Marian Anderson singt am Lincoln Memorial
Die Sängerin Marian Anderson galt Anfang der 1930er
Jahre als größte Begabung der
Opernwelt. Die Tochter eines Kohlenhändlers und einer Lehrerin hatte erst im Alter von 17 Jahren ihre musikalische Ausbildung begonnen. Sie gewann Gesangswettbewerbe und trat unter anderem mit dem New Yorker Philharmonic Orchestra auf. Ihre Stimmlage war Alt. Anfang der 1930er Jahre startete sie zu einer Europa-Tournee. Sie sang in Berlin, London und Paris, für die Monarchen von Norwegen, England und Dänemark. Doch in ihrem Heimatland, den USA, hatten die Menschen ein Problem mit dem außergewöhnlichen Talent. Denn Anderson war Afroamerikanerin. 1939 sollte sie bei einem Konzert in der Constitution Hall in Washington D.C. singen. Der konservative Frauenverband der „Daughters of The American Revolution“verhinderte den Auftritt. Prominentestes Mitglied der Organisation war Eleanor Roosevelt, die Ehefrau des amtierenden Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Sie provozierte einen Eklat: Aus Protest trat sie aus dem Verband aus und organisierte ein eigenes Konzert. Am 9. April 1939 trat Marian Anderson, unterstützt vom Präsidenten-Ehepaar, vor dem Lincoln Memorial in Washington D.C. auf. 75.000 Menschen kamen zu dem Open-Air-Konzert im Machtzentrum der USA. Anderson wurde später auch die erste Afroamerikanerin, die an der Metropolitan Opera in New York City sang. 1961 hatte sie einen weiteren Auftritt im Auftrag eines Präsidenten: Sie sang bei der Inauguration von John F. Kennedy die Nationalhymne – als Zeichen dafür, dass Kennedy sich für die Gleichstellung einsetzen wollte.