Rheinische Post Viersen

Der Sieg der Liebe über den Tod

Erstmals gibt es in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie keine Ostermesse­n. Dabei ist Ostern das höchste Fest der Christen. Wir erklären die Feiertage und die Bräuche in der Karwoche und an den Ostertagen.

- VON STEPHANIE WICKERATH

TÖNISVORST/KEMPEN Ostern ist das wichtigste Fest im Christentu­m, denn dann feiern die Gläubigen die Auferstehu­ng Jesu Christi, der nach den Zeugnissen des Neuen Testamente­s nicht im Tod geblieben ist, weil ihn Gott zum ewigen Leben erweckt hat. „Auch in diesem Jahr wird Ostern gefeiert, aber leider nicht in der Gemeinscha­ft der Gläubigen in unseren Kirchen“, sagt Propst Thomas Eicker, Leiter der Gemeinscha­ft der Gemeinden (GdG) Kempen-Tönisvorst. Er erklärt die katholisch­en Bräuche rund um das Osterfest.

Die Vorbereitu­ng auf Ostern beginnt am Aschermitt­woch. „Die Menschen sind dann aufgerufen, ihr Leben in einer neuen und bewussten Achtsamkei­t zu leben“, sagt der Theologe. Mit dem Palmsonnta­g, dem Sonntag vor Ostern, startet die Karwoche. „Kar“komme vom althochdeu­tschen Kara, was Trauer und Klage bedeute, erklärt Pfarrer Eicker. In der Karwoche werden die letzten Tage Jesu in Jerusalem geistlich nachvollzo­gen. So erinnert der Palmsonnta­g an den Einzug in Jerusalem: „Die Menschen hatten die Hoffnung, dass er der neue weltliche König ist, der sie von der Zwangsherr­schaft der Römer befreit. Als Zeichen der Verehrung haben sie mit Palmblätte­rn gewunken.“Noch heute werden Palmzweige oder andere früh grünende Zweige deshalb am Palmsonnta­g gesegnet.

Die Karwoche wird auch als „stille Woche“bezeichnet und umfasst die Tage vom Palmsonnta­g bis zum Karsamstag. Bis in die 1950er-Jahre war der Alltag in der Karwoche so, wie der Alltag in der Corona-Epidemie seit ein paar Wochen ist: Viele Geschäfte blieben geschlosse­n, es gab keine öffentlich­en Feste. Bis heute gibt es in allen Bundesländ­ern am

Karfreitag ein Tanzverbot. Vorher aber kommt der Gründonner­stag. „Das althochdeu­tsche Wort ,greinen‘ für weinen gab dem Tag seinen Namen“, erklärt Propst Eicker. Der Gottesdien­st am Gründonner­stag ist der letzte vor dem Ostersonnt­ag, zu dem mit Glockengel­äut gerufen wird, auch die Orgel verstummt nach einer feierliche­n Eröffnung bis zum Gloria in der Osternacht. Am Ende des Gottesdien­stes wird der Altar abgeräumt, der Tabernakel als Aufbewahru­ngsort der Hostien bleibt leer und steht offen. Es folgt der Karfreitag, der Tag, an dem Jesus der biblischen Überliefer­ung nach in Jerusalem verurteilt und gekreuzigt wurde.

„Der Karfreitag gilt als Tag der inneren Einkehr, des Fastens und des Gebets“, erklärt Propst Eicker. Der Hauptgotte­sdienst findet um 15 Uhr, der Sterbestun­de Jesu, statt. Oft werden an diesem Tag die 14 Stationen des Kreuzweges Christi innerlich nachvollzo­gen. „In den Kirchen werden die bis dahin verhüllten Kreuze enthüllt, damit das Leiden Jesu die Gläubigen aufs Neue berührt“, sagt Propst Eicker.

In der evangelisc­hen Kirche ist der Karfreitag der höchste Feiertag, da die Lutherisch­e Theologie den Schwerpunk­t auf die Aufopferun­g Jesu für die Menschheit legt und in den Mittelpunk­t stellt, dass der Sohn Gottes sich zur Erlösung aller hat ans Kreuz schlagen lassen. Für die Katholiken ist der Karfreitag der strengste Fastentag, auf Fleisch wird komplett verzichtet. Am Karsamstag wird der Grabesruhe Christi gedacht und mit Fasten und Gebet seine Auferstehu­ng erwartet. Die Feier der Osternacht beginnt nach Einbruch der Dunkelheit.

„Ursprüngli­ch versammelt­en sich die Christen vor Sonnenaufg­ang, um mit dem aufgehende­n Licht Christus zu verehren, dessen Auferstehu­ng Licht in die Welt gebracht hat“, erzählt der Pfarrer. Mit den abgesagten Ostermesse­n in diesem Jahr fallen auch die Osterfeuer vor den Kirchen aus. Ansonsten wird an diesen Feuern die Osterkerze entzündet, deren Licht an die Kerzen der Gläubigen weitergere­icht wird. „Christus ist das Licht!“, wird dabei gesungen, und alle erinnern sich daran, dass sie das Licht Christi seit der Taufe in sich tragen und von Gott aufgerufen sind, Licht und Leben in die Welt hinauszutr­agen.

Den biblischen Berichten zufolge haben in der Frühe des Ostersonnt­ags zuerst Frauen das Grab leer aufgefunde­n. Zwei Engel verkündete­n ihnen die Osterbotsc­haft vom auferweckt­en Jesus. Laut dem Evangelist­en Matthäus machten sich die Frauen auf den Rückweg nach Galiläa und begegneten unterwegs Jesus, der die Botschaft der Engel wiederholt­e. Die Frauen trugen die Neuigkeit an die Jünger weiter, die die Botschaft von der Auferwecku­ng

ihres Meisters zunächst nicht glauben konnten.

„Eine Erzählung im Lukasevang­elium berichtet von zwei Jüngern, die auf dem Weg nach Emmaus waren und mit einem Unbekannte­n ins Gespräch kamen, der sich später als der Auferstand­ene herausstel­lte. In christlich­en Gemeinscha­ften lebt der sogenannte Emmausgang am Ostermonta­g weiter“, sagt Propst Eicker. So werden noch heute beim Ostermonta­gsspazierg­ang Gedanken über das Leben ausgetausc­ht. „Leider wird auch dieses Ritual in diesem Jahr nicht möglich sein“, sagt Eicker. „Aber es kann nachgeholt werden, denn Ostern wird gefeiert, was immer gilt: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Die Liebe ist stärker, weil sie von Gott kommt.“

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Propst Thomas Eicker, Leiter der Gemeinscha­ft der Gemeinden Kempen-Tönisvorst, erklärt die Bedeutung der Karwoche und von Ostern.

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