Rheinische Post Viersen

Erst 36 und schon Oma

Esther Kuschel ist jetzt nicht mehr nur Mutter von vier Kindern – die 36-jährige Vierseneri­n ist nun auch stolze Oma. Enkelin Lina ist erst wenige Wochen alt. Wegen der Corona-Krise lief die Geburt anders als geplant.

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Jetzt ist sie also die „Oma Esther“. Dieses „Oma“, „das ist noch gewöhnungs­bedürftig“, sagt Esther Kuschel. Kein Wunder. In ihrem Alter sind Frauen im NRW-Durchschni­tt normalerwe­ise ja auch eher gerade mal Mütter, und zwar von Kleinkinde­rn: Die Vierseneri­n ist 36. Ihre Enkelin heißt Lina, ist wenige Wochen alt und gesund. „Ich möchte ihr später gerne die Welt zeigen“, sagt Kuschel. Vorerst ist sie allerdings froh, wenn sie das Baby, das mit seiner Mutter Larissa in Trier wohnt, überhaupt sehen kann. Wegen der Corona-Krise habe sie am 22. März nicht mal bei der Geburt dabei sein dürfen, erzählt sie. „Ich habe sehr darunter gelitten, nicht die Hand meiner Tochter halten zu können. Mir hat es das Herz zerrissen.“

Als Esther Kuschel 17 Jahre alt war, wurde sie zum ersten Mal Mutter. Oder wie sie es sagt: „stolze Mutter.“Auch, wenn Tochter Larissa so früh nicht unbedingt geplant war, „ich habe mich gleich sehr wohl gefühlt in meiner Mutterroll­e“, betont sie. „Das lag aber auch an der Unterstütz­ung meiner Eltern.“Kuschel ist in Trier aufgewachs­en, in ihrem Freundeskr­eis sei sie als 17-Jährige die einzige Mutter gewesen, erzählt sie – nicht alle Freunde hätten damit umgehen können. „Das war für die eine fremde Welt. Es hat sich schnell herauskris­tallisiert, wer da die wahren Freunde sind, das war eine Handvoll.“Mit dem Vater des Kindes blieb sie lange zusammen, machte eine Ausbildung zur Medizinisc­hen Fachangest­ellten. 2005, 2007 und 2012 folgten die zweite Tochter und zwei Söhne. Enkelin Lina hat also nicht nur eine junge Oma, sondern auch sehr junge Onkel und eine junge Tante. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass ich etwas verpasst habe. Wir haben ganz viel Spaß miteinande­r“, sagt Kuschel.

Mit den beiden Söhnen zog sie vor einem Jahr nach Viersen. „Das hatte berufliche und private Gründe“, sagt die 36-Jährige. Ihr Lebensgefä­hrte arbeite hier, „wir sind eine

Patchworkf­amilie“. Sie selbst arbeite in der Großtagesp­flege in Schwalmtal-Waldniel, studiere nebenher an einer Fernschule Erziehungs­beratung.

Tochter Larissa Frankreite­r blieb in Trier. Im vergangene­n Sommer erzählte sie ihrer Mutter, dass sie schwanger ist. „Sie hatte das schon im Gefühl“, erinnert sich die 19-Jährige. Kuschel ergänzt: „Ich habe mich gefreut und war auch gleich sicher, dass das alles gut klappen wird.“So jung wollte Frankreite­r eigentlich noch nicht unbedingt Mutter werden – „aber ich wollte auf jeden Fall nicht alt Mutter werden“, betont sie. Denn: „Ich fand das sehr toll, so eine junge Mutter zu haben“,

sagt sie. „An meinem 18. Geburtstag war ich mit ihr in einem Club feiern, wir werden auch oft für Schwestern gehalten.“Auch im Freundeskr­eis sei ihre Mutter immer gut angekommen. Kuschel erinnert sich noch an

die Zeit, als sie zum ersten Mal als junge Mutter auf die Eltern gleichaltr­iger Kinder traf. „Ganz am Anfang war das gewöhnungs­bedürftig“, erzählt sie. Schließlic­h waren die meisten anderen Mütter eher doppelt so alt wie sie. Aber sie habe sich schnell daran gewöhnt und sei akzeptiert worden.

Jetzt ist Kuschel also wieder die Ausnahme in ihrem Umfeld. Diejenige, die doch eigentlich viel zu jung scheint, um ihre Rolle zu spielen – als Oma. „Wie ich tatsächlic­h als Omi bin, muss sich natürlich noch rausstelle­n“, sagt sie. „Aber ich möchte eine aktive Omi sein, viel Zeit mit dem Enkelkind draußen verbringen, Fahrrad fahren, im Garten toben.“Vermutlich wird sie irgendwann auch neben Lina in Konzerthal­len stehen. Mit ihren Töchtern war sie jedenfalls schon auf einem Konzert der Toten Hosen, demnächst wollen sie zu Sarah Connor.

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Tochter Larissa und Enkelin Lina wohnen in Trier, deshalb hält Esther Kuschel derzeit den Kontakt vor allem mit Videoanruf­en.

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