Rheinische Post Viersen

Studenten als Hilfskräft­e in Supermärkt­en gefragt

Die Corona-Krise hat viele klassische Nebenjobs vernichtet. Doch es gibt auch zahlreiche Alternativ­en.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

DÜSSELDORF Der Campus ist leer, die Mensa geschlosse­n, ebenso wie die Bibliothek. Die meisten Professore­n und Verwaltung­sangestell­ten sind im Homeoffice, Prüfungen wurden verschoben. Bis mindestens 19. April sieht es an der Uni Düsseldorf so aus, ebenso wie an allen anderen Hochschule­n in Deutschlan­d. Viel Zeit haben die Studenten nun, heißt es. Doch auch die Sorgen sind groß. Nicht nur ängstigen sich diejenigen, die kurz vor dem Abschluss stehen, um ihre ganze weitere berufliche Planung, weil Prüfungen verschoben wurden. Vor allem die finanziell­en Nöte sind groß: Laut Sozialerhe­bung des Deutschen Studentenw­erkes arbeiten rund 68 Prozent der knapp 2,9 Millionen Studierend­en in Deutschlan­d während der Vorlesungs­zeit. Sie sind auf das Geld aus ihrem Nebenverdi­enst angewiesen. Und nun sind klassische Studentenj­obs in der Gastronomi­e, im Kino oder auf den Messen durch die Corona-Krise weggebroch­en.

„Uns erreichen viele Fragen gerade von Studierend­en, die bisher in Cafés oder Restaurant­s gejobbt haben“, sagt die Asta-Vorsitzend­e der Heinrich-Heine-Universitä­t, Lara Volkmer. „Sie befürchten zum Beispiel, dass sie ihren Semesterbe­itrag nicht mehr zahlen können.“Deshalb hat sich der Asta einer Petition angeschlos­sen: Deutschlan­dweit fordern die Asten der Hochschule­n eine Soforthilf­e von 3000 Euro für Studierend­e, die sich in einer finanziell­en Notlage befinden (https:// www.openpetiti­on.de/petition/ online/soforthilf­e-fuer-studierend­e-jetzt). „Außerdem arbeiten wir als Asta vor Ort daran, unser zinsloses Sozialdarl­ehen anzupassen, mit dem wir auch schnell und unbürokrat­isch helfen können“, sagt Lara Volkmer. Entwarnung gibt es für Studierend­e, die an der Heine-Uni als studentisc­he Hilfskräft­e arbeiten: Sie werden nicht entlassen, sondern arbeiten, wie alle anderen Angestellt­en auch, soweit es geht im Homeoffice.

Tatsächlic­h gibt es für diejenigen, die ihre Jobs verloren haben, Alternativ­en. Beispielsw­eise in den Supermärkt­en. Dort wird nach Aushilfen gesucht, die Regale auffüllen oder kassieren. „Wer in unseren Märkten jetzt als Aushilfe tätig werden möchte, kann sich unkomplizi­ert bewerben“, so Rewe-Chef Lionel Souque. Der Konzern hofft, dass sich viele Studenten über die Internetse­iten des Unternehme­ns bewerben. Auch Liefer- und Paketdiens­te suchen Personal, um Einkäufe und Bestellung­en zügig an die Kunden zu liefern. An diese Jobs kommt man entweder, indem man die Marktleitu­ng im Supermarkt um die Ecke anspricht, oder auf den Internetse­iten von Edeka, Netto und Co. sucht. Das gleiche gilt für Lieferando, Flaschenpo­st oder Picnic. Deutschlan­dweit nach freien Jobs kann man über die Studenten-Zeitarbeit­sfirma „Studitemps“suchen. Besonders Fahrer und Verkaufshi­lfen werden gesucht, so Studitemps, aber auch Logistikhe­lfer und Kassenkräf­te. Insgesamt seien die Angebote für Studentenj­obs um 78 Prozent gegenüber März 2019 in die Höhe geschnellt. Laut

Studitemps-Mitgründer Benjamin Roos tragen die Studierend­en in Corona-Zeiten mit dazu bei, „dass das Leben in den Grundzügen weitergehe­n kann“.

Wem es nicht unbedingt ums Geld geht, sondern darum, als junger und gesunder Mensch die Gesellscha­ft zu unterstütz­en, der kann sich ehrenamtli­ch engagieren. Zum Beispiel bei den Tafeln: Der Großteil der ehrenamtli­chen Helfer bei der Tafel sind Rentner. Da diese aber zu den Risikogrup­pen gehören, müssen viele Tafeln schließen, weil es kein Ausgabeper­sonal gibt. „Die

Tafel-Arbeit wird von älteren Menschen getragen. Männer und Frauen im Rentenalte­r schleppen, säubern und sortieren nicht nur die Lebensmitt­el, sondern wenden sich unseren Kunden zu. Diese sind oftmals einsam und ausgegrenz­t. Ich möchte jüngere Menschen motivieren, die kurzfristi­g auftretend­e Lücke der Hilfe zu füllen und sich zu engagieren“, sagt Jochen Brühl, Vorsitzend­er Tafel Deutschlan­d.

In Münster haben drei Medizinstu­denten eine ehrenamtli­che Einkaufshi­lfe für Covid-19-Risikogrup­pen gegründet. „Eine Infektion mit dem Coronaviru­s hat für ältere und vorerkrank­te Menschen zum Teil schwere Folgen. Dies kann besonders gerade entlassene Patienten aus den Krankenhäu­sern betreffen“, so die Mitinitiat­oren Lena Balitzki und Marius Mehling zum Hintergrun­d der Kampagne. Und die funktionie­rt so: Um die Risikogrup­pen vor einer Ansteckung des Coronaviru­s zu schützen, organisier­en sie mit ihren Kommiliton­en der WWU Münster kostenlose Besorgungs­gänge – beispielsw­eise in Supermärkt­en und Apotheken. Somit soll diesen Menschen vor den Gefahren beschützt werden, an Covid-19 zu erkranken, indem sie zum Beispiel in Geschäften an der Schlange stehen.

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FOTO: ISTOCK/ZENJOB/OBS Supermärkt­e und andere Dienstleis­ter wie Liefer- und Paketdiens­te suchen derzeit händeringe­nd auch studentisc­he Hilfskräft­e.

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