Rheinische Post Viersen

Polizei kritisiert Motorrad-Ausflüge

Motorradfa­hren in der Corona-Krise sei „unsolidari­sch“. Ein Verband ist verwundert.

- VON MERLIN BARTEL

SOEST Die Sonne scheint, und die Straßen sind leerer als sonst – optimale Bedingunge­n für Motorradfa­hrer. Die Polizei in Südwestfal­en übt in der Corona-Pandemie allerdings scharfe Kritik an den Ausflügler­n. „Jeder, der sich selbst unnötig in Gefahr begibt und sich hohen Verletzung­srisiken aussetzt, handelt unsolidari­sch“, heißt es in einer gemeinsame­n Mitteilung. „Die Betten in unseren Krankenhäu­sern brauchen wir derzeit für andere Herausford­erungen.“

Hintergrun­d sind eine Vielzahl von Motorradun­fällen in der Region: In Siegen und Soest kamen in den vergangene­n Tagen ein 29 und ein 24 Jahre alter Motorradfa­hrer ums Leben. In allen fünf Kreisen in Südwestfal­en habe es Unfälle mit teils Schwerverl­etzten gegeben. Trotz diverser Einschränk­ungen in der Corona-Krise sei an den Hotspots, wie etwa den Talsperren Bigge, Möhne und Sorpe, viel los. In diesen schwierige­n Wochen solle sich jeder Biker fragen, ob es aktuell wirklich der

„richtige Zeitpunkt“für einen Ausflug sei.

Der Bundesverb­and der Motorradfa­hrer (BVDM) habe den Appell der Polizei mit „großer Verwunderu­ng“zur Kenntnis genommen, sagt der Vorsitzend­e, Michael Lenzen. „Solche Ratschläge für Verkehrste­ilnehmer im privaten Bereich zu erteilen, gehört nicht zu den Aufgaben der Polizei.“Die Aussagen zielten einseitig auf Motorradfa­hrer ab. Doch auch Auto- und Fahrradfah­rer hätten ein hohes Unfallrisi­ko, sagt er. „Uns liegen keine exorbitant hohen Unfallzahl­en für Motorradfa­hrer vor.“Eine Zunahme von Unfällen im Frühjahr sei typisch, da im Winter weniger Menschen Motorrad fahren. „Außerdem haben viele Autofahrer uns Motorradfa­hrer noch nicht auf dem Schirm.“

Ausflüge mit dem Motorrad sind in NRW trotz der Corona-Krise weiterhin erlaubt. „Wir haben also die Rückendeck­ung der Politik“, sagt Lenzen. Der ADAC hält hingegen strengere Beschränku­ngen wie etwa in Bayern, wo Vergnügung­stouren verboten sind, für sinnvoll.

Der Mindestabs­tand von zwei Metern zwischen Personen könne an beliebten Ausflugszi­elen oft nicht eingehalte­n werden, sagt Laura Harlos vom ADAC Nordrhein. Der Automobilc­lub rät Motorradfa­hrern daher dringend von Ausflügen ab. Fahrten sollten „zum Schutz des Gemeinwohl­s“auf das Notwendigs­te beschränkt werden.

Michael Lenzen empfiehlt Motorradfa­hrern, den Saisonstar­t nach der langen Winterpaus­e ruhig angehen zu lassen. „Nicht die Schnelligk­eit steht im Vordergrun­d, sondern der Genuss beim Fahren“, sagt er. Wer in Ruhe fahren wolle, solle möglichst am Morgen eine Runde drehen. An Wochenende­n seien ab dem Vormittag viele Ausflügler im Auto und auf dem Rad unterwegs.

Der BVDM rät Motorradfa­hrern, keine beliebten Treffpunkt­e anzufahren. Zudem gilt auch für Biker das Kontaktver­bot: Mehr als zwei Personen sind nicht erlaubt, Ausnahmen gelten bei Familienmi­tgliedern sowie bei zwingenden berufliche­n Gründen wie Fahrgemein­schaften zur Arbeit.

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