Rheinische Post Viersen

Alles Schwarz-Weiß

Die Galerie im Park zeigt ab Freitag Arbeiten unterschie­dlicher Künstler in einem virtueller Rundgang im Internet.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

VIERSEN Eine Waschmasch­ine ist eine Waschmasch­ine. Oder doch Kunst? Im Falle der „Drei Waschmasch­inen“des Berliner Künstlers Franz Schmidt lautet die Antwort: Ja. Kunst, die sich gewaschen hat – dieser Kalauer mag erlaubt sein. Kunst, ja, aber eben auch der Waschmasch­ine eines Haushalts sehr ähnlich. Blockhaft, statisch, reduziert, mit einer eindeutige­n Frontansic­ht, einem offenen Volumen, einer glatten Oberfläche­nstruktur: Die Begriffe zur Beschreibu­ng greifen bei dieser Bodenplast­ik, die den Alltag in die Galerie holt und ihn gleichzeit­ig ästhetisie­rt.

Beim Blick in die aktuelle Ausstellun­g „Schwarz Weiß II“wünscht man sich die Aufhebung der Schließung von Museen und Galerien sehnlichst herbei. Bis es soweit ist, kann sich der Kunstinter­essierte wenigstens an virtuellen Einblicken in die neue Präsentati­on in der Städtische­n Galerie im Park erfreuen. In den vergangene­n Wochen herrschte hinter den Türen der Galerie unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsre­geln Betriebsam­keit: Die Ausstellun­g „Schwarz Weiß II“wurde installier­t. Eigentlich hätte sie schon am 29. März eröffnet werden sollen. Nun ist die virtuelle Eröffnung auf Freitag, 17. April, verlegt worden.

Ubbo Kügler hat sich derweil der Wände des Raumes im 1. Stock bemächtigt. Seine Pigmentzei­chnung wälzt sich von einer zur nächsten, greift in den Durchgang. Langsam schälen sich rätselhaft­e Figuren und Gegenständ­e aus dem Wust der verschlung­enen Linien heraus. „Kairos“lautet der Titel der Wandmalere­i. Kairos ist ein religiös-philosophi­scher Begriff für den günstigen Zeitpunkt einer Entscheidu­ng, dessen ungenutzte­s Verstreich­en nachteilig sein kann.

„Schwarz Weiß II“ist die Neuauflage einer Präsentati­on aus dem Jahr 2018. Schwarz Weiß – für die bildende Kunst bedeutet dies eine Bereicheru­ng durch die Beschränku­ng auf zwei Tonwerte. Achim Schmacks aus Düsseldorf verwendet ausschließ­lich dunkle Pigmente und entwickelt verhaltene Landschaft­en, in denen sich trotz der schwarzen Farbe Lichtrefle­xe finden, Schattieru­ngen Himmel, Horizont und mehr erahnen lassen.

Gefährlich und schön sind die schwarzen Hornissen des Düsseldorf­ers Mark Pepper. Riesig dehnen sie sich auf der Leinwand aus. In die Zeichnung aus Ölwachs hat sich aus schwarzem Papier eine tödliche Waffe eingeschli­chen. Weniger tödlich als geheimnisv­oll verborgen sind die „Geister“von David Semper. Bekannt für seine minimalen Eingriffe am Rande der Wahrnehmba­rkeit, hat Semper in Viersen eine Fensterban­k mit den Spuren von

Graphitsta­ub bearbeitet. Geister, die gefunden werden wollen.

Fasziniere­nde Arbeiten aus Eierschale­n präsentier­t die Künstlerin Jennifer López Ayala. Hunderte aufgebroch­ene Eierschale­n formieren sich zu fragilen grafischen Bildobjekt­en. Zu einem natürliche­n Material greift auch der in Indien geborene Suraj Natarajaa. Er arbeitet mit dem Feuer beziehungs­weise: seinen Rückstände­n. Sie werden zu zarten Linien, die die schwarze Fläche des

Bildträger­s überziehen. Christiane Feser aus Frankfurt zeigt diffizile „Verwebunge­n“, dreidimens­ionale Objekte, die in einem langen Prozess aus gefalteten Fotografie­n, die erneute abfotograf­iert und weiter verarbeite­t werden, entstehen. Die verhaltene­n Arbeiten der in Krefeld lebenden Brigitta Heidtmanns spielen mit dem Gegensatz von Hell und Dunkel, offenen und geschlosse­nen Flächen und erinnern in der gewählten Formenspra­che an Architektu­r.

Doris Kaiser aus Grefrath steuert ihre Gips- und Tonobjekte bei, in denen feine Vertiefung­en Zeichnung im Objekt hinterlass­en.

„Schwarz Weiß II“ist eine vielfältig­e, unterhalts­ame, witzige, ästhetisch­e, überrasche­nde, nachdenkli­ch stimmende Präsentati­on, die Arbeiten von zehn zeitgenöss­ischen Künstlern mit den wunderbare­n Grafiken alter Bekannter wie Klee, Klinger, Lehmbruck und Munch, Dürer, Rembrandt, Rubens und Pankok zusammenbr­ingt.

Hoffentlic­h bald von Angesicht zu Angesicht, ist die Ausstellun­g ab Freitag, 18 Uhr, auf der Facebookse­ite der Galerie eingestell­t (www. facebook.com/galerieimp­ark/). Dort finden sich dann auch 360-Grad-Fotos, die den Betrachter durch die Ausstellun­g führen. Auch auf der Internetse­ite der Stadt Viersen wird die Ausstellun­g zu sehen sein. Voraussich­tlich ist „Schwarz Weiß II“bis Juni geöffnet.

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RP-FOTOS (6): JÖRG KNAPPE Schön und gefährlich wirken die riesigen Hornissen von Mark Pepper, hier im Bild „Hornet V“.
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Ubbo Küglers Wandzeichn­ung „Kairos“wälzt sich von einem Raum in den nächsten.
 ??  ?? Die Künstlerin Jennifer López Ayala entwirft fragile Arbeiten aus Eierschale­n.
Die Künstlerin Jennifer López Ayala entwirft fragile Arbeiten aus Eierschale­n.
 ??  ?? „Geister“von David Semper auf der Fensterban­k.
„Geister“von David Semper auf der Fensterban­k.
 ??  ?? Christine Feser zeigt diffizile „Verwebunge­n“.
Christine Feser zeigt diffizile „Verwebunge­n“.
 ??  ?? „Drei Waschmasch­inen“von Franz Schmidt.
„Drei Waschmasch­inen“von Franz Schmidt.

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