Unterkünfte sind frei von Corona-Fällen
277 von 742 geflüchteten Menschen leben in Nettetal in Gemeinschaftsunterkünften. Die Stadt hat sie frühzeitig über die Änderungen, die sich durch die Corona-Pandemie ergeben, informiert.
NETTETAL Wie gehen Asylbewerber und Obdachlose mit der Corona-Pandemie um? Zum einen haben sie genauso wie alle anderen Sorgen, sich zu infizieren. Die gewohnten Besuche von draußen bleiben aus. Das belastet viele und lässt sie mit ihren Ängsten alleine. Die Stadt hat alle frühzeitig informiert, in allen möglichen Sprachen und mit WhatsApp-Kontakten. Trotzdem seien viele sehr ängstlich und wenig entspannt.
Wenn trotz der Vorschriften, nur einzeln oder zu zweit zum Einkaufen zu gehen, Flüchtlinge zu dritt bei Netto oder anderswo auftauchen, sorgt das wiederum für Irritationen bei den anderen Kunden.
Noch ist zum Glück in keiner Einrichtung ein Corona-Fall aufgetreten. Aber ähnlich wie in den Seniorenheimen gibt es bei Asylbewerbern und Obdachlosen teilweise auch Gemeinschaftsunterkünfte oder gemeinsame Küchen, in denen mehrere Menschen zusammen kommen. Wie aber ist im Falle einer Erkrankung vorzugehen?
Die Stadt hat die Einrichtung zur Unterbringung wohnungsloser Menschen an der Bahnhofstraße 9 in Kaldenkirchen inzwischen an einen freien Träger übergeben. Der Rheinische Verein für Katholische Arbeiterkolonien Aachen übernahm die Einrichtung zum 1. Januar. Der Verein ist breit aufgestellt und verfügt über Ausweichquartiere, in denen einzelne Betroffene in Quarantäne kommen könnten.
Auch die Stadt hat Vorsorge getroffen und hält Wohnungen parat, in denen Asylbewerber sich in Quarantäne begeben könnten, berichtet
Ina Prümen-Schmitz vom Bereich Senioren, Wohnen und Soziales bei der Stadt Nettetal.
Zum Glück gibt es in Nettetal keine Container-Dörfer und wenig Gemeinschaftsunterkünfte. Zum Stichtag 31. Oktober 2019 – das ist der aktuelle Stand aus der letzten Sitzung des Ausschusses für soziale Angelegenheiten am 27. November – lebten in Nettetal 742 geflüchtete Menschen in neun Gemeinschaftsunterkünften und in Privatwohungen. 277 von ihnen leben in Gemeinschaftsunterkünften, der größte Teil ist mit 465 geflüchteten Menschen in Wohnungen untergebracht. Von der Altersstruktur ist die Gruppe jünger als der Durchschnitt der Bevölkerung. 99 Asylbewerber in Familien sind minderjährig, dazu müssten noch neun unbegleitete minderjährige Asylbewerber hinzugerechnet werden. Zu den 99 Minderjährigen werden 35 Kinder unter drei Jahren, 18 Kindergartenkinder unter sechs, 28 Grundschulkinder unter elf und 18 Kinder auf weiterführenden Schulen unter 18 Jahren gezählt. Mit 173 ist die größte Gruppe die der Erwerbsfähigen von 18 bis 65 Jahren. Nur ein geflüchteter
Mensch in Nettetal ist aktuell über 65 Jahre alt.
Aber auch die Empfehlung, sich auf die Familie zu konzentrieren, bedeutet bei geflüchteten Menschen etwas anderes. Die Familien, die in Nettetal eine neue Heimat finden wollen, sind einfach größer. 45 Geflüchtete leben in Familien mit drei Personen, 44 in Familien mit vier Personen, 65 Geflüchtete leben zu fünft, zwölf zu sechst und 14 zu siebt.
Die Zuweisung von Flüchtlingen war in der letzten Zeit zurückgegangen. Für das Jahr 2019 wurden
aufgrund der Aufnahmeverpflichtung nach Flüchtlingsaufnahmegesetz bisher 57 Personen zugewiesen. Dabei handelte es sich zur Zeit überwiegend um Einzelpersonen und Familien aus den Ländern Irak, Türkei, Nigeria, Aserbaidschan und Serbien.
Die Situation der Geflüchteten, zumeist junge und gesunde Menschen, ist nicht zu vergleichen mit der Lage in Seniorenheimen, in denen hochbetagte Menschen besonders gefährdet sind. Aber gerade in Zeiten von Corona zeigt sich, dass sich die Vorgabe der Verwaltung, die geflüchteten Menschen dezentral in Wohnungen unterzubringen bewährt. Vor allem aber, wenn jetzt der Lock-down länger andauert, wäre zu überlegen, wie die sozialen Aktivitäten, die durch die Krise unterbrochen wurden, wieder aufgenommen und fortgesetzt werden können, ohne jemanden in Gefahr zu bringen. Was sich ändert, wenn neue Flüchtlinge untergebracht werden müssen, wird sich zeigen.