Rheinische Post Viersen

Gladbachs Torfabrika­nten

Zwei aus acht – oder: wer ist der Mann neben Jupp Heynckes? Das ist die Stürmer-Frage, die es zu klären gilt.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER UND KARSTEN KELLERMANN

Borussias Kosename verpflicht­et: „Torfabrik“. Sie war es nicht immer, aber oft in den 50 Jahren nach dem ersten Titelgewin­n 1970, der mit dem 4:3 gegen den Hamburger SV am 30. April fix gemacht wurde. Die acht Herren, um die es nun gehen wird, haben zusammen 840 Tore erzielt in den Dekaden seither.

Die torhungrig­sten aller Borussia-Torjäger taten Dienst in den großen 1970er Jahren. Einer von ihnen, Jupp Heynckes, traf und traf und traf. 0,71 Tore erzielte der gebürtige Gladbacher im Schnitt, insgesamt kam er auf 291 Pflichtspi­eltreffer. Herbert Laumen, ebenfalls ein lupenreine­s Fohlen mit dem Herkunftso­rt Mönchengla­dbach, ist in der Rangliste der zweitgrößt­e Experte für Tore, die fallen, nicht nur wegen des Pfostenbru­chs von 1971, in den er verwickelt war, sondern auch wegen der 134 Treffer, die er während seiner Zeit als Borusse schaffte. Sein Schnitt liegt bei 0,5 Toren pro Spiel.

Einer, der viele Jahre später um 0,04 Tore im Schnitt besser war, wurde der bislang letzte Torschütze­nkönig der Gladbacher: Heiko Herrlich. Er war in der Saison 1994/95 mit Mario Basler der beste Bundesliga-Tormacher und maßgeblich mit dafür verantwort­lich, dass Borussia Vierter in der Bundesliga und Pokalsiege­r wurde. Dass er sich danach auf unrühmlich­e Weise verabschie­dete aus Gladbach, schmälert sein Ansehen

bei den Fans, nicht aber seine Qualität: In 63 Pflichtspi­elen 34 Tore zu machen, ist beachtlich.

In den 1980er-Jahren gab es wie in den 70ern weitaus mehr Klasse-Stürmer als die wenigen, die hier nominiert werden können. Zwei, die in jener Zeit herausragt­en, haben es in die Top 10 der ewigen Gladbacher Torschütze­nliste geschafft: Hans-Jörg Criens, der Weihnachte­n 2019 starb, erzielte 116 Tore. Er ist bis heute der effektivst­e Joker Borussias, der „Lange“hatte einen extremen Instinkt vor dem Tor und war immer auf den Abschluss geeicht. Und er war ein toller Techniker. Mit ihm, oder besser hinter ihm und um ihn herum, stürmte Uwe Rahn, der neben Heynckes und Herrlich dritte Inhaber der Torjäger-Kanone. 1987 schoss er sie mit 24 Toren heraus, 111 Tore machte er insgesamt in den acht Jahren, die er in Gladbach verbrachte. Während Criens eher den Typus Strafraums­türmer verkörpert­e, war Rahn als hängende Spitze seiner Zeit ein wenig sogar voraus. Er war zugleich Mittelfeld­mann und Angreifer. Und er war extrem kopfballst­ark.

Oliver Neuville kam 2004 als Star aus Leverkusen, er wurde in Gladbach in der Spätphase seiner Karriere noch Kult. „Kick it like Neuville“dichteten die Fans und bejubelten 42 Tore.

Marco Reus war der Mann, der neben Lucien Favre federführe­nd war bei der Schaffung des neuzeitlic­hen Aufschwung­s bei Borussia. „Wie auf der Playstatio­n“spielte er, fand Favre.

Reus schoss 41 Tore. Vor allem aber riss er mit seinem Tempo und seiner Spielkunst alle anderen mit.

Reus’ Nachfolger als Prototyp der Neuneinhal­b ist Raffael. Zwei Tore fehlen dem „Maestro“zum Einzug in Borussias Top 10 der Torjäger. Aber schon jetzt ist er einer der besten unter ihnen.

Sebastian Hochrainer: Sich für einen zweiten Mann neben Ausnahmest­ürmer Jupp Heynckes zu entscheide­n, ist extrem schwer, fast alle Kandidaten sind auf einem ähnlichen, sehr hohen Niveau. Ich entscheide mich schließlic­h für Marco Reus als Heynckes-Partner, da er als Einzelspie­ler seine Gladbacher Mannschaft wohl so geprägt hat wie kaum ein anderer.

Karsten Kellermann: Jupp Heynckes ist das Nonplusult­ra – und er stürmt neben einem seiner Lieblingss­chüler: Uwe Rahn. Der war spiel-, abschluss- und kopfballst­ark., also ein extrem kompletter Offensivsp­ieler. Vorne drin Heynckes, etwas dahinter Rahn – das würde Spaß machen.

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FOTO: IMAGO Jupp Heynckes in einer für ihn typischen Pose: beim Torjubel.

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