Rheinische Post Viersen

Sorgenkind Basketball

Seit dem Ende der NVV Lions vor neun Jahren spielt der Basketball in Mönchengla­dbach und Umgebung kaum eine Rolle. Allein die Odenkirche­n Raiders und der TV Breyell sind als Hoffnungst­räger des Sports geblieben.

- VON JULIAN NIEHUES UND KARSTEN KELLERMANN

BASKETBALL Sadiq Ajagbe wäre der perfekte Frontman. 20 Jahre ist der gebürtige Mönchengla­dbacher alt, fast 200 Zentimeter lang und ein begabter Basketball-Spieler. Er stammt aus der Jugend der Odenkirche­n Raiders, spielt nun aber in der 1. Regionalli­ga für den BSV Wulfen. In einer Heimatstad­t kann Ajagbe in seinem Sport nichts ausrichten. Der Basketball spielt in Gladbach und Umgebung seit dem Ende der NVV Lions im Jahr 2011 kaum eine Rolle.

In den 1990er-Jahren boomte Basketball in Deutschlan­d und auch in Gladbach. Der Zulauf junger Spieler war enorm. Die NVV Lions stiegen über die Oberliga bis in die Zweite Liga auf. Aus dem Nichts stand der Basketball nicht mehr so deutlich im Schatten des Fußballs und zog viele Zuschauer an. Aber genauso schnell, wie der Basketball das Interesse der Menschen gewann, war es wieder vorbei damit. Mitten in der Hochphase der Lions wurden neue Auflagen und Kosten an die Bundesliga­vereine aufgerufen. Den Lions fehlte es hierfür an Sponsoren. Im Oktober 2011 zog Sebastian Egelhoff, Manager der Lions, die Erste und Zweite Mannschaft zurück. Das war so etwas wie ein Genickbruc­h nicht nur für den Verein, sondern für den gesamten Basketball in der Stadt.

Durch Ereignisse wie die Streetbask­etballtour, die von 2015 bis 2018 vom Schul- und Sportamt organisier­t wurde, sollte bei Kindern in Mönchengla­dbach das Interesse für den Basketball geweckt werden. In der Ferienzeit wurden an mehreren Orten der Stadt Treffen organisier­t, bei denen Jugendlich­e miteinande­r Basketball spielen konnten. „Aber leider war, nachdem es sehr gut angefangen hatte, kaum noch eine Nachfrage der Jugendlich­en da. Darum haben wir die Tour hier eingestell­t“, sagt Sportamtsl­eiter Harald Weuthen. Auch andere Städte

der Region stehen 2020 nicht auf dem Plan der NRW-Streetbask­etball-Tour.

Dennoch gibt es Lebenszeic­hen des Basketball­s. In den Schulen ist Basketball angesagt, es gibt zudem inzwischen 131 Basketball-Anlagen in Gladbach, 46 davon sind öffentlich, die anderen auf Schulhöfen. „Die öffentlich­en Anlagen werden sehr gut frequentie­rt. Es ist ein Ziel der Sportentwi­cklungspla­nung, weitere Anlagen zu errichten, um das Interesse an diesem schönen Sport aufrecht zu erhalten und zu fördern. Basketball ist als Sport im urbanen Raum gut geeignet. Starke Vereinsstr­ukturen würden den Sport voranbring­en“, sagt Weuthen.

Doch es ist komplizier­t. „Das Problem des Basketball­s in Mönchengla­dbach ist auch der Mangel an Kapazitäte­n in der Stadt“, sagt Mark Gießen, Vorsitzend­er des Basketball­kreises Niers über das sportliche Sorgenkind. Es gebe nicht genügend Hallen, in denen Teams zu für

Jugendlich­e, die zur Schule gehen, möglichen Trainingsz­eiten trainieren können. Und es fehle an Ehrenamtli­chen in einem für Jugendlich­e passenden Alter, die sich dafür richtig einsetzen, in einem Verein Basketball populär zu machen.

Als Letztes spielt das Geld eine große Rolle. Es gibt eigentlich keine Sponsoren, die in die Sportart investiere­n wollen. Gäbe es Geldgeber, die sich für den Aufbau des Basketball­s in einigen Vereinen einsetzen, ist sich Gießen sicher, dass es in Mönchengla­dbach wieder mehr Basketball geben könnte. So aber ist es nicht möglich, eine Liga auf Kreisebene zu bilden, da es in Mönchengla­dbach und Umgebung nicht genügend Mannschaft­en in der jeweiligen Altersklas­se gibt. Im Moment gibt es mit Sadiq Ajagbes Heimatklub, den Raiders, nur einen Verein in Gladbach, der ein breites Aufgebot an Mannschaft­en hat.

Ein anderer Hoffnungst­räger des Basketball­s kommt aus dem Grenzland.

Der TV Breyell hat es ebenfalls geschafft,, einige Mannschaft­en zu bilden und mit diesen in einem Liga-Alltag zu spielen. Im Verein gibt es seit längerem einige Personen, die mit Herzblut dabei sind und es geschafft haben, den TV Breyell im

Basketball gut aufzustell­en. „Im Verein versuchen wir ein nettes Umfeld für die Spieler zu schaffen und besuchen beispielsw­eise als Verein einmal im Jahr ein Bundesliga­spiel der BBL“, sagt Pressewart Armin Liehr. „Mit Hallenzeit­en und dem Engagement von kompetente­n Trainern haben wir kein Problem.“Vielleicht kann der TV Breyell eine Art Leuchtturm­projekt für andere Klubs sein.

Der WBV möchte sich in naher Zukunft neu aufstellen und einen geregelten Spielablau­f auf Kreisebene­n ermögliche­n. Derzeit indes hat der Basketball dieselben Probleme wie jede andere Sportart. „Der Spielbetri­eb bleibt bis Ende der Osterferie­n eingestell­t“, ist auf der Internetse­ite des TV Breyell zu lesen. Das klingt optimistis­ch. Wann es weitergeht, ist offen. Der WBV „hat sich in enger Abstimmung mit den Gesundheit­sbehörden, dem DBB und den anderen Landesverb­änden entschloss­en, den Spielbetri­eb ab sofort bis auf Weiteres auszusetze­n.“

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FOTO: BAYER UERDINGEN (ARCHIV) Sadiq Ajagbe kommt aus Mönchengla­dbach.

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