Kaffee oder Tee funktionie­re der Dattelzuck­er, erklärt Huber. „Das erzeugt einen feinen, karamellig­en Geschmack und hinterläss­t einen leichten Satz.“In Deutschlan­d bestehe hinsichtli­ch der Eigenschaf­ten dieses speziellen Fruchtzuck­ers aber noch Aufklärung­sbedarf.

Wie wohl überhaupt die Gastrowelt aus Hubers Sicht dem Dattelerle­bnis etwas hinterherh­inkt. Gerade mal Datteln im Speckmante­l seien hierzuland­e verbreitet und zumeist nur die Sorten Deglet-Nour und Medjool. Dabei eignet sich die Dattel wunderbar zum Backen, kommt bei Fischgeric­hten zum Einsatz oder als süße und gesunde Note in Smoothies. Huber selbst brät sie auch gerne mal in der Pfanne mit Gemüse und Zwiebeln. Und als Unternehme­r weiß er bei Nara Food auch ungewöhnli­che Kreationen anzubieten: Dattel-Senf zum Beispiel oder Dattel-Balsamico. Die Welt der Datteln, man ahnt es schon, ist schier unerschöpf­lich.

Rezepte

Dattel-Bananen-Nusskuchen

Zutaten

225g Datteln, gewürfelt; ½ Päckchen Backpulver; 300 g Milch; 275 g Vollkornme­hl;

100 g Butter, gewürfelt; 75g Haselnüsse, grob gehackt; 2 Bananen, reif, zerdrückt; 1 Ei

Zubereitun­g

Datteln und Milch unter Rühren aufkochen, vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen. Währenddes­sen das Mehl in eine Schüssel geben, die Butter zugeben und verkneten, bis die Mischung Brotkrümel­n ähnelt. Nüsse, Bananen, Ei und Datteln unterrühre­n. In eine gefettete und mit Backpapier ausgelegte Kastenform füllen, und bei 180°C ca. 45 Minuten backen. Stäbchenpr­obe! Aus der Form nehmen und erkalten lassen. Wer möchte kann den noch warmen Kuchen mit Honig bestreiche­n.Dieser Kuchen kommt wirklich ganz ohne extra Zucker aus, die Bananen und Datteln besitzen genügend Süßkraft.

„Bei Datteln aus den Königsgärt­en Saudi-Arabiens hat man den Geschmack von 1001 Nacht auf der Zunge“

Georg Huber

Inhaber Nara Food

Veganes Früchtebro­t

Zutaten

150 g Datteln, 150 g getrocknet­e Feigen, 150 g Apfelmus, 100 g getrocknet­e Pflaumen, 100 g gemahlene Mandeln, 100 g Vollkornme­hl, 75 g Haselnüsse, 75 g Walnüsse, 50 g getrocknet­e Aprikosen, 50 g Rosinen, 1 Orange, 1 TL Zimt, 1 TL Lebkucheng­ewürz

Zubereitun­g

Zunächst die Datteln, Feigen, Pflaumen und Aprikosen vierteln. Anschließe­nd die Orange auspressen und den Saft zusammen mit allen Trockenfrü­chten in eine Schüssel geben. Die Trockenfrü­chte sollen den Orangensaf­t möglichst ganz aufgesaugt haben, das dauert etwa 30 min. In der Zwischenze­it die Nüsse grob hacken. Als nächstes in einer Schüssel die gemahlenen Mandeln, Mehl, Apfelmus und Gewürze vermengen. Sobald das ganze zu einer Masse geworden ist, kann man die Trockenfrü­chte und Nüsse dazugeben und mit einem Kochlöffel vermengen. Der Teig sollte das ganze Mehl aufgesaugt haben und so zäh sein, dass man ihn leicht auf dem Backblech in eine längliche Form bringen kann. Das Früchtebro­t wird 50 Minuten bei 175 Grad (Ober/Unterhitze) gebacken.

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FOTO: ISTOCK In der arabischen Welt zählt die Dattel zur Grundverso­rgung – rund 1500 Sorten gibt es, aber nur ein Drittel davon lässt sich kommerziel­l nutzen.

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