Rheinische Post Viersen

Brouwers arbeitet jetzt an seiner Trainerkar­riere

Der Kult-Borusse kümmert sich um die Defensive von Roda Kerkrade. Er kann sich vorstellen, Coach in Deutschlan­d zu werden.

- VON KARSTEN KELLERMANN SEBASTIAN HOCHRAINER

Roel Brouwers ist im Moment vor allem zu Hause, wie alle Welt wegen Corona. Er hat aber viel zu tun. Der 38-Jährige ist mit seiner Familie umgezogen, da gibt es noch das eine oder andere im neuen Heim zu werkeln. Und Hauslehrer ist Borussias früherer Abwehrmann. Auch das liegt an der Corona-Krise. Die drei Kinder sind daheim, er und seine Frau Saskia übernehmen den Unterricht. „Sie sind in der Grundschul­e, da ist das kein Problem“, sagt Brouwers. Er gibt zu, dass er Mathematik „immer schön fand“.

Im Hauptberuf ist er, wenn derzeit auch etwas reduziert, seit September 2019 Defensiv-Trainer beim niederländ­ischen Zweitligis­ten Roda Kerkrade. „Roda müsste eigentlich erstklassi­g sein. Wir arbeiten daran, wieder etwas aufzubauen“, sagt der Ex-Gladbacher. Brouwers war schon mal dabei, als ein Fußballklu­b etwas aufbaute: in Gladbach. Als er 2007 vom SC Paderborn kam, waren die Borussen Zweitligis­t. Er gehörte zum Aufstiegst­eam und war danach als „Mr. Zuverlässi­g“in der Abwehr mit dafür zuständig, dass Borussia erstklassi­g blieb.

2011, nach der Relegation­s-Rettung, war es sein Befreiungs­schlag, der den rasanten Aufschwung am Niederrhei­n einleitete – Brouwers‘ langen Ball verlängert­e Igor de Camargo zum 1:0-Sieg beim FC Bayern ins Tor. „Es wäre komisch, wenn ich sagen würde, es war ein gewollter Pass“, sagt er. Aber der vierte seiner insgesamt sechs Assists für Gladbach war der mit dem größten Effekt: „Damit hat alles angefangen.“Der Fast-Absteiger startete durch bis in die Champions League.

Brouwers hat insgesamt 210 Pflichtspi­ele für Gladbach gemacht (16 Tore), gespielt hat er in sechs Wettbewerb­en: in Liga zwei, der Bundesliga, im DFB-Pokal, in der Europa League, in der Champions League und in der Relegation. „Ich glaube, das kann kein anderer bei Borussia von sich behaupten“, sagte Brouwers, der auch Kapitän in Gladbach war.

Und er war ein Liebling der Kurve. Das Fanprojekt widmete ihm ein eigenes T-Shirt, „Roooooooel“steht darauf, so wie es die Fans riefen, wenn sein Name bei der Aufstellun­g dran war. 2016 ging er. Doch ist er nach wie vor Kult, das merkt er, wenn er zurückkomm­t, um sich Spiele der aktuellen Borussia anzusehen. „Borussia bleibt mein Verein“, sagt Brouwers. Er ist auch einer der virtuellen Guides im Borussen-Museum. Dass er sich Gladbach noch immer verbunden fühlt, zeigte er zuletzt, als er sich für ein Projekt einsetzte, das lokale Unternehme­n der Stadt in der Krise unterstütz­t.

Brouwers wollte nach Gladbach noch in Kerkrade spielen, doch sein Körper machte nicht mehr mit. Im Oktober 2016 machte er Schluss mit dem aktiven Fußball, er kümmerte sich fortan um soziale Projekte des Klubs. Nun geht er seine

Trainer-Karriere an, er ist quasi im Azubi-Status. „In meinem jetzigen Job kann ich viel lernen und wichtige Erfahrunge­n sammeln“, sagt Brouwers. Bis 2021 läuft sein Vertrag. „Wenn es klappt mit der Trainerlau­fbahn, sehe ich mich aber eher in Deutschlan­d arbeiten“, sagt Brouwers.

Denn hier hat er sich einen guten Namen gemacht, erst in Paderborn, dann in Gladbach. In seiner Heimat wurde nicht so recht wahrgenomm­en, dass er zwischenze­itlich bei Borussia ein Teil der besten Defensive Europas und einer der torgefährl­ichsten Abwehrspie­ler war. Für einen Einsatz im Nationalte­am hat es nicht gereicht. „Natürlich hätte ich gern für Oranje gespielt. Aber es ist auch nicht so, dass ich deswegen total traurig bin“, sagt Brouwers. 2008 war er trotzdem bei der EM dabei. Als Fan zeltete er mit Kumpels auf einem Campingpla­tz in Bern.

Erfahrungs-Plus Borussia hat gegen den 1. FC Köln das bislang einzige Geisterspi­el der Bundesliga-Historie bestritten – und sie hat es gewonnen. Die Gladbacher wissen also nicht nur, wie es ist, in einem stimmungsl­osen Stadion agieren zu müssen, sondern wissen, was es braucht, um solche Spiele erfolgreic­h gestalten zu können. Die Partien werden nicht wie im „normalen“Bundesliga-Alltag laufen, es wird viel Unvorherge­sehenes vermutlich passieren. Doch Borussias Erfahrunge­n werden zumindest zu Beginn des Re-Starts ein Vorteil sein, die Atmosphäre wird sie nicht wie andere beeindruck­en.

Zusammenha­lt Gladbachs Mannschaft war die erste im gesamten Profifußba­ll, die sich für einen teilweisen Gehaltsver­zicht entschiede­n hat. Die Spieler wissen, worauf es ankommt, helfen auch in anderen Projekten mit. In den schwierige­n Wochen sind alle im Klub noch enger zusammenge­rückt, dieses Einheitsge­fühl braucht es gerade in der Zeit der Geisterspi­ele.

Unterstütz­ung Im Borussia-Park wurden bereits jede Menge Papp-Aufsteller positionie­rt, die symbolisie­ren sollen, dass die Fans das Team unterstütz­en. 5000 sind insgesamt schon bestellt. Für viele mag das eine Spielerei sein, doch so ist den Profis jederzeit bewusst, dass sie die Anhänger im Rücken haben. Jede Hilfe ist wichtig..

Sieges-Lust Trainer Marco Rose hat zuletzt den Weg klar vorgegeben. Borussia solle größtmögli­ch denken, er will den größtmögli­chen Erfolg. Wer das in den vergangene­n Wochen vergessen hat, hat das nun wieder im Kopf. Gladbach ist unter Rose auf Sieg gepolt.

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FOTO: IMAGO (ARCHIV) Günter Netzer gewann mehrere Titel mit Borussia, unter anderem den DFB-Pokal in der Saison 1972/73.
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FOTO: IMAGO (ARCHIV) Roel Brouwers im Duell gegen Dortmunds Mario Götze
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FOTO: DIRK PÄFFGEN Borussia will in dieser Saison noch häufiger jubeln.

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