Kein generelles Anrecht auf Homeoffice
Der Betrieb verlangt die Anwesenheit im Büro, obwohl Arbeit im Homeoffice möglich wäre. Dagegen können sich Arbeitnehmer aber kaum wehren.
HALLE/SAALE. Viele Beschäftigte arbeiten aufgrund der Corona-Pandemie im Homeoffice. Einige sind aber trotzdem weiter dazu angehalten, ins Büro zu kommen – auch wenn sie theoretisch die Möglichkeit hätten, von zu Hause aus zu arbeiten. Das wirft Fragen auf.
Müssen Arbeitgeber jetzt nicht Homeoffice anordnen?
Nein. Einen allgemeinen Anspruch auf Homeoffice gibt es nicht. Solange der Arbeitgeber also keine entsprechende Vereinbarung mit den Mitarbeitern getroffen hat und auch in Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag nichts anderweitig geregelt ist, müssen Beschäftigte weiterhin zur Arbeit kommen. Wer nicht erscheint, kann abgemahnt und bei wiederholtem Fehlen gekündigt werden. Wolfhard Kohte, Professor an der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg mit Schwerpunkt im Arbeits-, Unternehmens- und Sozialrecht, betont allerdings: „Nachdem inzwischen in allen Bereichen und Branchen die theoretische Möglichkeit besteht, sich bei Kollegen anzustecken, müssen in jedem Betrieb entsprechende Hygieneund Abstandsregeln eingehalten werden.“
Einen Anspruch auf Homeoffice können aber Menschen mit Behinderungen oder Vorerkrankungen haben, für die im Betrieb oder auf dem Weg zur Arbeit ein besonderes Risiko besteht.
Müssen sich Beschäftigte dem Risiko aussetzen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen? Auch die potenzielle Gefahr, sich bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit dem neuartigen Coronavirus anzustecken, ist kein generelles Argument für Arbeitnehmer, nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen. „Das Wegerisiko ist Problem der Beschäftigten“, erklärt Professor Kohte. „Und aktuell ist die Situation nicht so, dass man gar nicht mehr auf die Straße gehen kann.“Bleiben die aktuellen Regelungen bestehen, sei es für Beschäftigte in der Regel zumutbar, für den Arbeitsweg weiterhin das Haus zu verlassen.
Und was gilt für Menschen mit Vorerkrankungen?
Menschen mit Vorerkrankungen, die zu besonderen Risiken bei einer Infektion führen, wie zum Beispiel Asthma, haben laut Kohte Anspruch auf besonderen Schutz. Wer etwa im Einzelhandel tätig ist, kann vom Arbeitgeber verlangen, an einem anderen Arbeitsplatz mit verringertem Kundenkontakt zu arbeiten, zum Beispiel im Lager oder im Büro ohne Kundenkontakt. Daneben hat diese Gruppe auch einen Anspruch auf Homeoffice.
In Einzelfällen kann es sein, dass Menschen mit Vorerkrankungen nach ärztlicher Beratung eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird. Die Arbeitspflicht entfällt dann.