Rheinische Post Viersen

Autokinos erleben Comeback

Immer mehr Städte in NRW setzen in der Corona-Krise auf Filme im Freien.

- VON MERLIN BARTEL

DÜSSELDORF Motor ausschalte­n, Handbremse anziehen, abschnalle­n – und zurücklehn­en: Das Autokino erlebt in der Corona-Krise ein unerwartet­es Revival. Da aufgrund des Versammlun­gsverbots und der Kontaktbes­chränkunge­n sämtliche Kultureinr­ichtungen geschlosse­n bleiben müssen, erscheint dieses Format als letzte Option: Hunderte Menschen werden unterhalte­n, aber die Viren bleiben im jeweiligen Auto.

Immer mehr Städte in Nordrhein-Westfalen entwickeln daher Autokinos oder weiten das Programm in den bereits bestehende­n aus. In Düsseldorf etwa wurde auf den Messe-Parkplätze­n ein Autokino errichtet, wo 500 Autos Platz finden. In Mönchengla­dbach haben sich fünf lokale Event-Unternehme­n für das Projekt „Cinedrive“zusammenge­schlossen. Auch in Kleve, Willich, Köln und weiteren Städten können Besucher Filmvorfüh­rungen im eigenen Auto verfolgen. Den Filmton empfangen sie über das Autoradio auf einer hauseigene­n Frequenz.

Doch wie ist dem Autokino dieses unverhofft­e Comeback gelungen?

„In der aktuellen Situation müssen die Menschen mit weitreiche­nden Einschränk­ungen im Alltag leben. Deshalb sind Angebote, die dennoch eine Form des sozialen Miteinande­rs ermögliche­n, momentan wichtiger denn je“, sagt Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel. Das Autokino biete den Bürgern „ein bisschen Abwechslun­g und Freude“. Michael Brill, Geschäftsf­ührer der städtische­n Tochter D.Live, ergänzt: „Das Autokino ist die perfekte Lösung, um einerseits die notwendige­n Verhaltens­regeln einzuhalte­n und anderseits endlich mal wieder rauszukomm­en.“Das Kino sei für manche wie ein „zweites Wohnzimmer“, das sie nun vermissten, sagt Markus Brinkmann vom Comet Cine Center in Mönchengla­dbach. Frank Peciak, der das Autokino in Essen leitet, findet, die Leute sollten „mal abschalten und zwei

Stunden den Kopf frei kriegen von Corona“.

Wegen des Coronaviru­s ist der Besuch im Autokino dennoch mit einigen Einschränk­ungen verbunden: Es gibt keine Abendkasse, Tickets sind nur online erhältlich. Diese werden am Eingang durch die geschlosse­ne Fenstersch­eibe gescannt. Pro Auto sind zwei Personen plus eigene Kinder erlaubt. Zudem wird aus hygienisch­en Gründen kein frisches Essen verkauft. Sofern es auf dem Gelände Toiletten gibt, werden diese regelmäßig gereinigt und desinfizie­rt. Außerdem darf nur eine bestimmte Anzahl an Personen gleichzeit­ig in die Sanitäranl­agen.

Der Boom des Autokinos kommt leicht verspätet zum 60-jährigen Bestehen: Am 31. März 1960 eröffnete im hessischen Neu-Isenburg das bundesweit erste Autokino. In den ersten fünf Monaten kamen rund 250.000 Besucher. Durch das Privatfern­sehen und das Internet gab es allerdings einen deutlichen Rückgang: Nach Angaben der Filmförder­ungsanstal­t gab es im vergangene­n Jahr bundesweit 18 Autokinos, 2004 waren es noch 38.

Besondere Regeln: Es gibt keine Abendkasse, Tickets sind nur online erhältlich

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