Rheinische Post Viersen

Der Corona-Hotspot im Kreis Viersen

Zehn infizierte Bewohner des Niederkrüc­htener Seniorenhe­ims sind in den vergangene­n vier Wochen gestorben.

- VON BIRGIT SROKA

NIEDERKRÜC­HTEN Wenn es einen Corona-Hotspot im Kreis Viersen gibt, dann dieses Gebäude an der Uhlandstra­ße 37 im Niederkrüc­htener Ortsteil Elmpt. Dort steht das Seniorenhe­im der St.-Laurentius-Stiftung. Von den 96 Bewohnern sind in den vergangene­n Tagen zehn gestorben; alle waren mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. Das neuartige Coronaviru­s wurde bei weiteren 30 Bewohnern festgestel­lt, etliche Mitarbeite­r, die ebenfalls infiziert waren, mussten in Quarantäne.

befindet sich 96 Bewohner leben im Altenheim in Elmpt. 30 Personen sind mit dem Coronaviru­s infiziert. Mit Stand von Mittwoch, 15. April, 16.30 Uhr, sind zehn positiv getestete Personen verstorben. Alle waren vorbelaste­t. 120 Mitarbeite­r hat das St. Laurentius Altenheim, infiziert sind jetzt noch fünf Mitarbeite­r, weitere sechs sind in häuslicher Quarantäne.

Die Stimmung im Heim sei gedrückt, berichtet Einrichtun­gsleiter

Herbert Keufner. Auch wenn bei einem neuen Test der Mitarbeite­r und Heimbewohn­er herauskam: Nur noch sieben der Bewohner sind derzeit infiziert – und fünf Mitarbeite­r. Gespräche führen, zuhören und einfach für die Bewohner da sein, sei gerade jetzt von besonderer Bedeutung. Aber der körperlich­e Kontakt, das In-den-Arm-nehmen oder eine Hand halten ohne Handschuhe, muss nun ausbleiben. „Wir trösten, hängen neue Bilder auf, singen viel“, berichtet Claudia Becker-Dielen vom Sozialen Dienst. „Die Küche geht jetzt besonders auf die Wünsche der Bewohner ein. Aber die sind nicht gewohnt, nur in den Zimmern zu bleiben. Wir sind sonst ein fröhliches, geselliges Haus.“

Wenn die Pflegekräf­te in Schutzklei­dung auf die Zimmer kommen, werden sie oft nicht erkannt. „Bei kognitiv eingeschrä­nkten Bewohnern reichen Worte nicht, um die Situation zu erklären. Sie können nicht verstehen, warum auf einmal die Tochter unten bleiben muss“, berichtet Wohnbereic­hsleiterin Bianca

Dirkzwager. Und erzählt: „Es gibt auch Situatione­n, da setzt man sich in eine Ecke, spricht mit den Kollegen und weint.“Einige Bewohner können nicht telefonier­en, sie fragen jeden Tag neu, was denn los sei. Andere freuen sich über ein Videotelef­onat mit den Angehörige­n.

Aber es gibt auch den Balkonfens­ter-Kontakt, Menschen, die vom Garten aus Musik für die Bewohner spielen. „Wir danken allen, die uns unterstütz­en“, sagt Claudia

Becker-Dielen. „Großartige Bastelsach­en wurden zu Ostern vorbeigebr­acht.“Jetzt wird das Maifest vorbereite­t. Draußen wird ein Maibaum aufgebaut, und die Bewohner basten Mairöschen und stecken Kränze.

Wie konnte es zu der schlimmen Situation kommen? Einrichtun­gsleiter Herbert Keufner ordnet die Todeszahle­n ein: „Im Haus sterben im Jahr bis zu 50 Bewohner. Bis jetzt haben wir nicht mehr Sterbefäll­e als sonst.“

Problemati­sch sei, dass nicht frühzeitig umfassend getestet wurde. „Es begann mit einem Bewohner, der Fieber hatte und sich übergeben musste.“Am nächsten Tag sei zwar ein Arzt gekommen, aufs Virus aber laut den Bestimmung­en des Robert-Koch-Instituts noch nicht getestet. Dennoch isolierte das Heim die betroffene Person. „Sonntags entschiede­n wir, dass der Mann ins Krankenhau­s gebracht wurde. Dort wurde er positiv getestet.“Mitarbeite­r und Bewohner, die Kontakt hatten, wurden ermittelt, doch nur zwei Personen durften getestet werden. „Damals gab es nicht genug Testkits, nur der direkt betroffene Bereich wurde zunächst getestet“, berichtet Keufner.

Mittlerwei­le gibt es ein Screening-Fahrzeug vom Kreis Viersen und der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g – bei einem Corona-Fall werden immer alle Bewohner und Mitarbeite­r getestet.

„Das Team ist durch diese Ausnahmesi­tuation stark zusammenge­wachsen“, berichtet Keufner. „Schön wäre, wenn der Alltag nicht mehr von Corona bestimmt wird.“Aber das wird noch dauern.

„Damals gab es nicht genug Testkits“Herbert Keufner Einrichtun­gsleiter

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