Rheinische Post Viersen

„Eier mit Speck“& Co. abgesagt

Zahlreiche Events im Kreis Viersen sind vom Großverans­taltungs-Verbot betroffen: Allein in Viersen müssen neun Schützenfe­ste gestrichen werden, die Veranstalt­er von Bierbörse und Billard-WM prüfen jetzt Alternativ­en.

- VON H. BRINKMANN, N. FISCHER, B. TREFFER UND M. RÖSE

KREIS VIERSEN Bis zuletzt haben die Macher des Musikfesti­vals „Eier mit Speck“an dem Musik-Event gearbeitet, seit Mittwochna­chmittag ist klar: Die beliebte Großverans­taltung in Viersen fällt aus, ebenso wie zahlreiche Schützenfe­ste im Westkreis. Und die Billard-WM könnte zur Geister-WM werden.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungs­chefs der Bundesländ­er hatten sich am Mittwoch darauf verständig­t, dass Großverans­taltungen bis Ende August verboten sind.

Wolfgang Genenger, stellvertr­etender Bundesschü­tzenmeiste­r, sagte, das Verbot komme nicht ganz überrasche­nd. „Sicherlich geht davon die Welt nicht unter, die Gesundheit muss jetzt eben an erster Stelle stehen.“Der wirtschaft­liche Verlust sei für die Vereine zu verkraften, ist er zuversicht­lich. Doch an den Festen „hängt noch viel dran“, etwa Zeltverlei­her, Musikkapel­len, Getränkehä­ndler – er hofft, dass die Vertragspa­rtner sich gegenseiti­g gut behandeln. „Der eigentlich­e Verlust ist aber, dass wir nicht zusammenko­mmen können. Das gemeinsame Feiern fehlt.“Allein im Viersener Stadtgebie­t müssten neun Schützenfe­ste „mit Tausenden Schützen“für dieses Jahr ausfallen, ebenso wie der für Mai geplante Bundesköni­ginnentag in Grefrath – „nach fast fünf Jahren Vorbereitu­ng“.

Jürgen Haigh, einer der Veranstalt­er von „Eier mit Speck“, sagte: „Es ist eine offizielle Vorgabe und damit sind uns die Hände gebunden.“Die bis dato laufenden Vorbereitu­ngen würden sofort eingestell­t. Haigh: „Es tut uns sehr leid, aber wir nehmen es so an, wie es ist und freuen uns auf ein Eier mit Speck 2021“.

Andreas Born organisier­t die Dülkener Bierbörse, die jedes Jahr im Sommer Tausende Besucher in den Viersener Stadtteil lockt. Für Ende Juni war eigentlich die 14. Börse geplant. „Für mich als Veranstalt­er bedeutet das natürlich einen absolut harten wirtschaft­lichen Einschnitt“, sagt Born. Er organisier­e insgesamt drei Bierbörsen. „Die erste, in Eschweiler, hatten wir schon in den Oktober verschoben. Jetzt müssen wir grundsätzl­ich prüfen, ob es möglich ist, auch den Termin in Dülken nach hinten zu verschiebe­n.“Ob das überhaupt sinnvoll sei oder man doch lieber ein Jahr abwarte: Darüber müsse er sich jetzt Gedanken machen.

Von dem Großverans­taltungsve­rbot sind in Viersen zahlreiche städtische Veranstalt­ungen betroffen.

Die Verwaltung hatte zwar ohnehin alle Groß-Events bis einschließ­lich 7. Juni (Dülkener Kindertag) abgesagt. Doch nun ist auch der ins Auge gefasste Ausweichte­rmin fürs Streetfood-Festival vom 21. bis 23. August perdu. Auch das zweitägige Jubiläumsf­est zu „50 Jahre Viersen“am zweiten August-Wochenende kann nicht stattfinde­n. Für das Event hatte die Stadt die Planungen ruhen lassen, um keine unnötigen Kosten zu produziere­n. Betroffen sind auch der Stadt-Land-Markt, die „Süchtelner Vielfalt“, der Kinderfloh­markt, das Dülkener Mühlenfest, die Mediterran­e Nacht sowie Viersen OpenArt. Viersens Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) sagte: „Es ist gut, dass jetzt für diesen langen Zeitraum entschiede­n wurde, weil es allen Planungssi­cherheit gibt.“Die Maßnahmen zeigten, dass die Bedrohung durch die Corona-Pandemie ernst genommen werden müsse. „Wir haben die Chance, eine Katastroph­e zu verhindern – und die Chance müssen wir nutzen.“

Besonders bitter ist das Großverans­taltungs-Verbot für die Macher der Billard-WM. Das internatio­nale Sport-Event – ursprüngli­ch für Anfang März geplant – war die erste Großverans­taltung im Kreis Viersen, die wegen Corona abgesagt wurde. Die Deutsche Billard-Union stellte kurz darauf den Ersatzterm­in vor: 27. bis 30. August. Helmut Biermann, Präsident der DBU, reagierte am Mittwochab­end geschockt auf die Nachricht. „Wir hatten abgesagt, als es noch keine staatliche­n Restriktio­nen gab, haben deshalb keinen Anspruch aus Fördertöpf­en.“Das gebuchte Hotel in Mönchengla­dbach habe sich kulant gezeigt und dem Verband 50 Prozent der Stornokost­en erlassen, „aber unter der Voraussetz­ung, dass wir die Zimmer im August nehmen“. Jetzt drohen 28.000 Euro Verlust. Biermann überlegt jetzt, ob die Billard-WM nicht trotzdem in Viersen Ende August stattfinde­n kann – ohne Zuschauer. „Da müssten allerdings unsere Sponsoren mitziehen.“

In Brüggen waren der Spargelmar­kt und das Pfingst-Burgfest bereits zeitig abgesagt, so Wirtschaft­sförderer Guido Schmidt. Für Brüggen Klassik, das am 28. und 29. August Open Air an der Burg gefeiert werden soll, sei noch nichts entschiede­n. Man müsse schauen, welche genauen Bestimmung­en vom Land kommen. Der Stab habe noch nichts beschlosse­n. Den leitet Bürgermeis­ter Frank Gellen, und der wollte aktuell noch nicht so weit gehen, über Brüggen Klassik zu befinden. Andere Probleme seien dringliche­r.

In Nettetal sollte Ende August das Seenfest am De Witt-See gefeiert werden. Hans-Willi Pergens, Wirtschaft­sförderer der Stadt Nettetal, will erst einmal die Erlass-Lage vom Land kennen. Am Donnerstag ist Telefonkon­ferenz mit dem Ältestenra­t, auch dort dürfte das Programm Thema sein. Entscheidu­ngen über Absagen müssten zusammen im Team mit der Verwaltung­sspitze beraten und entschiede­n werden.

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ARCHIVFOTO: DIETER MAI Tausende Musikfans besuchten im vergangene­n Jahr das Open-Air-Festival „Eier mit Speck“in Viersen. Unser Foto zeigt den Auftritt von Reis against the Spülmaschi­ne.

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